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Bertelsmann Stiftung schlägt neue Verschuldungsregel für Europa vor

Wachstumsorientierte Konsolidierung besser als starrer Fiskalpakt

Mit dem im März dieses Jahres von der EU beschlossenen Fiskalpakt werden vorhandene Wachstumspotenziale nicht ausgeschöpft. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung und der Prognos AG. Kritisiert werden insbesondere die beschlossenen Maßnahmen für eine europäische Schuldenbremse. Die Regelung sei langfristig zu restriktiv, kurzfristig zu lax und würde länderspezifische Gegebenheiten nicht berücksichtigen.
"Unser Vorschlag für eine neue Verschuldungsregel (Maastricht 2.0) ist deutlich wachstumsfreundlicher als es die Schuldenbremse im Fiskalpakt zulässt. Davon profitieren alle europäischen Länder", sagte Aart De Geus, neuer Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Studie.
"Nach unserer Formel können bis zum Jahr 2030 reale Wachstumsgewinne in Höhe von rund 450 Milliarden Euro erzielt werden." Für den Schuldenstand vieler europäischer Länder könnte dieser Wachstumsvorteil von großer Bedeutung sein. So könnten mit dem Betrag von 450 Milliarden Euro zum Beispiel die heutigen Staatsschulden von Griechenland, Portugal, Irland und Spanien wieder auf ein Niveau von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebracht werden.
Die neue Verschuldungsregel "Maastricht 2.0" von Bertelsmann Stiftung und Prognos AG räumt hochverschuldeten Staaten mittel- und langfristig größere Handlungsspielräume ein als die europäische Schuldenbremse. Damit Staaten wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien oder Irland einen tragfähigen Schuldenstand erreichen können, müssen sie in den ersten Jahren jedoch größere Sparanstrengungen unternehmen.
Dass so etwas möglich ist, hat Schweden bewiesen. 1993 lag das öffentliche Finanzierungsdefizit dort nach einer schweren Wirtschaftskrise bei über 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Durch Ausgabensenkungen und Steuererhöhungen konnte es in kurzer Zeit drastisch reduziert werden. 1997 lag die Defizitquote nur noch bei rund 1,5 Prozent des BIP, und in den Folgejahren wurden sogar Budgetüberschüsse erwirtschaftet. "Eine rasche Konsolidierung ist also möglich. Sie muss jedoch politisch gewollt sein", sagte De Geus.