DIHK | Bericht aus Brüssel: Europa in den Wahlprogrammen – mehr als eine Fußnote?
Europa in den Wahlprogrammen – mehr als eine Fußnote?
Zumindest beim digitalen Binnenmarkt gibt es Konsens
Wie auch immer die Bundestagswahl ausgeht, Europa hat sie nicht entschieden. Zwischen CDU und SPD waren die Wahlaussagen zu Europa nahezu identisch – jedenfalls hinsichtlich der hohen Wertschätzung des europäischen Einigungsprozesses. Bei den Parteien im Verfolgerfeld driften die Meinungen zwar auseinander, aber verwundern kann das nicht: die FDP will ein liberaleres Europa, die Linken ein sozialeres Europa, die Grünen ein grüneres Europa und die AFD ein Europa, das sich auf die Sicherung der Außengrenzen konzentriert. Kaum zu erwarten, dass Wähler sich nur wegen der europaspezifischen Forderungen anders entscheiden als mit Blick auf die nationale Politik. Das heißt nicht, dass Europa in den Wahlprogrammen der Parteien nicht vorkommt. Dabei ist die Schaffung eines digitalen Binnenmarkts halbwegs Konsens, die Kapitalmarktunion ist schon strittiger und bei der Handelspolitik gehen die Auffassungen am weitesten auseinander. Äußerst vielschichtig sind die Aussagen zur institutionellen Reform der EU. SPD, Grüne und Linke wollen das europäische Parlament stärken, insbesondere mit Blick auf die Wirtschafts- und Währungsunion. Die FDP möchte eine Aufwertung zum Vollparlament mit Initiativrecht, dafür die EU-Kommission von 28 auf 16 Kommissare verkleinern. Einigkeit von links bis rechts zeigt sich hingegen beim Thema Lobbyismus, auch die AfD möchte den „überbordenden Lobbyismus“ eindämmen.
Nun sind Wahlprogramme laut Donald Trump reine Papierverschwendung. In der Tat dürfte die Leserschaft begrenzt sein. Immerhin umfassen alle sechs Programme der etablierten Parteien insgesamt rund 225.000 Wörter. Das ist mehr als das Neue Testament hat und würde, wollte man alles lesen schätzungsweise mehr als 17 Stunden in Anspruch nehmen. Wer sich trotzdem einen Überblick verschaffen will, findet bei der Europäischen Bewegung Deutschland eine Übersicht zu den Europa betreffenden Parteipositionen.
Wie auch immer die Wahl ausgeht, die gewählten Abgeordneten müssen sich für ihren Wahlkreis einsetzen und die Interessen der Wähler vertreten. Dabei führt vielfach an Europa kein Weg vorbei, denn nationale Politik wird auch in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages immer wieder an Grenzen stoßen.
Den ausführlichen „Bericht aus Brüssel“ der DIHK können sie hier finden.