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  • 25.05.2011 - 08:07 GMT

Jahrespressekonferenz des CDU-Wirtschaftsrats zum Energiekonsens – EU-Schuldenkrise – Europapartei Union

Auf der heutigen Jahres-Pressekonferenz des Wirtschaftsrates der CDU e.V. bezieht Präsident Prof. Dr. Kurt J. Lauk Stellung zu den Themen Energiepolitik und EU-Schuldenkrise und stellt die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage mit rund 2.500 Teilnehmern vor.

Lauk erklärt:
I. Energiekonsens muss noch erarbeitet werden

"Es reicht nicht, dass sich Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf den Ausstieg und über den Zeitpunkt des Ausstiegs aus der Kernenergie verständigen. Wir brauchen Verlässlichkeit und Klarheit, wie wir die Energie-Infrastruktur – Speicher, Netze, Kraftwerke – so ausbauen, dass wir die neuen Energien auch rechtzeitig und sicher integrieren können. Eines ist zwingend: Wir können aus den alten Strukturen nicht aussteigen, bevor die neuen stehen. Jeder nationale Alleingang zerstört den europäischen Binnenmarkt. Importverbote sind ein Schritt in die Isolation. Der Schutz der Bevölkerung kann nur gelingen, wenn wir europaweit aus der Kernenergie aussteigen. 40 von 146 Kernkraftwerken stehen in bis zu 50 Kilometern Entfernung zu unserer Grenze.

II. Paradigmenwechsel beim Umgang mit der EU-Schuldenkrise

Die Bevölkerung hat bisher die Europäische Union immer mit mehr Wohlstand verbunden. Jetzt müssen wir zum ersten Mal in der Geschichte Sparprogramme auflegen, um Europa zu retten. Die gefühlte Wohlstandsvernichtung führt nunmehr zu Europa-Verdrossenheit. Der Wirtschaftsrat fordert:

– Hilfeleistungen an Pleiteländer darf es nur geben, wenn bei ihnen  
  niedrigere Sozialleistungen als in den Geberländern gezahlt werden.
– Hilfeleistungen dürfen zudem nur gewährt werden, wenn die
  Nehmerländer in ihren Verfassungen eine rigide Schuldenbremse nach
  deutschem Muster verankern.
– Die G20 muss endlich die zentralen Probleme im Weltfinanzsystem
  lösen: die Hedge-Fonds müssen reguliert werden. Der Handel mit
  Derivaten muss transparent gemacht und über die Börsen abgewickelt
  werden.

III. Union als Europapartei

Bei der Bewältigung der EU-Schuldenkrise wie bei der Energiewende muss die Union ihre Expertise als Europapartei nutzen und bewahren. Die SPD hat mehrfach historisch versagt in der Europapolitik: Rot-Grün hat den Stabilitätspakt massiv aufgeweicht und damit die Grundlage für die heutige Misere gelegt. Die SPD forderte in der EU-Krise noch immer schnellere und höhere Hilfsleistungen für Pleitestaaten, hat sich aber dann 2010 im Bundestag aus der Verantwortung durch Enthaltung entzogen.
Die Union muss alles daran setzen, zu verhindern, dass die Bürger noch weiter Vertrauen in die EU verlieren. Wir brauchen daher mehr Offenheit und Solidität. Die Union ist gut beraten den Bürgern offen zu sagen: Es lohnt sich, den Euro zu retten. Aber sie muss dem Bürger auch reinen Wein einschenken und die Kosten benennen. Jedes Unternehmen bildet Bürgschaften in seiner Bilanz ab. Teilweise mit Rückstellungen. Im Bundeshaushalt haben wir bisher nichts davon gesehen. Auch in der Energiepolitik ist die Union als Europapartei gefordert. Die Energiewende kann nur gemeinsam von den europäischen Partnern gemeistert werden. Ein nationaler Alleingang würde im Fiasko enden.

IV. Forsa-Umfrage

Der Wirtschaftsrat hat mit Forsa vom 11. bis zum 18. Mai 2011 seine Mitglieder befragt. Mit den Antworten von rund 2500 Führungskräften ist diese Umfrage erneut eine der repräsentativsten Stimmungsbarometer der Wirtschaft in unserem Land.

Mit dem wirtschaftspolitischen Profil der CDU sind nur noch 44 Prozent, mit dem der CSU nur noch 37 Prozent sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden. Es folgen die FDP mit 24, die Grünen mit elf und die SPD mit fünf Prozent. Das heißt im Umkehrschluss: Mehr als die Hälfte der Mitglieder des Wirtschaftsrates ist mit dem Wirtschaftsprofil der Union nicht zufrieden. Bei uns schrillen die Alarmglocken!

Der Wirtschaft brennen vor allem die Themen "Energiewende" (90 Prozent), die "europäische Schuldenkrise" (87 Prozent) und der "Fachkräftemangel" (84 Prozent) auf den Nägeln. Erfreulich ist, dass die "Kreditversorgung", die in der Wirtschafts- und Finanzkrise eine große Rolle spielte, "nur" noch von 40 Prozent als Sorge mit sehr hoher und hoher Priorität eingestuft wird. Dennoch: 40 Prozent sind 40 Prozent zu viel.
Unentschieden ist die deutsche Wirtschaft bei der "Energiewende": 47 Prozent halten die Absicht der Bundesregierung, so schnell wie möglich aus der Kernenergie auszusteigen, für richtig, 50 Prozent sind dagegen. Einigkeit herrscht jedoch in der Beurteilung der Prämissen, die von der Bundesregierung bei dem verkündeten "Ausstieg mit Augenmaß" eingehalten werden sollten:

– Wenn Ausstieg, dann keine Importe von Atomstrom aus dem Ausland. 87
  Prozent sagen, dass ein Ausstieg erst erfolgen soll, wenn dies
  gesichert ist.
– Wenn Ausstieg, dann nicht zu Lasten der Schuldenbremse. 79 Prozent
  wollen die Haushaltskonsolidierung nicht für die "Energiewende"
  opfern.
– Wenn Ausstieg, dann nicht finanziert durch Steuer- oder
  Abgabenerhöhungen. Diese halten nur fünf Prozent für angemessen. 57
  Prozent dagegen fordern Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt
  zur Finanzierung der Energiewende.
– 72 Prozent wünschen sich eine konzertierte Aktion, um europaweit
  auszusteigen.

Die deutsche Wirtschaft macht sich Sorgen um die Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmer befürchtet die Abwanderung energieintensiver Unternehmen und halten die deutschen Klimaschutzziele für gefährdet.
Der Wirtschaftsrat hat niemals die Frage des Ausstiegs aus der Kernenergie mit einem Volksentscheid klären wollen. Es ging uns darum, die Hürden für den Ausbau der Energieinfrastruktur abzubauen und die Bereitschaft der Bürger zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren zu testen. Unser Gutachter, Prof. Degenhardt aus Leipzig, hat festgestellt, dass Volksentscheide zu diesem Thema nicht möglich und Volksbefragungen nicht rechtsverbindlich sind. Daher ist die Idee obsolet."
Der Wirtschaftsrat legte auf der Pressekonferenz umfassende Vorschläge für einen "Zukunftspakt Industrieland Deutschland" vor.