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Diakonie: Deutschland profitiert von Zuwanderung – auch aus Bulgarien und Rumänien

Die Diakonie Deutschland bedauert die unsachliche Diskussion über Zuwanderung nach Deutschland. Dieses Mal erhitzt die Gemüter die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürgerinnen und Bürger aus Rumänien und Bulgarien mit Beginn dieses Jahres.

„Die europäische Freizügigkeit ist ein Erfolgsmodell und stärkt sowohl Deutschland als auch Europa. Einwanderer tragen zu Vielfalt und Wohlstand in Deutschlands bei. So zahlen sie beispielsweise deutlich mehr Steuern und Sozialversicherungsbeiträge als sie Sozialleistungen beziehen. Auf der anderen Seite nutzen ja auch viele Deutsche die Möglichkeit einer Perspektive für sich im Ausland“, sagt Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier am Mittwoch in Berlin.
„Die Diskussion über die so genannte Armutsmigration ist nicht nur unsachlich, sondern sie stellt auch den gesellschaftlichen Konsens, das Modell der sozialen Marktwirtschaft, in Frage „, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Loheide betont, dass die soziale Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenslagen eine humanitäre Aufgabe sei und zum Wohlstand aller beitrage. Die bisherige Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Ausschluss von Unterstützungsleistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt haben nach Ansicht der Diakonie Deutschland vielmehr zur Armutsproblematik dieser Menschen und der Ballung in einigen Stadtvierteln größerer Städte geführt. Es sei positiv zu werten, dass die Beschränkung nun für Bulgaren und Rumänen weggefallen ist. Der Ausschluss von Unterstützungsleistungen nach dem SGB II sei europarechtlich vermutlich nicht zulässig, wie gerichtlich zu klären sein wird.

Um dieser Armut zu begegnen, fordert die Diakonie ein schlüssiges Konzept. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit darf bei neu aufgenommenen EU-Mitgliedsstaaten nicht immer wieder beschränkt werden, wie derzeit weiterhin für Kroatien. Ausschlüsse von Unterstützungsleistungen sind zu streichen. Unionsbürger, die sich legal im Land aufhalten brauchen die gleichen Integrationschancen wie alle anderen Menschen im Land, die aus eigener Kraft keine Arbeit finden. Bürokratische Hürden, die Beschäftigung verhindern, sind auf den Prüfstand zu stellen.

„Überlegungen, die Freizügigkeit oder die europarechtlich vorgesehene Gleichbehandlung einzuschränken, lehnt die Diakonie ab. In einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Einteilung in gewünschte und unerwünschte Zuwanderung – auch europarechtlich – nicht zulässig. Jeder Initiative, die Europawahl mit antieuropäischen Ressentiments zu bestreiten, stellt sich die Diakonie entgegen“, erklärt Loheide.

Nach einer Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) lässt sich die Hypothese, dass Sozialleistungen eine Magnetwirkung auf Migranten ausübten, nicht belegen. Danach gibt es auch nur wenig Anzeichen für eine übermäßige Inanspruchnahme von Sozialleistungen von/durch Migranten.

„Anziehungskraft haben vor allem bereits bestehende Migranten-Communities und die hohe Wirtschaftskraft eines Landes und die damit verbundene Aussicht, Arbeit zu finden und am Wohlstand teilzuhaben“, betont Loheide.

Zahlen und Fakten zum Hintergrund:

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schätzt, dass Mitte 2013 etwa 368.000 Bulgaren und Rumänen in Deutschland lebten. Ihre Erwerbstätigenquote lag zwischen 60 und 64 Prozent. Viele Zuwanderer aus den beiden Ländern sind gut qualifiziert, jeder vierte hat einen Hochschulabschluss.

Dennoch finden sie häufig Jobs nur in weniger attraktiven Branchen, etwa in der Gastronomie oder als Erntehelfer.

7,4 Prozent der Zugewanderten aus Bulgarien und Rumänien waren 2013 arbeitslos.

Damit lag ihre Arbeitslosenquote nur leicht über dem gesamtdeutschen Schnitt (7,4 Prozent) und weit unter der Arbeitslosenquote für alle in Deutschland lebende Ausländer (16,4 Prozent). Etwa 10 Prozent der in Deutschland lebenden Bulgaren und Rumänen bezogen Hartz IV oder andere Sozialleistungen. Für alle in Deutschland lebenden Ausländer lag die Quote bei 16,2 Prozent und für ganz Deutschland bei 7,5 Prozent. Gut 2.000 Selbständige aus Bulgarien und Rumänien erhielten als so genannte Aufstocker Leistungen aus dem SGB II. Auch der Kindergeldbezug der Bulgaren und Rumänen lag mit 8,8 Prozent unterhalb des Bevölkerungsdurchschnitts (10,8) und war deutlich geringer als im Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung.