Pressemitteilung
Hinterzimmer-Deals abschaffen: O-Töne und Infografik zu besserer Rechtsetzung in der EU
Heimliche Deals hinter verschlossenen Türen schaden der Demokratie: Hinterzimmermauscheleien haben in der Bevölkerung von jeher einen schlechten Ruf. Dennoch sind in der europäischen Gesetzgebung verkürzte Verfahren, sogenannte informelle Triloge, eigentlich „eilbedürftigen Fällen“ vorbehalten, längst an der Tagesordnung. Was hält Deutschlands größtes Netzwerk für Europa davon? Bevor am Montag (28.9.) in Brüssel das Thema diskutiert wird, finden Sie hier O-Töne und Standpunkte aus den Mitgliedsorganisationen der Europäischen Bewegung.
Die EU-Ombudsfrau, lädt am 28. September zu einer öffentlichen Debatte über Triloge und transparente Gesetzgebung (ab 10 Uhr Live-Stream aus Brüssel.
Worum es dabei geht, illustriert die EBD Grafik (bitte klicken zur Vergrößerung)
Die O-Töne sind zur Veröffentlichung freigegeben, ebenso die Grafik bei Nennung des Copyright-Vermerks EBD/C. Bretschneider (Beleg/Link erbeten). Fotos bzw. die Grafik in größerer Auflösung erhalten Sie gerne auf Anfrage.
Pressekontakt
Kathrin Finke | T +49 (0)30 30 36 201-16 | presse@netzwerk-ebd.de
EBD Telegramm bessere Rechtsetzung
+++EBD-Präsident Wend: Doping für EU-Gesetze+++
Ein paar Tage, bevor EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly zu einer Diskussion über Triloge und transparente Gesetzgebung einlädt, kommentiert EBD-Präsident Dr. Rainer Wend ihren mit einer offiziellen Untersuchung eingeleiteten Gesundheitscheck des EU-Immunsystems: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Volksvertreter“, warnt Wend vor dem „Dopingmittel“ informeller Trilog. Wenn über 90 Prozent der EU-Gesetze in den Hinterzimmern des Trilogs verabschiedet würden, so Wend, „verkommt die EU zu einer zwar effizienten, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufenden Gesetzgebungsmaschine, die nur populistischen Angstmachern in die Hände spielt. Wir brauchen aber mehr parlamentarische Demokratie und transparenten Wettstreit. Gerade wegen der aktuellen Krisen.“ (zum Europapolitischen Einwurf)
+++Manuel Sarrazin: Höchstes Maß an Transparenz+++
„Öffentliche und transparente Gesetzgebungsverfahren sind elementare Bestandteile einer jeden Demokratie. Position und Kompromissfindung der gesetzgebenden Akteure müssen daher für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sein“, sagt Manuel Sarrazin MdB, Sprecher für Europapolitik in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im EBD-Vorstand. Er will Trilogverfahren auf besonders eilbedürftige Fälle begrenzen. (zur Nachricht)
+++Gabriele Bischoff: Europäische Rechtsetzung braucht volle demokratische Beteiligung+++
Triloge strikt auf Notfälle begrenzen will auch Gabriele Bischoff, Beauftragte für EGB, EWSA und EU-Reform beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Sie ist im EBD-Vorstand unter anderem zuständig für die politische Forderung der EBD nach Transparenz durch ordentliche Gesetzgebungsverfahren und stellt klar: „Europäische Rechtsetzung braucht Transparenz und volle demokratische Beteiligung.“ (zur Nachricht)
+++BDI: Qualitätskontrolle durch unabhängige Experten+++
Der Bundesverband der Deutschen Industrie begrüßt das Paket der EU-Kommission zur besseren Rechtsetzung als „wichtigen Schritt zur Verbesserung der Qualität europäischer Gesetze“, so Holger Lösch, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Er setzt auf unabhängige Expertise und Beteiligung, um „schlanke und effiziente Regelungen“ für den europäischen Binnenmarkt zu erreichen: „Die Prüfung von Auswirkungen geplanter Maßnahmen sollte von unabhängigen Experten durchgeführt werden und nicht von jenen, die sie erstellen. Hier muss die Politik mehr Mut zur Einrichtung eines Kontrollgremiums für alle drei Institutionen zeigen“, fordert er. (zur Nachricht)
+++Claus Weselsky: Zuerst schwindet die Transparenz, dann das Vertrauen+++
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, prangert die Aushöhlung demokratischer Prinzipien an: „Die GDL beobachtet mit Besorgnis, wie demokratische Prinzipien offen und verdeckt, verstärkt ausgerechnet durch politische Institutionen und Politiker ausgehöhlt und unterlaufen werden. Zuerst schwindet die Transparenz, danach das Vertrauen in der Bevölkerung.“ Daher unterstütze die GDL die Initiative der EBD zur besseren Rechtssetzung: „Wir fordern auf europäischer Ebene dazu auf, zum ordentlichen Rechtsetzungsverfahren zurückzukehren und das Trilogverfahren nur in besonderen Ausnahmefällen anzuwenden.“ (zur Nachricht)
+++Verbraucherzentrale Bundesverband sieht EP in zentraler Verantwortung+++
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat seine Forderungen zu transparenter Gesetzgebung und zum Trilog 2014 im Gesamtzusammenhang eines Europa-Papiers formuliert. Er sieht das EP in zentraler Verantwortung, sich „die Zeit zu nehmen, ein volles Gesetzgebungsverfahren durchzuführen“ und im Fall eines Trilogs Verhandlungstermine, Dokumente und beteiligte Personen öffentlich zu machen. (zur Nachricht)
+++Europa-Union Deutschland: Anomalie ist dringend korrekturbedürftig+++
Trilog als Dialog wischen den Insitutionen ist sinnvoll – aber nur für Eilsachen. Das ist die Linie der Europa-Union Deutschland, für die Generalsekretär Christian Moos, Mitglied im EBD-Vorstand feststellt: „Dass heute ein verkürztes Rechtsetzungsverfahren durch den Trilog der Normalfall geworden ist, ist eine demokratische Anomalie. Das ist dringend korrekturbedürftig. Der einzelne Berichterstatter des Parlaments mag durch diese Praxis aufgewertet werden. Das Parlament insgesamt verliert dadurch an Bedeutung.“ (zur Nachricht)
+++Kirsten Lühmann: Beteiligung, Gründlichkeit und Transparenz+++
Der dbb-Beamtenbund und Tarifunion setzt sich für ein europäisches Gesetzgebungsverfahren ein, das „den hohen demokratischen Ansprüchen von Beteiligung, Gründlichkeit und Transparenz“ entspricht, so Kirsten Lühmann, Mitglied im dbb-Bundesvorstand und im EBD-Vorstand: „Das sogenannte Trilogverfahren kann in eilbedürftigen Fragen das richtige Mittel der Wahl sein. Sollte es zum Einsatz kommen, ist eine umfänglichere und offenere Information der interessierten Öffentlichkeit am Fortgang der Gespräche sicherzustellen.“ (zur Nachricht)
+++Jo Leinen: Nicht auf Kosten fundamentaler Prinzipien der EU+++
„Informelle Triloge dürfen nicht auf Kosten von Demokratie, Transparenz und zivilgesellschaftlicher Beteiligung am Gesetzgebungsprozess gehen“, sagt Jo Leinen MdEP, Präsident der EBD-Dachorganisation European Movement International. Diese seien „fundamentale Prinzipien der EU, die in den Verträgen verankert sind.“ Leinen plädiert dafür, Kriterien für die Anwendbarkeit von Trilogen einzuführen, um die Zahl der Triloge auf notwendige Fälle zu beschränken. Er sieht den Ministerrat am stärksten in der Pflicht nachzubessern: „Das EP und die EU-Kommission sorgen bereits dafür, dass ihre Positionen in den Verhandlungen öffentlich zugänglich sind, im Gegensatz zum Rat.“ (zur Meldung)
+++Mitreden am Montag+++
Am 28. September diskutieren auf Einladung der EU-Ombudsfrau unter anderem Jorgo Riss, Greenpeace Europe, und Vicky Marissen, PACT European Affairs über „Trilogues and transparent law-making“.
Ab 10 Uhr startet der Livestream aus Brüssel
Folgen Sie der Debatte auf Twitter unter dem Hashtag #trilogues
How could #trilogues be made more transparent? Malcom Harbour, @VMarissen, @alemannoEU & Jorgo Riss @GreenpeaceEU share their views on 28/9
— European Ombudsman (@EUombudsman) September 19, 2015
+++mehr zum Thema+++
- Politische Forderung der EBD Transparenz durch ordentliche Gesetzgebungsverfahren und bessere Rechtsetzung
@europeika http://t.co/mVz1YFN7Mn so sieht die Rechtfertigung für 95,3% #trilogue @europarl_de aus @diguersel @gabischoff @linn_la_s
— Bernd Hüttemann (@huettemann) September 12, 2015
- Ende Mai startete die EU-Ombudsfrau eine Untersuchung zu transparenter Gesetzgebung und Trilogen und richtete einen Brief an die Präsidenten der beteiligten Institutionen (EP, Rat, Kommission). Darin bittet sie um Aufklärung in zwölf Fragen und um Akteneinsicht bis 30. September. Ergebnisse werden erst für Herbst erwartet, sagte die Sprecherin der EU-Ombudsfrau, Gundi Gadesmann, der EBD.
The Council challenges the right of the European Ombudsman to conduct an inquiry into secret #trilogues http://t.co/4rPrEI0Ou7 @StatewatchEU
— Frederic Melchior (@Fremel1976) September 25, 2015
- Darstellung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf der Website des Europäischen Parlaments auch als Grafik
- EBD Grafik zum Trilog im EU-Gesetzgebungsverfahren – mit Copyright-Angabe (EBD/C. Bretschneider) zur Veröffentlichung freigegeben
- cepInput: „Gesetzgebung im Trilog – Das Ende der transparenten repräsentativen Demokratie?“
- Am 19. Mai nahm die EU-Kommission die EU-Agenda für eine bessere Rechtsetzung an. Sie will damit „Offenheit und Transparenz im EU-Entscheidungsprozess fördern, die Qualität neuer Rechtsvorschriften dank besserer Folgenabschätzungen von Gesetzesentwürfen und Änderungsvorschlägen verbessern und für eine ständige und kohärente Überprüfung des geltenden EU-Rechts sorgen, damit die Ziele der Unionsmaßnahmen möglichst wirksam und effizient erreicht werden.“
Carl Dolan of TI: Make #trilogues more democratic before they become a convention – http://t.co/ITAJUgrcx7 @anticorruption #EUaffairs #EU
— James Sibley (@jamesDsibley) September 15, 2015
+++… und noch ein Seitenblick ins Netzwerk EBD+++
mit Nachrichten, EU-Akteuren und Terminen
Schlagzeilen, Standpunkte: Das neue EBD Telegramm wirft ein Schlaglicht auf ein Schwerpunktthema der EBD-Politik und beleuchtet die aktuelle Entwicklung sowie die Positionen im Netzwerk, ergänzt um einen Seitenblick ins Netzwerk EBD mit Nachrichten, Terminen und EU-Akteuren. Das EBD Telegramm wird es an rund 15 000 Abonnenten deutschland- und EU-weit versandt. Hier können Sie es abonnieren.
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