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EU-Erweiterung, Außen- & Sicherheitspolitik, Europäische Wertegemeinschaft

cep | „Eine interessante Alternative“: Julien Thorel kommentiert die Präsidentschaftsambitionen von Michel Barnier

Julien Thorel, Direktor am Centre de Politique Européenne (cep) in Paris:

„Michel Barnier will nach zwölf Jahren im Dienst der EU – als Mitglied des EU-Parlaments, EU-Kommissar und zuletzt Brexit-Chefunterhändler – wieder seinem Vaterland Frankreich dienen. Nach tagelangen Gerüchten in der Presse hat er jetzt offiziell seine Präsidentschaftsambitionen gegenüber seiner „politischen Familie“ Les Républicains erklärt. Barnier, ehemals Chefdiplomat unter Präsident Jaques Chirac, tritt seit einigen Wochen immer öfter in den Medien auf. Aber hat er überhaupt eine Chance? Parteiintern verkörpert der erfahrene treue Gaullist sicherlich eine inhaltlich interessante Alternative zu den designierten Kandidaten, etwa dem Parlamentarier Bruno Retailleau oder dem Regionsvorsitzenden Xavier Bertrand. Barnier greift geschickt auf die ideologischen Wurzeln der französischen Konservativen zurück und erweitert durch seine lange EU-Erfahrung den Horizont der Partei. Doch stößt er gerade deshalb auch auf Widerstand. Denn er vertritt allein schon aufgrund seines Alters (70) und seiner langen nationalen politischen Karriere die „alteingesessene politische Klasse“. Die jedoch wurde 2017 von Emmanuel Macron weggewischt. Barnier gilt zudem als „EU-Supertechnokrat“. Dessen ungeachtet: Bis zur Präsidentschaftswahl ist es noch ein weiter Weg. Eine Prognose, ob Barnier sich parteiintern tatsächlich durchsetzen kann, ist kaum möglich. Wenn dies jedoch der Fall sein sollte, würde er sicherlich für Proeuropäer, die von Macron enttäuscht sind, eine interessante Alternative bieten. Vermutlich deshalb weigerte sich der französische Staatspräsident, Barnier 2019 zum Kommissionsvorsitzenden vorzuschlagen. Und ein weiterer Punkt darf nicht vergessen werden: Die nun erklärte Bereitschaft, sich für das Amt des französischen Präsidenten zu bewerben, birgt die Gefahr, dass Barnier Macron im Abwehrkampf gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen schaden könnte.“