Der Euro steht vor seinem Frühling – EBD-Vorstandsmitglied Rickes zur Zukunft der Gemeinschaftswährung
Auf einen rauen Winter folgt der Frühling des Euro, prophezeite EBD-Vorstandsmitglied Dr. Rickes beim Executive Talk „Steht der Euro vor dem Crash?“ der Frankfurt School of Finance & Management. Die Frage nach einer politischen Union, die Notwendigkeit einer regional organisierten Bankenaufsicht und die Wettbewerbsfähigkeit Europas waren zentrale Themen in Rickes Beitrag.
Der Euro stehe nicht vor dem Crash, habe aber ernsthafte Schwierigkeiten, meinte Prof. Dr. Horst Löchel, akademischer Leiter des MBA-Programms der Frankfurt School. Die schwierige Situation des Euro sah er darin begründet, dass die Gemeinschaftswährung als politisches Projekt auf dem Weg gebracht worden sei. Den Euro auf eine politische Basis zu stellen, sei naiv gewesen, da bei unabhängigen Staaten, die sich eine gemeinsame Währung teilen, Konflikte in der Wettbewerbsfähigkeit abzusehen seien. Damit der Euro weiter bestehen könne, brauche er ein ökonomisches Fundament. Deswegen könne der Euro langfristig nur überleben, wenn er aus dem politischen Projekt befreit werde.
Für Frank Hübner, US-Experte bei der Privatbank Sal Oppenheim, sei die schwierige Lage des Euro den unterschiedlichen Mentalitäten und Ausgangssituationen in den Euro-Ländern geschuldet. Seiner Ansicht nach gebe es noch kein sicheres Instrument, um fiskalpolitisches Fehlverhalten zu korrigieren. Aus diesem Grund müsse die Politik supranationale Institutionen etablieren, die stärkere politische Korrekturmechanismen ermöglichen.
Die These „Der Frühling des Euros liegt vor uns“ von Dr. Reinhold Rickes, Abteilungsdirektor Volkswirtschaft/Finanzmärkte beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), bildete den Gegenpol zu den Standpunkten seiner Vorredner. Im Gegensatz zu Löchel und Hübner erkannte Rickes eine Entspannung an den Märkten: die aktuellen wirtschaftlichen Daten insbesondere zu Wachstum, Konsolidierung und Außenhandel zeigten eine deutliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit an.
Die Frage „Welche Union wollen wir?“ könne nur mit einer politischen Union beantwortet werden. Ohne Politik gäbe es keine Währung. Aus diesem Grund gehöre zu einer Währungs- und Wirtschaftsunion auch eine politische Union, die als Prozess betrachtet werden müsse. Während Hübner sich für eine europäische Bankenaufsicht aussprach, plädierte Rickes für eine lokale und regional organisierte Aufsicht, denn wirksame Aufsicht passiere vor Ort. Es müsse ein Gleichgewicht zwischen Eigenverantwortung und Kontrolle bestehen. Wenn es Restrukturierungen auf europäischer Ebene geben solle, dann in allen Ländern, weil lokales Banking einen Stabilitätsfaktor darstelle. Hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit sei Europa verglichen mit den USA und Japan auf einem guten Weg.
Die Executive Talks sind eine bundesweite Veranstaltungsreihe der Frankfurt School of Finance & Management. Sie finden in Form von Podiumsdiskussionen, Schnuppervorlesungen und Vorträgen statt.