BertelsmannStiftung: Vive l’Europe! Vive l’Union!
Der 50. Geburtstag des Elysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich ist eine gute Gelegenheit, stolz Bilanz zu ziehen. Ihre Zusammenarbeit hat bewiesen: Unterschiede hemmen nicht zwangsläufig, sie schaffen auch viel produktive Energie, und eine immer engere Union führt mitnichten zu Konformismus. Nun gilt es zusammen ehrgeizig für ein besseres Europa zu arbeiten. Aber wie?
Droht die Europäische Union an wachsender Ungleichheit zu scheitern? Der Sozialbericht der Brüsseler Kommission für das Jahr 2012 kündet von einer wachsenden Kluft zwischen Nord und Süd, Jung und Alt, Gläubigern und
Schuldnern. Und das in einer Union, die sich eine „in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt“ in ihre Verträge geschrieben hat (Art. 3.3 EUV). Ideal und Wirklichkeit aus jener wachsenden Kluft zu befreien und wieder einander anzunähern – wäre das nicht die große, gemeinsame und
europäische Herausforderung für Deutschland und Frankreich zum 50. Jahrestag des Elysée-Vertrages?
Europa ist das Parkett, auf dem sich das viel zitierte deutsch-französische Paar beweisen muss. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie prägte den Weg zum Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 ebenso wie seinen Geist, seine Buchstaben und seine seither fünfzigjährige Geschichte. Am Anfang stand im Mittelpunkt der französisch-(west)deutschen Zusammenarbeit die „deutsche Frage“, also die heute bei vielen fast schon vergessene Frage nach der Rolle des erst besiegten, dann geteilten Deutschlands im Europa des Kalten Krieges.