DGB Klartext: Europas verlorene Generation?
Jugendzeit, unbeschwerte Zeit. Das war einmal. Für Millionen Jugendliche in Europa sieht die Gegenwart trist aus. Denn sie müssen die Folgen der Krise in Europa ausbaden. Eine Krise, die sie nicht verschuldet haben. Sie sind die ersten Leidtragenden von Massenentlassungen und Sparmaßnahmen. Hoffnung und Zuversicht sind Existenzangst und Perspektivlosigkeit gewichen.
Hunderttausend junge Menschen gehen in Madrid, Athen und Rom auf die Straße, um gegen Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung zu protestieren.
Über 5,5 Millionen Jugendliche unter 25 Jahren sind in der Europäischen Union von Arbeitslosigkeit betroffen –ein Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit von über 40 % seit 2008. In den Krisenländern ist die Lage besonders desaströs. In Italien und Portugal ist jeder Dritte arbeitslos. Noch düsterer sieht es in Griechenland und Spanien aus. Dort ist mehr als die Hälfte der Jugendlichen ohne Beschäftigung (siehe Abbildung). Für eine der wohlhabendsten Regionen der Welt ist dies ein Armutszeugnis.
Arbeitslosigkeit ist mitnichten ausschließlich ein Problem von gering qualifizierten Jugendlichen. Auch Hochschulabsolventen sind davon betroffen. Immer mehr junge AkademikerInnen suchen ihr Glück in den prosperierenden europäischen Wirtschaftszentren des Nordens. So verließen in den letzten Jahren allein 300.000 junge SpanierInnen ihr Land. Diese „Akademikerflucht" verstärkt den ökonomischen Niedergang dieser Länder.
Für diejenigen, die noch in Lohn und Brot stehen, sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse Alltag. Jugendliche sind überproportional von befristeter Arbeit, ungewollter Teilzeitarbeit und Leiharbeit betroffen. Die Ungewissheit über die zukünftigen persönlichen Einkommensverhältnisse macht eine längerfristige Lebens- und Familienplanung unmöglich.
Junge Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiographien erzielen, auch wenn sie wieder eine Anstellung finden, in der Regel ein geringeres Einkommen. Zudem ist das Risiko erneuter Arbeitslosigkeit wesentlich höher. Arbeitslosigkeit in der Gegenwart folgt somit Armut in der Zukunft.
Auch unter dem Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit ist die Jugendarbeitslosigkeit problematisch. Junge Menschen überlegen sich zweimal, ob sie ein teures Studium aufnehmen, wenn sie nicht wissen, ob sie ihre Ausbildungskosten aufgrund fehlender Perspektive zurückzahlen können. Übrig bleiben Kinder gut situierter Eltern.
Das wichtigste Kapital der Europäischen Union ist ihre Jugend. Sie bildet das gesellschaftliche und ökonomische Fundament der Zukunft. Ohne gezielte Maßnahmen droht diese junge Generation für die europäische Idee verloren zu gehen. Europa braucht ein Konjunkturprogramm für Wachstum und Beschäftigung sowie eine europäische Beschäftigungsinitiative speziell gegen Jugendarbeitslosigkeit. Damit die Jugend Europas zu keiner verlorenen Generation verkommt.