Aktuelles > Bildung und Kultur im Zeichen gegen Terror | EBD De-Briefing BJKS

Artikel Details:

Bildung, Jugend, Kultur & Sport

Bildung und Kultur im Zeichen gegen Terror | EBD De-Briefing BJKS

Die Ratssitzung Bildung, Jugend, Kultur und Sport (BJKS) fand trotz des Ausnahmezustands am 23. und 24.11.2015 in Brüssel statt. Während das öffentliche Leben wegen Terrorwarnungen zum Erliegen kam, reisten deutlich mehr Minister/innen und hochrangige Vertreter/innen der Mitgliedsstaaten als sonst nach Brüssel, um über die europäische Politik in Sachen Bildung, Jugend, Kultur und Sport zu beraten – ein starkes politisches Signal, dass die EU sich nicht von Terroristen einschränken lässt.

Auch inhaltlich stand die Ratstagung im Zeichen des Kampfes gegen den Terror – sowohl die Kultur, als auch die Bildung wird künftig noch stärker als bisher gegen terroristische Tendenzen vorgehen. Ein weiteres drängendes Thema auf der Agenda war die massive Fluchtbewegung nach Europa. Bereits vor den Ereignissen in Paris und Brüssel stand fest, dass der Rat zum BJKS im Zeichen der Migration und Integration stehen werde. Die Vorbereitungen und Weichen wurden bereits bei der letzten Ratssitzung im Frühling weitestgehend abgeschlossen.

Kultur

Im Kulturrat wurde diskutiert, wie Kulturgüter vor Terrorismus und illegalem Handel geschützt werden können. Die Besetzung großer Teile des Nahen Ostens durch den IS stellt neben der Vertreibung von Menschen auch eine ernstzunehmende Bedrohung für die archäologischen Grabungsstätten und die erhaltenen Kulturgüter dar. Auf der Kultur-Ratssitzung wurde deshalb beraten, wie der Zerstörung und Hehlerei von historischen Stätten und Artefakten begegnet werden könnte.

Neben einem möglichen Asyl für Kulturgüter berieten die Vertreter der Mitgliedstaaten auch über eine verschärfte Kulturgut-Schutznovelle. Damit soll der illegale Handel im Binnenmarkt und der Im- und Export von Kulturgütern nach und aus Europa unterbunden werden. Bislang haben die Mitgliedstaaten jedoch die entsprechende Richtline nicht umgesetzt, auch der Vorschlag zur verschärften Umsetzung erntete geteiltes Echo am Brüssler Ratstisch – zum Beispiel weil in Deutschland ansässige Kunsthändler Umsatzeinbußen befürchten.

Hilfe erhoffen sich die Ratsteilnehmer durch den Aufbau einer europäischen Datenbank über Kulturgüter. Der verstärkte Datenaustausch auf europäischer Ebene ist eine französische Initiative und soll dazu beitragen Kulturgüter, den illegalen Handel zu stoppen. Der Kulturrat beschloss zudem die Etablierung einer speziellen Arbeitsgruppe für den Bereich Integration sowie die inhaltliche Ausrichtung des Förderprogramms „Creative Europe“ auf Integrationsmaßnahmen.

Die niederländische Ratspräsidentschaft, die ihr Amt ab Januar 2016 beginnt, wird im Kulturbereich eine weitere Onlinedatenbank besonders fördern – die Onlinebibliothek Europeana. Hier sind bereits zahllose europäische Kulturgüter aus Literatur und Kunst archiviert, künftig sollen es noch mehr werden.

Audiovisuelles

„Dieses Video ist in Ihrem Land nicht verfügbar!“ wird wohl auch künftig den User begrüßen. Die Gründe hierfür liegen in den noch zu klärenden transnationalen Finanzierungsmodalitäten. Im Politikbereich Audiovisuelles wird die niederländische Ratspräsidentschaft daher einen Schwerpunkt in den Bereich Geoblocking legen.

Gibt es künftig bald mehr Werbung im Privatfernsehen? Bislang beschränkt eine europäische Richtline die maximale stündliche Werbezeit auf zwölf Minuten. Künftig, so die Bestrebung einiger Mitgliedstaaten, soll dieser Bereich dereguliert werden und damit den privaten Fernsehsendern freie Hand bei der Einteilung des Werbeanteils gegeben werden.

Ein audiovisuelles Thema, das bei den anwesenden Gästen für kritische Nachfragen sorgte, war der Umgang mit neuen Medien. Kinder und Jugendliche konsumieren Medien anders als die Elterngeneration – sie nutzen kaum noch Fernsehen, sondern eher sogenannte „nicht-lineare Inhalte“ wie Youtube. Während vor Jahren den Eltern ein FSK-Prüfsiegel Orientierung bei der Medieneinschätzung gab, tragen Inhalte aus dem Internet kein Prüfsiegel und sind häufig nicht redaktionell betreut.

Der leichte Zugang zu gewaltverherrlichenden, pornografischen und teuren Onlineangeboten stellt Politik und Eltern vor neue Herausforderungen bei der Medienerziehung. Die Bundesregierung investiert daher jährlich eine Million Euro in Kinder- und Jugendgerechte Internetfilter (z.B. www.fragfinn.de), die Eltern auf den heimischen PCs installieren sollen. Unter den Gästen gab es Kritik, dass Filter nur eine Symptombekämpfung sdarstellten und dass auf europäischer und nationaler Ebene noch zu wenig für die Förderung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen getan werde.

Bildung

Auch die Ratsformation Bildung stand im Zeichen des Terrors und der Verantwortung der Bildung für die Vermittlung europäischer Werte. Die Integration von Flüchtlingen und Migranten, die schnelle Sprachvermittlung und die Senkung der Schulabbrecherquote sind wichtige Bausteine, um Radikalisierungen zu verhindern. Sie finden sich in dem Strategischen Rahmen zur allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020) wieder, den die Ratsmitglieder bilanzierten und für die kommenden 5 Jahre ausrichteten.

Während die europäische Bildungspolitik aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit in den letzten Jahren stark im Fokus der „Employability“ stand, gewinnen aufgrund der starken Migration nach Europa und der aktuellen Terrorbedrohung neue Themen an Profil. Das Bildungsförderprogramm „Erasmus+“ wird schwerpunktmäßig Integrationsmaßnahmen fördern, das deutsche Programm „Demokratie leben“ soll um 50 Millionen Euro erweitert werden.

Gute Nachrichten, die jedoch nicht über die kaum handlungsfähige Struktur europäischere Bildungspolitik hinwegtäuschen kann. Ein Gast stellte die Frage, ob ein koordinierter Ansatz der EU-Mitgliedstaaten zur Vermittlung von Islamkompetenz vorgesehen ist. Dies sei jedoch aufgrund der heterogenen Strukturen und den föderalistischen Regelungen zur im Bereich der Bildung kaum möglich. Auch eine Arbeitsgruppe zum Thema Flüchtlinge wurde nicht eingerichtet. Begründung: Dieses Querschnittsthema ziehe sich zurzeit durch alle Ressorts.

Beim De-Briefing waren die beteiligten deutschen Ministerien hochrangig vertreten: für den Bereich Kultur waren Christopher Böhmler aus dem Referat E11: EU-Sachpolitiken Innen; EU-Währungs- und -Finanzfragen; Mehrjähriger Finanzrahmen des Auswärtigen Amtes sowie Elisabeth Gorecki-Schöberl, Referatsleiterin des Referat K 34: Internationale Zusammenarbeit im Kulturbereich, Europabeauftragte, Beauftragte für deutsch-französische Zusammenarbeit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien anwesend. Den Bereich Audiovisuelles vertrat Wolfgang Wohnhas, Referatsleiter des Referats K 31 – Internationale Zusammenarbeit im Medienbereich; Deutsche Welle; Rundfunk der Beauftragten für deutsch-französische Zusammenarbeit, für den Bildungsbereich sprach Andreas Drechsler, Referatsleiter des Referats 221: Übergreifende Fragen und Bildungspolitik der EU des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es moderierte Florian Strasser, Koordinator des Arbeitsbereiches Bildung und Information der EBD. Die Ergebnisse des Rates Bildung, Jugend, Kultur und Sport finden Sie auch hier.