Aktuelles > BDI: Europa braucht mutige Strukturreformen

Artikel Details:

Wirtschaft & Finanzen

BDI: Europa braucht mutige Strukturreformen

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) bereits im Juli 2012 in Kraft treten zu lassen.

Das Vorziehen des ESM-Vertrags kann zusätzliche Stabilität an den Märkten schaffen. Der ESM dürfe aber nicht zur Gewährung von zeitlich und in der Höhe unbegrenzten Rettungskrediten führen, erklärt der BDI. Denn dann würde er den Schuldenstaaten sämtliche Anreize nehmen, Strukturreformen durchzuführen. Durchgreifende Strukturreformen seien aber die Voraussetzung dafür, die gegenwärtige Schuldenkrise in der Eurozone nachhaltig zu überwinden. Vor allem in den Krisenstaaten müssten jetzt umgehend Arbeitsmärkte, öffentliche Dienste, Steuer- und Sozialsysteme reformiert, geschlossene Sektoren liberalisiert und Staatsunternehmen privatisiert werden.

Auf teure und nutzlose Konjunkturprogramme verzichten
In einer Erklärung sprachen sich die Staats- und Regierungschefs für stärkere Anstrengungen zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung aus. Schwerpunkte sollen dabei die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, die Vollendung des Binnenmarktes sowie die Unterstützung von KMU sein. Es ist richtig, dass ein starkes Wirtschaftswachstum eine wesentliche Voraussetzung zur Überwindung der aktuellen Krise ist. Nach Auffassung des BDI entsteht nachhaltiges Wachstum allerdings nicht durch teure und nutzlose Konjunkturprogramme, sondern durch Strukturreformen sowie ausgeglichene Haushalte.
Auf europäischer Ebene müssten insbesondere die Europäische Kommission und das Europäische Parlament ab sofort auf wachstumshemmende Gesetzgebung verzichten, fordert der BDI. Insbesondere in den Bereichen der Klima-, Energie- und Sozialpolitik sowie bei Sammelklagen dürfe es kein Business-as-usual geben. Sonst bestünde die Gefahr, dass wachstumsfördernde Maßnahmen der Mitgliedstaaten durch EU-Gesetzgebung konterkariert werden.

EU-Schuldenregeln müssen sich in der Praxis beweisen
Der vereinbarte Fiskalpakt sieht vor, dass die Haushalte der Mitgliedstaaten nur noch ein strukturelles Defizit in Höhe von maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beinhalten dürfen. Staaten mit einer Gesamtverschuldung von über 60 Prozent müssen diese um mindestens ein Zwanzigstel pro Jahr abbauen. Außerdem sollen alle Mitgliedstaaten Schuldenbremsen in nationales Recht integrieren, vorzugsweise in ihre Verfassungen. Großbritannien und die Tschechische Republik werden nicht am Fiskalpakt teilnehmen. Es ist unklar, ob in Irland ein Referendum zur Ratifikation des Vertrags erforderlich sein wird. In Frankreich wird der Vertrag erst nach den Präsidentschaftswahlen ratifiziert werden können. Der sozialistische Präsidentschaftskandidat Francois Hollande kündigte bereits seinen Widerstand gegen den vereinbarten Vertragstext an.
Die deutsche Industrie sieht in dem vereinbarten Fiskalpakt einen weiteren Schritt in Richtung von finanzpolitischer Stabilität im Euroraum. Allerdings müssen verschärfte EU-Schuldenregeln sowie nationale Schuldenbremsen sich erst noch in der Praxis beweisen. Auf absehbare Zeit werden daher Anleihemärkte weiterhin eine wichtige Funktion bei der Durchsetzung von Haushaltsdisziplin wahrnehmen.