Pressemitteilung
„Aufbruch für Europa“ – nur aufgehoben? EBD-Vorstand bilanziert GroKo-Europapolitik
Berlin, 10. April 2019. „Es bleiben noch zwei Jahre, um zu zeigen, dass das Europa-Kapitel des Koalitionsvertrags keine Sonntagsrede bleibt.“ Gut ein Jahr nach Vereidigung des Kabinetts Merkel IV hat der Vorstand der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. (EBD) eine Bewertung der im Koalitionsvertrag verankerten europapolitischen Agenda der Bundesregierung beschlossen.
„Die Notwendigkeit einer starken deutschen Europapolitik ist außen wie innen gegeben. Dennoch muss sich die Bundesregierung auch 2019 am selbst gesteckten Maßstab des Europakapitels und europarelevanter Kapitel des Koalitionsvertrags messen lassen“, kommentiert EBD-Präsidentin Dr. Linn Selle den Beschluss. Entlang der Themen Europäische Werte, Brexit, Eurozone, EU-Haushalt/Mehrjähriger Finanzrahmen, Migrations- und Asylpolitik, Westbalkan, Außen- und Sicherheitspolitik, Bürgerdialoge, Public Diplomacy und Europapolitische Koordinierung zieht das geschäftsführende Gremium der EBD eine Bilanz zwischen dem Versprochenen und dem Umsetzungsstand 13 Monate später.
Positiv bewertet der Beschluss die Zusammenarbeit und Kommunikation der Bundesregierung zu den Brexit-Verhandlungen: „Die Bundesregierung hat eindeutig und beeindruckend den Zusammenhalt der EU27, der deutschen gesellschaftlichen Kräfte (inklusive der Wirtschaft) und die koordinierende Rolle der Europäischen Kommission gefördert“, heißt es. Erfreulich sei außerdem, dass bei den Eckpunkten für den EU-Haushalt eine „Nettozahler“-Rhetorik vermieden und ein Kompromiss bei Frankreichs Vorschlägen zur Eurozonenreform gefunden wurde. Eine erfolgreiche deutsche Strategie ist die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (SSZ).
Europapolitsches Catenaccio
Abgesehen davon besteht erfolgreiche deutsche Europapolitik vor allem aus Abwehrarbeit, bilanziert der Beschluss: „Das europapolitische ‚catenaccio‘ Deutschlands verhindert eine moderne Europapolitik, die sich durch ein für die Bevölkerung und die europäische Gesellschaft attraktives Spiel nach vorne auszeichnen könnte. Es gab und gibt sechs Wochen vor der Europawahl keinen substantiellen deutschen Beitrag für eine Strategische Agenda für die nächste Legislaturperiode des Europäischen Parlaments. Auf Basis der Erfahrungen aus dem ersten Jahr der Koalition ist weiterhin nur mit einem reaktiven Gestaltungswillen zu rechnen.“
Zum Beschluss geht es hier.
Von einer breiten Zukunftsdebatte vor der Europawahl ist Deutschland aus Sicht des EBD-Vorstands derzeit noch weit entfernt: Die Erkenntnis ist Basis des Aufrufs „Mehr Europawahlkampf auf allen gesellschaftlichen Ebenen“, dem sich neben den im Vorstand der EBD vertretenen Organisationen Spitzenverbände aus Wirtschaft, Gewerkschaft, Jugend, dem Umwelt- und Verbraucherschutz und Bürgerschaft angeschlossen haben. Das Positionspapier fordert eine Priorisierung des europäischen Wahlkampfs, die Stärkung grundlegender demokratischer Werte auf europäischer Ebene wie das Spitzenkandidatenprinzip sowie einen besseren Zugang zu Informationen, weniger Propaganda und mehr Aufklärung.
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