BDEW zum EU-Kommissionsvorschlag zur Förderung neuer Kraftwerke
EU will Kraftwerksbau weitere Steine in den Weg legen. Müller: Bislang geplante Änderungen der Europäischen Umweltbeihilferichtlinien als Investitionsanreiz ungeeignet.
Die EU-Kommission erarbeitet gegenwärtig einen Vorschlag zur Änderung der Europäischen Umweltbeihilferichtlinien. Damit sollen die Bedingungen für mögliche Fördermittel zum Bau von neuen Kraftwerken aus einem Teil der Einnahmen aus dem Emissionszertifikatehandel konkretisiert werden. Danach ist offenbar geplant, eine 15prozentige Förderung für den Kraftwerksneubau nur dann zu erlauben, wenn die Technologie zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, kurz CCS) bis zum Jahr 2020 eingesetzt wird. "Die bislang geplanten Änderungsvorschläge sind ungeeignet, die dringend erforderlichen Investitionen in hocheffiziente Stromerzeugungsanlagen zu fördern. Statt Anreize für Investitionen zu setzen, sollen dem notwendigen Kraftwerksneubau mit dem jetzigen Entwurf weitere Steine in den Weg gelegt werden. Daher sollte die EU-Kommission den Vorschlag noch einmal überdenken." Das erklärte Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
"Denn die Bedeutung von Reservekraftwerken zum Ausgleich der schwankenden Stromeinspeisungen aus Erneuerbaren Energien wird in Zukunft stark zunehmen", unterstrich Müller. Die Politik habe mit dem beschleunigten Ausbau der regenerativen Energien die Situation geschaffen, dass sich konventionelle Kraftwerke betriebswirtschaftlich immer schlechter rechnen würden. "Deshalb muss die Politik nun auch den geeigneten Rahmen und entsprechende Investitionsanreize für den Bau neuer, hocheffizienter Kraftwerke schaffen. Wir brauchen diese Anlagen auch in Zukunft für eine weiterhin sichere Energieversorgung", sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Offenbar sollten aber von der EU nun so strenge Bedingungen an eine Förderung von hocheffizienten Stromerzeugungsanlagen gestellt werden, dass angesichts der in Aussicht gestellten Förderhöhe und der prozentualen Staffelung der Zuschüsse fraglich sei, ob dieses Ziel überhaupt erreicht werden könne. Der europäische Beihilferahmen sollte im Gegensatz zu den bisherigen Überlegungen eine mögliche Investitionszurückhaltung aufbrechen, so der BDEW. Auf diese Weise könnte auch in Zeiten eines wirtschaftlich schwierigen Investitionsumfeldes die Modernisierung in der Stromerzeugung vorangetrieben und Fortschritte beim Umwelt- und Klimaschutz ermöglicht werden.
"Mit den Änderungen der Umweltbeihilferichtlinien sollte ein Instrument geschaffen werden, dass auch unter den Bedingungen der Vollversteigerung von CO2-Zertifikaten für den Emissionshandel nach 2013 den Neubau hocheffizienter, neuer Stromerzeugungsanlagen auslöst", erläuterte Hildegard Müller. Es sei nicht nachvollziehbar, warum offenbar die volle Förderhöhe für neue Kraftwerke nur dann zuerkannt werden solle, wenn die CCS-Technologie bis 2020 eingesetzt werde. "Diese Technologie befindet sich noch in der Erprobungsphase. In Deutschland gibt es dazu nicht einmal ein Gesetz, da sich Bund und Länder bislang nicht darauf einigen konnten", so Hildegard Müller. Die jetzt vorgeschlagenen Förderbedingungen stellen nach BDEW-Einschätzung sehr weitgehende Anforderungen insbesondere an die "CCS-Readiness" – also die Vorbereitung von Kraftwerksanlagen auf eine mögliche spätere Abscheidung und Speicherung des entstehenden Kohlendioxids. Müller: "Die geplanten Anforderungen gehen auch weit über die Vorgaben der für die EU maßgeblichen Gesetzgebung zu dieser Frage hinaus. Zudem werden die Anforderungen ohne ein praktikables CCS-Gesetz in Deutschland nicht zu erfüllen sein."
Die EU-Kommission hat außerdem angekündigt, aus der Gruppe der formal und inhaltlich in Frage kommenden Förderanträge einige wenige Kraftwerksprojekte selbst auswählen zu wollen. Der BDEW weist hingegen darauf hin, dass die rechtlichen Grundlagen eine Fördermöglichkeit in der alleinigen Hoheit der jeweiligen Mitgliedsstaaten vorsehen. Durch dieses offenbar geplante, zentralistische Auswahlverfahren der EU würde eine weitere unnötige Hürde für potenzielle Investoren zur Einführung hocheffizienter, CCS-fähiger Stromerzeugungstechnologien geschaffen.
"Dessen ungeachtet stellt sich aus volkswirtschaftlicher Sicht die Frage, aus welchen plausiblen Gründen nur der Neubau, nicht aber Modernisierungen wie zum Beispiel Retrofit-Maßnahmen an bestehenden Kraftwerken finanziell gefördert werden sollen", so Hildegard Müller. Der BDEW werde die Politik deshalb weiter auf die Notwendigkeit geeigneter Rahmenbedingungen hinweisen. Denn auf dieser Grundlage könne ein wirtschaftlicher Betrieb der fossilen Bestandskraftwerke als Ausgleichskapazität der volatilen Einspeisung aus Erneuerbaren Energien für die Zukunft gesichert werden.