DGB: Arbeitsprogramm der EU-Kommission – Viel heiße Luft, wenig soziales!
Die Europäische Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2010 angenommen.
Die Kommission hat sich auf 34 strategische Prioritäten geeinigt, die vor Jahresende umgesetzt werden sollen. Des Weiteren hat sie sich auf 280 wichtige Vorschläge verständigt, die 2010 und danach erwogen werden. Das Arbeitsprogramm der Kommission soll die Weichen für umfangreiche politische Vorhaben, die die Kommission in den kommenden Jahren in Angriff nehmen will, stellen. Dabei will man sich auf vier Aktionsbereiche konzentrieren:
– Bewältigung der Krise und Bewahrung der sozialen Marktwirtschaft in Europa (Beispiele: bessere Kontrolle der öffentlichen Finanzen, Vorschläge zur Lösung der Probleme der Finanzmärkte, fünf Leitinitiativen im Rahmen des Reformprogramms Europa 2020, Schließen der Verbindungslücken in Europa und Behebung von Engpässen);
– Agenda für Bürgernähe, die den Mensch in den Mittelpunkt der EU-Maßnahmen stellt (Beispiele: Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms, Verfahrensrechte für die Bürger, Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Strafsachen, Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie, Grünbuch über die Zukunft der Renten, neue Strategie zur Erhaltung der Artenvielfalt und Reaktionsfähigkeit der EU im Katastrophenfall);
– Entwicklung einer ehrgeizigen und kohärenten außenpolitischen Agenda mit globaler
Reichweite (Beispiele: Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Handelsstrategie für Europa 2020, Steuerung des Erweiterungsprozesses, Aktionsplan im Vorfeld des Gipfels zu den Millennium-Entwicklungszielen im Jahr 2015 und weiterer
Ausbau der wichtigsten bilateralen Beziehungen);
– Modernisierung der Instrumente und Arbeitsweise der EU (Beispiele: stärkere
Inanspruchnahme der intelligenten Regulierung und Anpassung des EU-Finanzrahmens
im Dienste der politischen Prioritäten durch Überprüfung des Haushalts).
Schwerpunkte dieses ersten Arbeitsprogramms sind strategische Initiativen für 2010 und weitere Initiativen, die in den darauffolgenden Jahren in Frage kommen. Dadurch wird das Vorgehen für das Europäische Parlament und den Rat – und für alle Interessierten – berechenbar. Wenngleich der Begriff "strategisch" an vielen Stellen des Programms auftaucht, so bleibt doch nach intensiver Lektüre des Textes der Eindruck vorherrschend, das Programm sei ein Sammelsurium bunt gemischter Arbeitsvorhaben, die mehr oder weniger krampfhaft zu einer "Strategie" gebündelt wurden. Unter diesen im Anhang einzelnaufgeführten 34 strategischen Initiativen, dem eigentlichen Arbeitsprogramm für das laufende Jahr 2010, sind lediglich 10 legislative Maßnahmen enthalten. Nur eine einzige gesetzgeberische Maßnahme betrifft die Sozialpolitik: die eventuelle Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie.
Ähnlich mager fällt unter dem Blickwinkel der Sozialpolitik das über das Jahr 2010
hinausweisende Legislativprogramm aus: Angekündigt ist lediglich ein Vorschlag über die Anwendung der Entsenderichtlinie. Hingegen will die Kommission im Bereich Bildung, Kultur und Jugend offensichtlich mehr gesetzgeberische Dynamik entfalten. So stellt das Arbeitsprogramm drei jugendpolitische Initiativen in Aussicht (Vorschlag zur Reduzierung der Zahl frühzeitiger Schulabgänger, Vorschlag eines Programmes zur Förderung der Mobilität Jugendlicher 2014 -2020, Vorschlag zur Förderung der Ausbildungsmobilität Jugendlicher).
Wenngleich das Arbeitsprogramm gleich im ersten Satz der Einleitung mit großem Pathos verkündet, dass das Jahr 2010 "für die Europäische Union der Beginn einer neuen Ära" und "ein Weitermachen wie bisher (…) ausgeschlossen" sei, so klaffen der hohe Anspruch und seine in Einzelschritte zerlegte Umsetzung in den Alltag der Europäischen Union Wirklichkeit doch ziemlich weit auseinander.