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Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaft & Finanzen

DIHK | Asien im EU-Fokus: Handelspakt mit Singapur

Fast zehn Jahre nach Verhandlungsstart ist das EU-Singapur-Handelsabkommen Ende November in Kraft getreten. Deutsche Unternehmen können damit das erste EU-Abkommen mit einem Staat der dynamischen Wachstumsregion ASEAN in Südostasien nutzen. Immerhin ist Singapur mit einem Handelsvolumen von knapp 15 Milliarden Euro der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der Region – und damit vergleichbar mit Kanada. In Zeiten zunehmender internationaler Handelskonflikte und einer Erosion der Welthandelsregeln ist das neue Abkommen ein wichtiges Zeichen für regelbasierten Handel und fairen Wettbewerb. Was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft konkret?

Abkommen bietet große Chancen

Weltweit macht zunehmender Protektionismus den auslandsaktiven deutschen Unternehmen zu schaffen. Eine ambitionierte europäische Handelspolitik, die für wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen sorgt, ist Grundvoraussetzung, um auch in Zukunft erfolgreich international tätig sein zu können. Das EU-Singapur-Abkommen setzt hierfür die richtigen Akzente: Es wird im Laufe der nächsten Jahre alle verbleibenden Zölle auf beiden Seiten abschaffen, den Dienstleistungshandel erleichtern, den Zugang zu Beschaffungsmärkten garantieren, sowie die regulatorische Kooperation vereinfachen. Neue Chancen liegen insbesondere in den Bereichen Telekommunikation, Umweltdienstleistungen, Ingenieurwesen, Informatik und Seeverkehr. Die Anerkennung von EU-Textilkennzeichnungen sowie von EU-Sicherheitsprüfungen für Kraftfahrzeuge und Elektronikgeräte vereinfachen den Handel. Was noch ansteht, ist die Ratifizierung des ebenfalls ausgehandelten EU-Singapur-Investitionsschutzabkommens. Es beinhaltet ein reformiertes Streitbeilegungsverfahren und soll bilaterale Investitionsschutzabkommen von zwölf EU-Mitgliedstaaten ersetzen. Die gegenseitigen Investitionsbestände summierten sich 2017 auf 344 Milliarden Euro. Mehr als 10.000 EU-Unternehmen – davon 1.600 aus Deutschland – haben in Singapur eine Niederlassung, die als Drehscheibe für Asien dient.

EU sollte Führungsrolle in Asien übernehmen

Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wäre es wichtig, dass die EU mit weiteren Partnern der Region und insbesondere der ASEAN-Länder nachzieht. Denn dort herrscht große Betriebsamkeit: Anfang 2019 ist die Transpazifische Partnerschaft trotz US-Ausstieg in Kraft getreten. Im November 2019 gelang zudem der Durchbruch bei den Verhandlungen des Freihandelsprojekts Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), das neben den ASEAN-Mitgliedern unter anderem China und Südkorea einbezieht. Diese Abkommen sollte die EU als Ansporn nehmen, um die Handelsbeziehungen in Südostasien zu intensivieren. Mittelfristiges Ziel wäre ein umfassendes EU-Abkommen mit allen ASEAN-Staaten. Das Abkommen mit Vietnam sollte Anfang 2020 rasch ratifiziert und für Unternehmen nutzbar gemacht werden. Außerdem wäre es wünschenswert, wenn die neue EU-Kommission die Verhandlungen mit Indonesien und den Philippinen ehrgeizig vorantriebe. Schließlich wäre eine Wiederaufnahme der Gespräche über Abkommen mit Malaysia und Thailand ein bedeutender Schritt, damit Europa in Südostasien nicht ins handelspolitische Hintertreffen gerät.

Implementierung ist für Unternehmen entscheidend

Freihandelsabkommen müssen sich im täglichen Geschäft beweisen. In einigen Abkommen sind die Regelungen allerdings so komplex, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sie kaum nutzen können. Ganz oben auf die To-do-Liste der EU gehört daher die Unterstützung des Mittelstandes bei der Umsetzung von Freihandelsabkommen. Denn obwohl Unternehmen immer internationaler denken, ist die Lücke zwischen den KMU, die internationale Geschäfte theoretisch tätigen könnten, und denen, die tatsächlich exportieren, weiterhin groß. Die EU muss deshalb für unternehmensnahe Abkommen sorgen – insbesondere durch einfache und einheitliche Regeln für den Warenursprung und für die Ausfertigung von Ursprungsnachweisen. Durch eine mittelstandsfreundliche Ausrichtung und Fortentwicklung der EU-ASEAN-Handelsbeziehungen kann die EU von den großen Potenzialen der Region profitieren.

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