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  • 13.05.2013 - 07:13 GMT

Europa für die Bürger? Der 2. Unionsbürgerschaftsbericht: Rechte, Pflichten, Grenzen.

Am vergangenen Mittwoch Vormittag wurde der 2. Bericht zur Unionsbürgerschaft von der Europäischen Kommission verabschiedet. Keine zwei Stunden später stellte die Vertretung der Kommission in Deutschland zusammen mit dem Auswärtigen Amt und dem Netzwerk EBD den Bericht bereits den etwa 100 Vertreterinnen und Vertretern aus Medien, Interessengruppen und Zivilgesellschaft vor.

Zwölf konkrete Maßnahmen, die den Europäern die Inanspruchnahme ihrer Unionsbürgerrechte erleichtern sollen, enthält der Bericht. Matthias Petschke, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, stellte zunächst zentrale Inhalte vor, die der Beauftragte für Grundsatzfragen der EU im Auswärtigen Amt, Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, aus Sicht der Bundesregierung im Anschluss kommentierte.
Diskriminierungsverbot, Freizügigkeit und Partizipation seien Kernelemente der Unionsbürgerschaft. Vor 20 Jahren qua Vertrag von Maastricht europarechtlich verankert, sei sie bis heute noch immer unvollendet. Bürgerinnen und Bürger stoßen nach wie vor auf nationaler Ebene an zumeist bürokratische Grenzen. Dabei habe eine repräsentative Umfrage in allen Mitgliedstaaten ergeben, dass sich mind. 50 % der Bevölkerung in 25 der derzeit 27 Mitgliedstaaten schon heute als Unionsbürger verstehen. Dahinter stecke großes Potenzial. Dennoch gebe es weiterhin zahlreiche Beschränkungen der Grundfreiheiten und damit Handlungsbedarf, um allgemeingültige Unionsbürgerrechte europaweit garantieren zu können. Vor allem Probleme, die sich aus dem Recht auf Freizügigkeit ergeben, versuche der Bericht daher anzugehen. Die Unterstützung internationaler Praktika, ähnlich dem Erasmus-Programm für Studierende, sei ebenso angestrebt, wie eine Entbürokratisierung durch die Möglichkeit einheitlicher europäischer Dokumente. Das Leben in anderen Mitgliedstaaten solle durch eine Reihe von Maßnahmen vereinfacht werden, um die Mobilität der EU-Bürger weiter zu fördern.
Gemeinsam mit Opens internal link in current windowEUD-Generalsekretär Christian Moos und Mirko Schwärzel vom Opens internal link in current windowBundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement als Vertreter zivilgesellschaftlicher Institutionen nahm Carsten Lietz, zuständig für die politische Kommunikation im Kabinett von Kommissionsvizepräsidentin Viviane Reding, zur politischen Dimension des Berichtes Stellung. Unter der Moderation von Bernd Hüttemann, Generalsekretär des Netzwerks EBD, wurde diskutiert, wie zivilgesellschaftliche Partizipation als wichtiger Treiber für die Unionsbürgerschaft gestärkt werden könne.
Moos verwies auf einen auf Initiative der Europa-Union gefassten Vorstandsbeschluss der EBD, allen in Deutschland gemeldeten EU-Bürgern das Wahlrecht auch auf Landesebene einzuräumen. Der EUD-Generalsekretär berichtete über eine Vielzahl von Gesprächen und Vorstößen der Landesverbände der Europa-Union in den Bundesländern, die inzwischen auf fruchtbaren Boden stießen. So würde derzeit eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Besonders Bremen und Schleswig-Holstein seien hier aktiv. Bewegung gebe es aber auch in anderen Bundesländern.
Unionsbürgerschaft bedeute eher eine Garantie der Grundfreiheiten, statt einer Garantie von Grundrechten, von der immobile Menschen kaum profitieren, kritisierte Schwärzel den Ansatz des Berichtes. Dass Unionsbürgerrechte in erster Linie Binnenmarktfreiheiten seien, die längst nicht jeden EU-Bürger gleichermaßen zu Gute kämen, beanstandeten auch weitere Diskussionsteilnehmer. 
Demokratische Teilhabe zu sichern – sei es durch eine Anpassung des Wahlrechts, sei es durch Förderung ehrenamtlichen Engagements über nationale Grenzen hinweg mittels Bürokratieabbau – darin liege die Hauptaufgabe des Unionsbürgerschaftsberichts, befanden auch die meisten der Diskussionsteilnehmer aus dem Publikum. Die Unionsbürgerschaft enthalte ein integratives Moment, das es auszubauen gelte. Sie sei für eine politische Union das, was der Euro für die Wirtschafts- und Währungsunion sei. In Zeiten der Krise würden die Menschen die wechselseitige Abhängigkeit der Staaten erkennen. Dies könne eine Chance bedeuten, die bürgerliche Teilhabe im Vorfeld der Europawahl 2014 zu stärken. Dafür müsse man die identitätsstiftende Wirkung der Unionsbürgerschaft nutzen. Nur ein Europa der Bürgerinnen und Bürger vermöge die Debatte über eine politische Union aus dem Elfenbeinturm der Eliten befreien.