Pressemitteilung
EBD Pressemitteilung | EBD-Präsidentin fordert EU-Beitrittsperspektive
- Die Ukrainerinnen und Ukrainer haben ein Recht auf Unionsbürgerschaft in der Europäischen Union, denn sie verteidigen auch unsere Freiheit und Demokratie in Europa.
- Wirtschaftliche Sanktionen gegen den Aggressor und finanzielle wie militärische Hilfen für die Ukraine sind richtig, aber nicht ausreichend.
- Mit Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine wird eine bessere Zukunft mit Blick auf Sicherheitspolitik, Demokratie und Wohlstand versprochen.
Warum wir jetzt über den EU-Beitritt der Ukraine sprechen müssen!
Berlin, 02. März 2022. Jeder europäische Staat, der die europäischen Werte achtet und sich für ihre Förderung einsetzt, kann Mitglied der Europäischen Union werden – das sagt der EU-Vertrag. Dem offiziellen Antrag zum EU-Beitritt der Ukraine, den Präsident Wolodymyr Selenskyi für sein Land am Montag gestellt hat, müssen europäische Politikerinnen und Politiker nun Taten folgen lassen. Denn der Angriff Russlands auf die Ukraine ist nicht nur ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht, er ist auch ein unmittelbarer Angriff auf die europäische Sicherheitsordnung und die Grundidee der Europäischen Union, den Frieden. Die europäische Friedensordnung von 1957, basierend auf wirtschaftlicher Verflechtung und dem Ziel, Kriege unter Mitgliedsländern unmöglich zu machen, gilt es zu bewahren. Die Ukraine braucht nicht nur unmittelbare wirtschaftliche und militärische Hilfen, sondern auch das politische Versprechen einer europäischen Perspektive – der vollen Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine ist auf halbem Wege stecken geblieben und war schon bei der Unterzeichnung 2014 ein halbgarer Kompromiss, um die Ukraine enger an die Europäische Union zu binden, ohne wirklich von Beitritt sprechen zu müssen. Die letzte Woche hat uns gezeigt, dass die Ukraine Teil der Europäischen Union werden muss. Auch wenn ein Beitritt nicht morgen oder übermorgen vollzogen werden kann – das politische Versprechen und die schnelle Aufnahme von direkten Beitrittsgesprächen wären ein starkes Zeichen der Solidarität für die Ukraine.
Es darf jetzt nicht der Fehler begangen werden, die ukrainische Bevölkerung weiter hinzuhalten bis sie ermüdet ist. Ein Fehler, wie er heute schon bei den Westbalkanstaaten zu beobachten ist. Hier ziehen sich die aktuellen Verhandlungen zu sehr in die Länge. Ein EU-Beitritt ist nie nur ein Bürokratie-Beitritt, sondern der Beitritt zu einem politischen Werteprojekt. Darum sollten sobald wie möglich Beitrittsgespräche aufgenommen werden. Ohne Verzug, ohne Hinhalten. Auch die Lage auf dem Westbalkan, dessen Stabilität unmittelbar durch das Kriegsgeschehen in der Ukraine gefährdet ist, müssen wir ernst nehmen. Die EU muss den Beitrittsprozess mit allen Westbalkanstaaten stärker vorantreiben und verlässlich zu ihren Beschlüssen stehen, um autoritären Nationalismus einzudämmen. Dabei sollte sie auf die Einhaltung demokratischer sowie rechtsstaatlicher Werte bestehen und Staaten, die sich hierzu nicht bekennen, von einer Beitrittsperspektive klar und unmissverständlich ausschließen.
Natürlich wäre die Ukraine derzeit nicht unmittelbar beitrittsfähig. Grassierende Korruption, demokratische Schwächen und eine nicht ausgereifte Marktwirtschaft sind nicht zu bestreiten. Antidemokraten wie Putin nutzen Korruption, um auch andere Regionen Europas zu destabilisieren. Wir müssen daher proaktiv auf die gemeinsame Gestaltungskraft der Europäischen Union setzen: In ihrem Beitrittsversprechen kann die Europäische Union eine ungemeine Reformdynamik auslösen. Die Erweiterung um die mittel- und osteuropäischen Staaten 2004 und 2007 war, bei allen Schwächen die sich heute zeigen, richtig. Ohne die Erweiterung wäre die Bedrohungslage noch schärfer. Die diplomatische Gestaltungskraft der Europäischen Union wird nicht nur die Ukraine auf einen wertorientierten Transformationskurs bringen und sie somit weiter demokratisieren, die EU würde ein klares Zeichen setzen, dass Kämpfe für Demokratie und Freiheit auf dem europäischen Kontinent ein Teil des europäischen Wertefundaments sind.
Von Politikerinnen und Politikern in Brüssel und aus den europäischen Hauptstädten erwarte ich mehr als solidarische #StandWithUkraine-Hashtags, wir brauchen jetzt konkrete mutige politische Signale für die europäische Zukunft der Ukraine!

Pressekontakt:
Elisabeth Wisniewski, Referentin Europa-Kommunikation und Organisation
elisabeth.wisniewski@netzwerk-ebd.de