BVI sieht Fortschritte beim Verbraucherschutz und mahnt zu Aufsicht mit Augenmaß
Der deutsche Fondsverband BVI bewertet aktuelle Weichenstellungen für neue EU-weite Regeln zum Verbraucherschutz überwiegend positiv. Das gilt insbesondere für die EU-Verordnung zu PRIPs (Packaged Retail Investment Products), die künftig einheitliche Anlegerinformationen für Investmentfonds und andere Anlageprodukte schaffen soll. Das EU-Parlament hatte sich kürzlich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, auch kapitalbildende Lebensversicherungen und Zertifikate einzubeziehen.
Der BVI sieht auch Fortschritte bei der geplanten Angleichung der Vertriebsregeln für Finanzprodukte. Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU- Parlaments (ECON) hat sich darauf geeinigt, in der Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD) künftig Interessenkonflikte und die Offenlegung von Kosten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen zu regeln. „Die jüngsten EU-Entscheidungen zu einheitlichen Anlegerinformationen und zu vergleichbaren Vertriebsregeln gehen in die richtige Richtung“, sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Richter in der Jahres-Pressekonferenz.
„Damit Verbraucher eine fundierte Entscheidung treffen können, müssen sie die Kosten der Finanzprodukte vergleichen können. Auch im Vertrieb müssen ver-
gleichbare Regeln gelten. Das schützt die Anleger unmittelbar. Außerdem wird der Wettbewerb gefördert, was ihnen mittelbar zu Gute kommt“, so Rich-
ter weiter.Sowohl PRIPs als auch IMD II sind noch nicht verabschiedet. Es liegt nun am Europäischen Rat und damit maßgeblich an der Bundesregierung, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen.
KAGB: BVI mahnt zu Aufsicht mit Augenmaß
2013 stand für die deutsche Fondsbranche im Zeichen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), das im Juli in Kraft getreten ist. „Das KAGB ist unter dem Strich ein gelungenes Grundgesetz für die gesamte Fondsbranche“, so Richters Fazit. Die Regeln des alten Investmentgesetzes wurden weitestgehend übernommen und der graue Kapitalmarkt in großen Teilen reguliert. Die deutsche Fondsbranche ist von der AIFM-Richtlinie im europäischen Vergleich überdurchschnittlich betroffen. Gemessen am Volumen gelten EU-weit im Schnitt nur 30 Prozent der Fonds als Alternative Investmentfonds. In Deutschland sind es dagegen 80 Prozent. Obwohl die Fondsgesellschaften bereits nach altem Recht zugelassen waren, müssen sie nun erneut Zulassungen beantragen. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass für alle Spe zialfonds komplette Anlagebedingungen und zahlreiche weitere Dokumente eingereicht werden. Das bedeutet einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Thomas Richter: „Für das Tagesgeschäft der Fondsgesellschaften spielt jetzt die Aufsichtspraxis die entscheidende Rolle. Angesichts des Umstandes, dass die AIFM-Richtlinie ursprünglich Hedgefonds und Private Equity Fonds regulieren sollte und nicht Spezialfonds, sollte die Aufsicht unbürokratisch und praxisorientiert handeln.“
Finanztransaktionssteuer widerspricht dem Verbraucherschutz
Als schädlich für die Verbraucher bewertet der BVI die Finanztransaktionssteuer. Thomas Richter: „Es bleibt schleierhaft, wie die Finanztransaktionssteuer gestaltet werden soll, ohne Kleinsparer, Realwirtschaft und Altersvorsorge zu belasten. Wer den Verbraucher wirklich schützen will, darf ihn nicht mit neuen Kosten und Steuern belasten, schon gar nicht bei den aktuell niedrigen Zinsen.“
Private und betriebliche Altersversorgung stärken
Die große Koalition belastet die gesetzliche Rente mit Mehrkosten von rund 160 Mrd. Euro bis 2030. Während das Fundament der gesetzlichen Rentebröckelt, bleibt der Anteil der geförderten privaten Altersvorsorge (pAV) und der betrieblichen Altersversorgung (bAV) am Ruhestandseinkommen auf niedrigem Niveau. Dabei liegt der Anteil der bAV derzeit bei lediglich 6 Prozent, während drei Viertel auf die gesetzliche Rente entfallen. Um die negativen Auswirkungen der Demografie auf die gesetzliche Rentenentwicklung abzufedern, plädiert der BVI für eine stärkere Förderung der pAV und der bAV:
- Keine Anrechnung auf die Grundsicherung:
Leistungen aus der geförderten pAV und bAV sollten im Alter nicht mit der Grundsicherung (entsprechend „Hartz IV“-Satz) verrechnet werden. Damit würde auch bei niedrigen Einkommensgruppen die Bereitschaft steigen, zusätzlich für das Alter vorzusorgen.
- Riester-Förderung dynamisieren:
Um das Riester-Sparen attraktiver zu machen, sollte der förderfähige Höchstbetrag 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung betragen.
- Riester auch für Selbstständige:
Angesichts immer unsteterer Erwerbsbiographien sollten auch Selbstständige riestern dürfen. Viele sogenannte „Solo-Selbstständige“ haben erhebliche Lücken in der Altersvorsorge.
- Opting out in der bAV:
Rund 40 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben bis heute keinerlei Anwartschaft auf Betriebsrente. Förderlich wäre deshalb ein sogenanntes Opting Out: Jeder neu eingestellte Arbeitnehmer erhält automatisch eine betriebliche Altersversorgung, es sei denn, er spricht sich dagegen aus. Die USA und die Niederlande haben damit gute Erfahrungen gemacht. In England wird seit Oktober 2012 ein Opting Out stufenweise eingeführt. Eine solche Lösung können auch die Tarifparteien vereinbaren
Investmentfonds bergen keine systemischen Risiken
Der Finanzstabilitätsrat (FSB) hat Kriterien zur Identifizierung systemisch wichtiger Finanzinstitutionen außerhalb der Banken- und Versicherungswirt-
schaft entwickelt. Er vermutet auch in der Investmentbranche systemische Risiken, sobald einzelne Fonds die Schwelle von 100 Mrd. US-Dollar über-
schreiten. Der BVI beurteilt das Papier des FSB kritisch, denn weder Investmentfonds noch die Fondsgesellschaften bergen systemische Risiken.
Fällt eine Investmentgesellschaft aus, entstehen keine Kontrahentenrisiken oder gar Kettenreaktionen. Fondsgesellschaften handeln nämlich nicht auf
eigene Rechnung, sondern als Treuhänder. Die Vermögensgegenstände der Kunden werden getrennt vom Vermögen der Fondsgesellschaft bei Depot-
banken verwahrt. Beim Ausfall einer Fondsgesellschaft wäre das Vermögender Kunden nicht betroffen. Zudem sind sowohl die Fondsgesellschaften als
auch ihre Produkte bereits streng reguliert