Aktuelles > EBD De-Briefing | EU-Kommission stellt klar: Kein Abbruch der TTIP-Verhandlungen

Artikel Details:

Institutionen & Zukunftsdebatte, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaft & Finanzen

EBD De-Briefing | EU-Kommission stellt klar: Kein Abbruch der TTIP-Verhandlungen

Vom 3. bis 7. Oktober fand in New York die 15. Verhandlungsrunde zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen Repräsentanten der USA und der Europäischen Union statt. Nachdem es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Streitigkeiten zwischen beiden Verhandlungsparteien gekommen war – nicht zuletzt aufgrund diverser Milliardenstrafen von US- und EU-Behörden gegen führende Wirtschaftsunternehmen der anderen Seite – sollte der Verhandlungsprozess nun entscheidend vorangetrieben werden. Unterdessen steht das Wirtschafts- und Handelsabkommen mit Kanada (CETA) bereits kurz vor dem Durchbruch: Beim EU-Kanada-Gipfel am 27. und 28. Oktober soll der Vertrag über ein vorläufiges Inkrafttreten des Abkommens unterzeichnet werden.

Über den aktuellen Stand der Verhandlungen bei CETA und TTIP wurde beim EBD De-Briefing zur Europäische Handelspolitik am 18. Oktober in der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland zunächst ausführlich informiert und anschließend offen diskutiert: Ignacio Garcia Bercero, Direktor in der Generaldirektion Handel der EU-Kommission und Chefunterhändler in den TTIP-Verhandlungen, Lutz Güllner, Referatsleiter Kommunikation der Generaldirektion Handel, sowie Dr. Berend Diekmann, Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gaben den rund 120 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen Überblick über die Positionen und Interessen der Europäischen Union in den Verhandlungen. Moderiert wurde die Veranstaltung von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann.

Garcia Bercero gab zunächst einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen in den TTIP-Gesprächen: Noch immer herrsche Uneinigkeit in einigen zentralen Punkten des Abkommens, sodass eine Einigung bis Jahresende zunehmend unwahrscheinlich werde. Zwar sei man sich grundsätzlich darüber einig, dass ein Abkommen auf Basis gemeinsamer handelspolitischer Interessen nur dann realisiert werden könne, wenn beide Seiten in puncto Marktzugang und Anerkennung von Regulierungsstandards – insbesondere bei Lebensmitteln und Kosmetikprodukten – bereit seien, gegenseitige Zugeständnisse zu machen. Jedoch hätten die USA auf EU-Vorschläge zur öffentlichen Auftragsvergabe im Dienstleistungssektor bisher zurückhaltend bis ablehnend reagiert. Nichtsdestotrotz sei ein Abbruch der Verhandlungen für die EU-Kommission zu keinem Zeitpunkt ein Thema gewesen und werde auch in Zukunft keine Option sein. Das TTIP-Abkommen stelle eine enorme Chance für die europäische Wirtschafts- und Währungsunion dar und werde daher auch in Zusammenarbeit mit der künftigen US-Regierung weiter verfolgt. Immerhin, so Garcia Bercero, sei das CETA-Abkommen mehr als fünf Jahre verhandelt worden – mit TTIP sei man nach bisher drei Jahren also noch vergleichsweise gut in der Zeit.

Diese Auffassung teilte auch Diekmann: TTIP sei ein viel zu wichtiges Projekt für die Zukunft der EU, als dass ein Scheitern des Abkommens einfach in Kauf genommen werden könne. Zudem wies er darauf hin, dass in den vergangenen drei Jahren bereits einige wichtige Fortschritte in den Gesprächen erzielt worden seien. Diese nun über den Haufen zu werfen wäre nicht nur eine Niederlage für die Wirtschaft, sondern würde auch die Reputation der EU und Deutschlands als verlässlichen Verhandlungspartnern nachhaltig beschädigen. Kritische Stimmen aus dem Publikum, die geplanten Freihandelsabkommen ließen sich nicht mit dem Prinzip der kommunalen Daseinsvorsorge in Deutschland sowie den in Deutschland und Europa geltenden Umwelt- und Verbraucherschutzstandards vereinbaren, wies Diekmann entschieden zurück. Das Thema Daseinsvorsorge werde vor allem hierzulande als relevant empfunden, habe auf europäischer und transatlantischer Verhandlungsebene allerdings kaum Aussagekraft. Garcia Bercero fügte außerdem hinzu, dass die Privatisierung von Wasserressourcen oder Gesundheitsfürsorge niemals Teil der Verhandlungen gewesen sei. Mit Blick auf die Einhaltung von Umweltstandards, stellte Diekmann klar, sei auch in Europa nicht alles Gold, was glänze – bestes Beispiel hierfür sei der VW-Abgasskandal, der nicht zuletzt durch die Ermittlungen von US-Behörden aufgedeckt worden sei. Es müsse daher festgehalten werden, dass die in der öffentlichen TTIP-Debatte populäre Negativdarstellung amerikanischer Richtlinien von den Fakten oftmals nicht gedeckt werde.

Aktuelle Nachrichten aus unserem Netzwerk zur europäischen Handelspolitik finden Sie auf unserer Homepage unter den Nachrichtenschlagworten „CETA“, „TTIP“, „Handel“, „Handelspolitik“ und „Wettbewerbsfähigkeit“.