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cep | Wie geht Brexit? Szenarien nach den Ankündigungen von Theresa May

Am 17. Januar 2017 hat die britische Premierministerin Theresa May in einer Rede einen 12-Punkte-Plan für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU vorgestellt. Das cep hat diese Vorschläge bewertet.

Die Brexit-Verhandlungen könnten auf ein „Modell Ukraine Plus“ hinauslaufen. Zu diesem Schluss kommen die Autoren des jüngsten cepAdhoc Urs Pötzsch und Dr. Bert Van Roosebeke. Dabei haben sie die Vorschläge der britischen Premierministerin mit Abkommen verglichen, die die EU mit anderen Staaten abgeschlossen hat. Insbesondere CETA, das Freihandelsabkommen mit Kanada, darüber hinaus die Abkommen, die der Schweiz und Norwegen Zugang zum europäischen Binnenmarkt verschaffen, sowie das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine wurden dabei in Betracht gezogen. Die Autoren glauben, dass das „Modell Ukraine Plus“ den britischen Zielen insofern am meisten entspreche, weil es eine substantielle gegenseitige Marktöffnung enthalte, aber weder die Übernahme von EU-Recht noch eine Bindung an die Rechtsprechung des EuGH vorschreibt. Außerdem sieht es keine Freizügigkeit vor und ermöglicht eigene Freihandelsabkommen mit Drittstaaten. Den vier Kernforderungen des Vereinigten Königreichs wird also Rechnung getragen.

Hintergrund:

Theresa May hatte am 17. Januar u.a. erklärt, das Vereinigte Königreich wolle künftig kein Mitglied des Binnenmarkts sein, aber „größtmöglichen Zugang“ zum Binnenmarkt erhalten. Mit dieser Relativierung scheint sie schon zum jetzigen Zeitpunkt anzuerkennen, dass das Land künftig auch durch ein umfangreiches Freihandelsabkommen keinen umfassenden Zugang zum Binnenmarkt erhalten wird, wie ihn das Vereinigte Königreich heute als Mitglied der EU hat.

Aber auch für die Unternehmen in der EU ist es von großer Bedeutung, ihrerseits einen möglichst weitgehenden Zugang zum britischen Markt zu behalten. Der Handelsbilanzüberschuss der EU gegenüber dem Vereinigten Königreich betrug 2015 knapp 80 Mrd. Euro. Er hat sich damit in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Zudem haben europäische Unternehmen umfangreiche Investitionen im Vereinigten Königreich getätigt und auch deshalb ein Interesse daran, dass die dort produzierten Güter weiterhin ungehindert im EU-Binnenmarkt verkauft werden können.

May hatte auch angekündigt, die Zahl der Migranten aus der EU zu kontrollieren und damit die Freizügigkeit faktisch abzuschaffen. Das Vereinigte Königreich hat aber selbstverständlich ein Interesse daran, auch künftig Fachkräfte aus der EU anzuwerben. Umgekehrt gilt dies ebenso für die EU. Denkbar ist deshalb, dass sich das Junktim zwischen Binnenmarktzugang und Freizügigkeit erledigt, wenn das Vereinigte Königreich eben nicht den vollen Zugang zum Binnenmarkt erhält.

cepAdhoc „Ukraine Plus“ als Modell für den Brexit – Anmerkungen zu Theresa Mays Brexit-Plan