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Europakommunikation

EBD Dialog | Die EU-Türkei Beziehungen in Zeiten der Flüchtlingskrise

Die EU-Türkei Beziehungen zeichneten sich bisher nicht durch Stabilität aus. Gegenseitige Annäherungen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder unterbrochen, und so bleibt der ewige Anwärter auf EU-Mitgliedschaft vorerst weiterhin vor den Toren Europas zurückgehalten. Die anhaltende Flüchtlingskrise und der erhöhte Migrationsdruck auf die EU scheint das Verhältnis und gegenseitige Abhängigkeiten jedoch zu verändern.

Der heutige EBD Dialog bietet die Möglichkeit, bestehende Fragen zum Thema EU- Türkei Beziehungen in Zeiten der Flüchtlingskrise zu thematisieren, die Inhalte der EU-Türkei-Erklärung sowie die Durchführung der Maßnahmen zu diskutieren und Kritik zu üben – aus türkischer, europäischer, deutscher und zivilgesellschaftlicher Sicht.

Die gemeinsame Strategie über die Rückführung irregulärer Migranten aus Griechenland zurück in die Türkei und damit die gleichzeitige Überführung eines bereits registrierten Syrers in die EU, ist verbunden mit einer Verpflichtung seitens der Türkei, Fluchtrouten über See und Land zu kontrollieren und einzudämmen. Die zweite Komponente dieses, von starker Kooperation geprägten Abkommens, stellt zusätzlich einen Türöffner für die Wiederaufnahme der Beitrittsverhandlungen mit „Europas Türsteher“ dar. Außerdem beinhaltet es die Beschleunigung der Visaliberalisierung für Türkeistämmige in die EU.

Die nicht unumstrittene EU-Türkei Erklärung vom 18. März wirft dabei noch viele Fragen auf. Ist der EU-Türkei-Deal wirklich eine gemeinsame Lösung oder wird die Flüchtlingsproblematik vielmehr verlagert? Welche Auswirkungen hat die Erklärung auf die Zustände in den Hot-Spots in Griechenland? Sind im Vorfeld des „Tauschgeschäfts“ alle erforderlichen Schutzmaßnahmen für die betroffenen Menschen garantiert worden? Oder schlicht gefragt: Werden die Menschenrechte eingehalten?

Auch die EBD Mitgliedsorganisationen äußerten sich diesbezüglich kritisch. So zog die Friedrich-Naumann-Stiftung nach Abschluss des Deals Bilanz und stellt die Frage: Ist der EU-Türkei- Flüchtlingsdeal mehr Schein als Sein? Damit zweifelt die Stiftung an der Effektivität des Abkommens, die Zahl eintreffender Migranten in Europa zu verringern. Die FREIEN WÄHLER bezeichnen den Deal als Gefahr für das europäische Wertefundament. Eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei müsse zwar weiterhin forciert werden, jedoch sollten in der Migrationspolitik andere Schwerpunkte gelegt werden. Finanzhilfen sollten vielmehr einer lückenlosen Finanzierung der UN-Flüchtlingsorganisationen zu gute kommen. Vor allem die chronische Unterfinanzierung an dieser Stelle sei mitverantwortlich für das dramatische Anschwellen des Flüchtlingsstroms.

Zusätzlich im Visier der Kritiker steht die eingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei. Weniger ein Flüchtlingsproblem sondern mehr als eine Debatte über europäische Werte in der Außenpolitik, beeinflusst Erdoğans Forderung nach Zensur des extra3 Satirebeitrags die EU-Türkei Beziehungen und das gegenseitige Vertrauen negativ. Auch die FREIEN WÄHLER prangern den türkischen Zensur-Eifer an, der bereits Teil türkischer Außenpolitik werde und nach Europa ausstrahle.

Aufgrund dieser allgemeinen Aufregung um die Böhmermann-Satire, ist es EBD-Präsident Dr. Rainer Wend ein Anliegen, die Diskussion zu versachlichen. „Es ist die Stunde des coolen Dialogs und der Sachlösung.“ Im Vorfeld der Veranstaltung veröffentlicht Herr Dr. Wend deshalb einen Europapolitischen Einwurf.

Neben allen Kritikpunkten gilt die Türkei jedoch, als eines der stärksten Aufnahmeländer von Flüchtlingen. Bis heute hat das Land bereits 2,5 Millionen Menschen beherbergt. Damit stellt die Türkei einen maßgeblichen Partner in der Flüchtlingspolitik für die EU dar. Aufgrund dieses ausgeprägten, türkischen Engagements wird ein Fortschritt in der Bewältigung des Migrationsdrucks mit dem erfahrenen Aufnahmeland erhofft. Daher proklamiert die Bundesregierung das kürzlich vereinbarte Abkommen vom 18. März als „historische Erklärung“.

Über die aktuellen Entwicklungen rund um den EU-Türkei-Deal informieren und debattieren S.E. Hüseyin Avni Karslıoğlu, der außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter der Republik Türkei in Deutschland, Beate Grzeski, Leiterin Koordinierungsstab Flucht und Migration des Auswärtiges Amts und Richard Nikolaus Kühnel, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland. In bewährter Praxis erwarten wir einen kritischen Erstkommentar aus dem Vorstand durch Frank Burgdörfer. EBD-Präsident Dr. Rainer Wend übernimmt die Moderation des EBD Dialogs.

Mit Blick auf die aktuelle Debatte zur europäischen Flüchtlingspolitik sind sich die EBD-Mitgliedsorganisationen in den Politischen Forderungen der EBD einig: „Neue Antworten auf die drängenden Fragen und Probleme beim Thema Flucht, Asyl und Migration können in Europa nur gemeinsam und solidarisch erarbeitet werden.“ Die EBD fordert die Europäische Union und ihre Institutionen zudem dazu auf, sich stärker für die Wahrung der europäischen Werte bei ihren politischen Entscheidungen einzusetzen.

Aktuelles von unseren Mitgliedsorganisationen zu den Themen des EBD Dialogs finden Sie in den Nachrichtenrubriken Europäische Wertegemeinschaft sowie Institutionen & Zukunftsdebatte bzw. unter den Nachrichtenschlagworten Migration, Flüchtlingspolitik und Asyl.

Zu verfolgen ist der EBD-Dialog auf Twitter unter dem Hashtag #EBDDialog.