DIHK: Europäische Luftqualitätsstrategie – Best-Practice-Beispiele dringend gesucht!
Saubere Luft in ganz Europa – das will die Europäische Union (EU) bis 2020 schaffen. Im Laufe des Jahres 2010 steht die erste Inventur der europäischen Luftqualitätsstrategie „CAFE“ (Clean Air for Europe) an. Sie verfolgt das ehrgeizige Ziel, bis 2020 eine Luftqualität zu erreichen, „die keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat und keine entsprechenden Gefahren verursacht“. Doch bislang ist Europa von dem selbst gesteckten Ziel weit entfernt.
Vertragsverletzungsverfahren laufen, Fristverlängerungen heiß begehrt
Gegen zehn Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, hat die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil sie die Vorgaben der EU-Luftqualitätsrichtlinie, des Herzstücks der Luftqualitätsstrategie, nicht einhalten können. Die Richtlinie legt Grenzwerte für zwölf Luftschadstoffe fest, etwa für Ozon, Stickstoffdioxid, Feinstaub und Benzol. 19 von 27 Mitgliedstaaten – auch Deutschland – haben bislang bei der EU-Kommission um Verlängerung der Frist für die Einhaltung des Feinstaubgrenzwerts ersucht. Zahlreiche weitere Anträge auf Fristverlängerungen für Stickstoffdioxid und Benzol werden erwartet.
Wirksamkeit der Maßnahmen anhand praktischer Erfahrungen verifizieren!
Die EU-Kommission empfiehlt keine konkreten Methoden zur Senkung der Schadstoffbelastung. Lediglich die Grenzwerte, die zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt zu erreichen sind, hat sie festgelegt. Wie die Mitgliedstaaten den Kampf gegen Luftschadstoffe führen wollen, bleibt ihnen überlassen und ist entsprechend umstritten. Aus dem Jahr 2006 existiert eine Studie des österreichischen Umweltbundesamts, die verschiedene Luftreinhaltemaßnahmen aufzählt: Ökologisches Management von Baustellen, Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verkehrsbeschränkungen, Umweltzonen, die Nachrüstung von Autos mit Partikelfiltern und die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Problem: Die Mehrzahl der Maßnahmen richtet sich direkt gegen das Transportgewerbe und den Handel. Doch jenseits von Studien müssen sie vor allem den Praxistest bestehen.
Umweltzonen als gutes Beispiel?
Und da darf man einige der Empfehlungen in Zweifel ziehen. Insbesondere im Hinblick auf die Umweltzonen haben zahlreiche europäische Mitgliedstaaten wenig ermutigende Erfahrungswerte gesammelt. Außer in Deutschland bestehen in Dänemark, Großbritannien, Italien, in den Niederlanden, in Schweden und Tschechien Umweltzonen. Bis auf Schweden können jedoch sämtliche Mitgliedstaaten trotzdem ihre Feinstaubgrenzwerte nicht einhalten und mussten daher die Fristverlängerung beantragen. Die DIHK-Umweltzonen-Checks der Jahre 2007 bis 2009 bringen außerdem den Unmut, den die bürokratischen Umweltzonen in der Wirtschaft auslösen, zum Vorschein.
DIHK-Forderung: Best-Practice-Beispiele austauschen!
Die Erfahrungen sind gemacht, jetzt geht es um den Austausch von Informationen unter den Mitgliedstaaten. Dringend gesucht sind Best-Practice-Beispiele aus ganz Europa auf der Basis verlässlicher Messwerte. Kriterien für die Auswahl der Beispiele müssen die Effektivität der Maßnahmen und ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen sein. Maßnahmen dürfen nicht mehr „auf gut Glück“ ergriffen werden, ohne ihre Auswirkungen realistisch abschätzen zu können. Denn teure und ineffektive Maßnahmen belasten nur die Wirtschaft und die Bürger – die Luft in Europa wird davon aber nicht sauberer.