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  • 20.10.2011 - 14:13 GMT
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Wirtschaft & Finanzen

BVR: EU-Kommission sollte Bogen der MiFID-Regulierung nicht überspannen

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) setzt sich für Markttransparenz und Anlegerschutz ein, ist aber besorgt, dass die heute von der Europäischen Kommission vorgelegte Revision der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID das dezentrale, anlegergerechte Dienstleistungsangebot von Genossenschaftsbanken und Sparkassen gefährdet.

Der Verband ruft dazu auf, die Anlageberatung und das Wertpapiergeschäft nicht in ihrer Existenz zu bedrohen. Nur vier Jahre nach dem Inkrafttreten der MiFID legte die Kommission mit MiFID II und MiFIR am Donnerstag eine weitreichende Revision der Richtlinie vor, die vorsieht, provisionsbasierte Anlageberatung offenzulegen.
Die pauschale Klassifizierung dieser Anlageberatung als „abhängig“ lässt jedoch den Bezug zur Praxis vermissen, kritisiert der BVR. Damit werde der Großteil der Anlageberatung unzutreffenderweise mit dem Stempel der Abhängigkeit versehen, obwohl die Anlageberatung auch laut gesetzlicher Vorschrift mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des  Kunden zu erbringen ist. Die geplante Neuregelung führe zu Wettbewerbsnachteilen, so der BVR, und übersehe, dass es die Anleger selbst sind, die bestimmen, ob sie Anlageberatung auf Honorar- oder Provisionsbasis wünschen. Bislang entschieden sich die Anleger in verschwindend geringem Umfang für Honorarberatung.
Über den sachlichen Regelungszweck einer Richtlinie, die sich mit Finanzinstrumenten und –märkten beschäftigt, deutlich hinaus gehen die vorgesehenen Vorgaben zur Besetzung gesellschaftsrechtlicher Organe wie Vorstand und Aufsichtsrat nach Gesichtspunkten wie Geschlecht, Alter, Bildung, Beruf und Herkunft. Nach Auffassung des BVR sollten die Genossenschaftsbanken über die Zusammensetzung ihres Vorstands und Aufsichtsrats gemäß Genossenschaftsgesetz entscheiden können.
Für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Privatkunden
sowie in den Wettbewerb hält der BVR die geplante Aufzeichnung von
Telefongesprächen im Zusammenhang mit der Ordererteilung. Orders von
Privatkunden führten weder zu Marktmanipulationen, noch diene eine
Sprachaufzeichnung dem Anlegerschutz.
Missverständnisse bei der Ordererteilung seien, so der BVR, äußerst selten und würden einvernehmlich zwischen dem Institut und dem Kunden geklärt. Außerdem könne eine solche Maßnahme die Genossenschaftsbanken und  Sparkassen im Wertpapierbereich zur Aufgabe ihres bewährten Geschäftsmodells der größtmöglichen Kundennähe oder aber zu Millioneninvestitionen zwingen, die durch eine Installation von Sprachaufzeichnungsgeräten an jedem Beraterplatz entstehen.