DGB zur EZB-Zinserhöhung: Zweite Kollektivstrafe für gesamte Eurozone
„Mit der erneuten Erhöhung des Leitzinssatzes um weitere 0,25 auf 1,5 Prozent befindet sich die EZB weiterhin auf dem geldpolitischen Holzweg“, erklärte Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied, am Donnerstag in Berlin zur Erhöhung des Leitzinssatzes durch die Europäischen Zentralbank (EZB)
„Die Zinserhöhung der EZB zum zweiten Mal in diesem Jahr gleicht einer zweiten Kollektivstrafe für die gesamte Eurozone. Mit der erneuten Erhöhung des Leitzinssatzes um weitere 0,25 auf 1,5 Prozent befindet sich die EZB weiterhin auf dem geldpolitischen Holzweg. Der EZB fehlt jegliches konjunkturpolitisches Gespür für die makroökonomischen Folgen ihrer Zinspolitik. Bereits ohne diese Zinserhöhung befinden sich die Krisenländer wie Griechenland und Portugal am ökonomischen, sozialen und politischen Abgrund. Ihre Lage wird sich mit dem heutigen Zinsschritt weiter verschärfen. Angesichts der stagnierenden bis rezessiven Wachstumsperspektiven in den meisten Krisenländern ist die heutige Zinserhöhung grob fahrlässig.
Abgesehen davon: Das Ziel, die Inflation unter zwei Prozent zu drücken, dürfte kaum erreicht werden. Auch die letzte Zinserhöhung im April verfehlte ihr Ziel. Die Inflationsrate stagnierte im Juni weiterhin bei 2,7 Prozent. Denn die Öl- und Nahrungsmittelpreise werden von globalen Ereignissen sowie Spekulationen nach oben getrieben, auf die die EZB kaum Einfluss hat. Letztlich bittet die EZB Regierungen, Unternehmen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Verbraucherinnen und Verbraucher kollektiv zur Kasse für eine Finanzkrise, die sie nicht verursacht haben.
Die Banken freuen sich. Denn die Verteuerung des Geldes wird das allgemeine Zinsniveau in die Höhe treiben und damit Kredite und Investitionen verteuern – mit allen negativen Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Die Staaten müssen für neue Staatsanleihen jetzt höhere Zinsen anbieten, um überhaupt an frisches Geld zu kommen. Denn ein höherer Leitzinssatz steigert die Zinserwartungen der Anleger.
Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sollen sich offenbar auf weitere Ausgabenkürzungen einstellen. Konkret heißt das: Der Druck auf Kürzungen bei öffentlichen Angeboten, Dienstleistungen und sozialen Transfers steigt. Dabei sind die Möglichkeiten für Ausgabenkürzungen in Krisenländern wie Griechenland oder Portugal, die bereits sehr hohe Zinsen auf ihre Staatsanleihen zahlen müssen, längst ausgereizt. Das öffentliche Eigentum wird auf Wunsch der Troika aus EU, EZB und IWF schon verscherbelt. Diese Staaten werden jetzt neue Schulden aufnehmen müssen, um die Mehrbelastungen zu finanzieren, die die Zinserhöhungen der EZB verursachen. Damit geraten sie noch tiefer in die Schuldenfalle. Fazit: Die EZB hat mit der heutigen Zinserhöhung die Krise in der Eurozone zusätzlich verschärft."