BDI: Moderne Industriepolitik für Europa
Nach der Wirtschaftskrise haben die Europäische Kommission und das Europäische Parlament einmal mehr erkannt: Die ehrgeizigen Wachstums- und Beschäftigungsziele der »Europa 2020«-Strategie erreichen die Mitglieder nur mit einer starken, innovativen und wettbewerbsfähigen Industrie. Die Kommission plant, am 27.Oktober eine Mitteilung zur EU-Industriepolitik zu verabschieden. Das Parlament will zu Beginn des Jahres 2011 einen Initiativbericht zur Industriepolitik veröffentlichen.
Aus Sicht der Wirtschaft sind zwei Punkte der neuen EU-Industriepolitik besonders wichtig: Die EU-Industriepolitik muss sich am Leitbild der sozialen Marktwirtschaft orientieren. Das heißt: Aufgabe der Politik ist es, für die Wirtschaft die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Konkrete Investitionsentscheidungen in puncto Standorte, Produkte oder Forschung müssen bei den Unternehmen bleiben. Staatliche Stellen dürfen sich nicht einmischen.
Für klassische Industriepolitik, mit welcher der Staat bestimmte Branchen oder Betriebe willkürlich fördert, ist im heutigen Europa kein Platz mehr. Die Politik sollte insgesamt staatliche Regulierung auf das Niveau zurückfahren, das tatsächlich erforderlich ist. Grundsätze wie Vertragsfreiheit und Privatautonomie müssen in der EU-Rechtsetzung die zentrale Rolle spielen.
Eine erfolgreiche Industriepolitik benötigt zudem eine enge Abstimmung zwischen allen zuständigen Ressorts. Industriepolitik darf sich nicht nur auf die klassische Wirtschaftspolitik beschränken: Sie muss ebenfalls die Umwelt-, Klima-, Verbraucher-, Forschungs- oder Verkehrspolitik umfassen, die große Auswirkungen auf die Industrie haben.
Die Durchsetzung eines unverfälschten Wettbewerbs im Binnenmarkt hat in einer marktwirtschaftlichen Industriepolitik eine wichtige Rolle. Europa darf Restrukturierungs- und Rettungsbeihilfen nur in engen Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen gewähren. Staatliche Unterstützung für nahezu oder faktisch bankrotte Betriebe gefährden Arbeitsplätze bei gesunden Wettbewerbern – und sie verlangsamen den erforderlichen Strukturwandel.
Eine Differenzierung der Wirtschaft in grüne und in weniger grüne Branchen lehnt der BDI als willkürlich ab. Eine Bevorzugung grüner oder innovativer Produkte im EU-Vergaberecht oder bei Zöllen kommt daher nicht in Frage. Stattdessen sollte Europa darauf setzen, sämtliche Branchen nachhaltiger zu machen.
Siehe auch BDI Positionspaper für eine moderne EU-Industriepolitik.