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  • 26.11.2012 - 10:16 GMT
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DGB: Steuern harmonisieren statt Rosinen für Reiche picken!

Gerade jetzt, da ganz Europa von wirtschaftlicher Rezession bedroht ist, wird jeder Steuergroschen gebraucht, um dem Absturz entgegen zu wirken. Höchste Zeit also, den unsinnigen Wettlauf um die niedrigsten Unternehmenssteuern zu beenden und das Steuerrecht der Mitgliedstaaten einvernehmlich aufeinander abzustimmen.

Erst im Oktober feierte sich die Bundesregierung dafür, dass sie durch die Verdoppelung des Verlustrücktrags für Personengesellschaften und Selbstständige auf eine Million Euro mit dem französischen Steuerrecht gleichzog. In der Gesetzesbegründung bekräftigte sie „ihren Willen zu einer Angleichung der europäischen Regelungen zur Unternehmensbesteuerung“. Die Firmen erhalten weitere Möglichkeiten, Gewinne klein zu rechnen und die Steuerlast zu minimieren. Das Steuersäckel wird jährlich um schätzungsweise 70 Millionen Euro erleichtert.

Vier Wochen später: Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes ist die Politik gefordert, eine ungleiche steuerrechtliche Behandlung im Ausland ansässiger Kapitalgesellschaften gegenüber denen mit Sitz in Deutschland zu beenden. Konkret wurde beanstandet, dass die inländischen Gesellschaften im Gegensatz zu ausländischen die Möglichkeit hätten, die auf Streubesitzdividenden (Dividenden aus Unternehmensanteilen von weniger als 10 Prozent) fällige Kapitalertragsteuer vollständig mit der Körperschaftsteuer zu verrechnen. Das bedeutet faktisch Steuerfreiheit. Damit würden nach deutschem Recht im Ausland ansässige Gesellschaften diskriminiert, was gegen die von der EU garantierte Kapitalverkehrsfreiheit verstoße. In welcher Form
die Diskriminierung zu beseitigen sei, gaben die Richter nicht vor.

Damit eröffnet sich für die Regierungskoalition eine weitere Möglichkeit zur Angleichung der europäischen Unternehmensbesteuerung. Im Gegensatz zum Oktober tut sich überdies die Chance auf, jährlich rund ein bis zwei Milliarden Euro Steuermehreinnahmen zu erzielen. Denn: In Frankreich und einigen weiteren Staaten der EU existiert keine Steuerfreiheit für Dividenden aus
Streubesitz. Deutschland müsste es diesen Staaten also einfach nur gleich tun.

Doch weit gefehlt. Der Gesetzentwurf von CDU/ CSU und FDP sieht vor, nun auch die im Ausland ansässigen Gesellschaften vollständig von der Steuer zu befreien. Statt des möglichen Steuerplus’ droht nun ein Minus von etwa einer halben Milliarde Euro im Staatshaushalt. Eine Angleichung steuerlicher Rahmenbedingungen ist für die Koalition offenbar nur dann angesagt, wenn sie
den Reichen und Konzernen noch niedrigere Steuern beschert. Im Vergleich mit anderen großen Industrienationen zeigt sich aber, dass das Gegenteil nötig ist.
Denn Deutschland besteuert die Gewinne hiesiger Unternehmen unterdurch-schnittlich (vgl. Grafik).