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Institutionen & Zukunftsdebatte

Bertelsmann Stiftung | Große Mehrheit der Deutschen setzt auf Innovationen und technischen Fortschritt

Rund zwei Drittel der Bundesbürger:innen erwarten in den kommenden 15 Jahren positive Auswirkungen durch Innovationen und technologischen Fortschritt auf ihr Leben. Insbesondere in den Bereichen Mobilität, Energieversorgung und im Kampf gegen den Klimawandel. Damit sind die Deutschen nicht so fortschrittsskeptisch wie oft unterstellt wird. Mit der Corona-Krise ist zudem der Wunsch nach mehr Innovationsförderung im Gesundheitswesen, der Pflege und im Bildungssektor spürbar gewachsen.

Die Bundesbürger:innen stehen Innovationen und technolo­gischem Fortschritt positiver gegenüber als oftmals dargestellt. So erwarten 65 Prozent der Deutschen in den kommenden 15 Jahren positive Auswirkungen durch Innovationen und technologischen Fortschritt auf ihr Leben, während nur ein Fünftel eher negative Zukunftser­wartungen hat. Damit erweisen sich die Deutschen nicht weniger innovationsfreundlich als ihre europäischen Nachbarn. Viele erkennen dabei die starke internationale Konkurrenz und eine deutliche Mehrheit wünscht sich mehr Zusammenarbeit der EU-Staaten. Dies zeigt eine repräsentative, europaweite eupinions-Umfrage der Bertelsmann Stiftung unter rund 12.000 EU-Bür­ger:innen.

Positive Erwartungen bei Mobilität und Transport; Skepsis beim Datenschutz

Die mit Innovationen verknüpften positiven Erwartungen der Deutschen richten sich dabei vor allem auf fünf Themenfelder. Auf die Frage, in welchen Bereichen in den kommenden 15 Jahren Fortschritte oder positive Entwicklungen durch technologische Innovationen zu erwar­ten seien, benennen 50 Prozent der Bundesbürger:innen den Bereich Mobilität und Trans­port sowie 33 Prozent die Energieversorgung. 31 Prozent rechnen mit Fortschritten im Ge­sundheitswesen und der Pflege, 28 Prozent beim Umweltschutz und im Kampf gegen den Klimawandel sowie 26 Prozent im Bildungssektor. Eine eher deutsche Besonderheit ist da­gegen das hohe Maß an Sensibilität für den Datenschutz. 45 Prozent der Deutschen erwar­ten diesbezüglich negative Effekte durch fortschreitende Technologie und Digitalisierung. Diese Sorge steht bei den möglichen Bedenken hierzulande an erster Stelle und ist deutlich stärker ausgeprägt als im europäischen Durchschnitt (36 Prozent). Weitere tendenziell nega­tive Effekte sehen 41 Prozent der Deutschen für die Schaffung oder den Erhalt von Arbeits­plätzen.

Corona-Krise führt zu neuen Prioritäten

Durch die Corona-Krise hat sich zudem der explizite Wunsch nach einer gezielten Förderung von Innovationen in bestimmten Bereichen deutlich verstärkt. Im Vergleich zum Meinungsbild vor der Krise (Sommer 2019) gaben beispielsweise im Sommer 2020 deutlich mehr Men­schen an, dass sie sich eine verstärkte Innovationsförderung im Bereich Gesundheitswesen und Pflege wünschen (plus 17 Prozentpunkte). Aktuell sehen 49 Prozent der Deutschen hier den höchsten Förderungsbedarf für Innovationen, gefolgt vom Bereich Umweltschutz (48 Prozent; plus 13 Prozentpunkte). Auch der Bereich Bildung hat nochmals an Relevanz in der Prioritätenzuschreibung gewonnen (30 Prozent; plus 10 Prozentpunkte).

Mehr Zusammenarbeit in Europa im Bereich Innovationsförderung gewünscht

Gleichzeitig wünscht sich eine klare Mehrheit von 63 Prozent sowohl der Bundesbür­ger:innen als auch der Europäer:innen eine stärkere Zusammenarbeit der EU-Staaten, um künftig Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Lediglich 12 Prozent der Deut­schen sind dagegen der Auffassung, dass die EU-Staaten in diesem Feld weniger kooperie­ren und verstärkt auf nationale Lösungen setzen sollten.

Brigitte Mohn, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, wertet die Befunde als ein­deutige Appelle an Politik und Wirtschaft: „Gerade im Bereich Innovation sowie der Förde­rung von Zukunftstechnologien müssen wir in Europa viel stärker kooperieren, anstatt auf na­tionale Alleingänge zu setzen. Um unsere technologische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und gleichzeitig die Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme zu befördern, braucht es ambitioniertere innovationspolitische Ziele und effizientere Umsetzungsmechanismen. In der aktuellen Krise dürfen wir zudem nicht an Investitionen in Innovation sparen; vielmehr müs­sen wir verstärkt antizyklisch investieren, um Zukunftspotenziale zu erschließen.“

Der starke Wunsch nach mehr europäischer Zusammenarbeit ist nicht zuletzt vor dem Hin­tergrund der wahrgenommenen starken globalen Konkurrenz zu interpretieren. So ist die Mehrheit der befragten Europäer:innen der Auffassung, dass Europa im Vergleich mit den USA und China bei wichtigen Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, Big Data und Blockchain weit abgeschlagen ist: Nur 11 Prozent der Europäer:innen halten die EU als Inno­vationsraum für innovativer als die USA. 37 Prozent empfinden sie auf dem gleichen Level, 52 Prozent sehen die USA vorn. Die Einschätzung der Deutschen ist dabei nur leicht positi­ver als der Durchschnitt. Noch einmal kritischer wird die europäische Innovationskraft im Ver­gleich zur Volksrepublik China bewertet. Zwar glauben 15 Prozent der Europäer:innen, der eigene Kontinent sei innovativer, 59 Prozent hingegen sehen eher China bei wichtigen Zu­kunftstechnologien vorn. Eine gleiche Leistungsstärke nehmen nur 26 Prozent als gegeben an. Die Einschätzungen der Deutschen entsprechen dabei wiederum dem europäischen Durchschnitt.

Zusatzinformationen:

Die eupinions-Befragung „Europäische Meinungsumfrage zu Innovationsbereitschaft der Bevölkerung“ wurde durch Dalia Research im Auftrag der Bertelsmann Stiftung im Herbst 2019 in 28 EU-Mitglied­staaten mit 12.263 Teilnehrmer:innen durchgeführt. Die aktuelle Bevölkerungsverteilung hin­sichtlich Alter (16–65 Jahre), Geschlecht und Region/Land wurde berücksichtigt. Im Rahmen einer Nachbefragung wurden im Juni 2020 Fragen der ursprünglichen Erhebung wiederholt, um die möglichen Auswirkungen der globalen Corona-Pandemie auf das Meinungsbild der Europäer:innen zu ermitteln.

eupinions ist eine unabhängige Plattform für europäische, öffentliche Meinung. Sie erhebt, analysiert und kommentiert Einstellungen der europäischen Öffentlichkeit zu politischen Themen und Megatrends. Vier Mal jährlich befragt sie europäische Bürger in allen EU-Staaten in 22 Sprachen. eupinions nutzt neueste Befragungsmethoden und Technologien. Die gewonnenen Erkenntnisse sind repräsentativ mit Blick auf Alter, Geschlecht, Bildung und Land/Region. eupinions ist ein Projekt der Bertelsmann Stiftung. Die Daten werden in Zusammenarbeit mit Dalia Research erhoben. Weitere Informationen: https://eupinions.eu/de/home

Die Pressemitteilung finden Sie auch auf der Website der Bertelsmann Stiftung