DIHK: Europas Regionen im Wettbewerb
Strukturpolitik will helfen, aber wie?
27 Mitgliedstaaten, 271 Regionen, 493 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Europas Vielfalt ist zugleich Europas Stärke im weltweiten Standortwettbewerb. Es gibt aber auch weiterhin große Unterschiede im Entwicklungsstand der einzelnen Regionen. Ein Gradmesser dafür ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen einer Region im Vergleich zum EU-Durchschnitt: Das liegt in manchen Regionen Bulgariens bei einem Viertel des EU-Durchschnitts; in „Inner London“ verdient man hingegen mehr als dreimal soviel wie im EU-Durchschnitt. Aber auch die Anbindung an Verkehrs-, Energie- und Breitbandnetze oder die Bildungs- und Forschungsinfrastruktur unterscheidet sich von Region zu Region teils erheblich. Mit der EU-Strukturpolitik will die Europäische Kommission diese Unterschiede im regionalen Entwicklungsstand verringern – und wendet dafür zwischen 2007 und 2013 rund 347 Milliarden Euro auf.
Auch Deutschland profitiert
Rund 26 Milliarden Euro davon fließen bis 2013 in verschiedene Regionen Deutschlands: Gut 16 Milliarden Euro gehen in die östlichen Bundesländer, mehr als 9 Milliarden Euro in die alten Bundesländer und rund 851 Millionen Euro in die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Aber: Die EU-Strukturpolitik ist kein Reparaturbetrieb für eine verfehlte Wirtschaftspolitik. Geld allein reicht nicht aus, um regionale Unterschiede abzubauen. Erforderlich sind gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, die eine größere Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf nationalen und internationalen Märkten ermöglichen.
Und in Zukunft?
Zugleich ist die Diskussion über die zukünftige Mittelverteilung der EU-Strukturfonds ab 2014 bereits in vollem Gange. Mit dem „Fünften Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in Europa“ will die EU-Kommission im Herbst 2010 erste Weichenstellungen für die zukünftige Strukturpolitik aufzeigen. Dabei stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: Welche Ziele sollen mit den EU-Geldern verfolgt werden und welche Regionen werden davon profitieren? Neue Herausforderungen für Europas Regionen gibt es viele: Der demografische Wandel, der Klimawandel, eine sichere Energieversorgung sowie die zunehmende globale Arbeitsteilung sind nur einige davon. Doch Vorsicht: Die EU-Strukturpolitik darf sich nicht mit zu vielen Querschnittszielen verzetteln. Um schlagkräftig zu bleiben, sollte sie sich auf ihren ursprünglichen ökonomischen Auftrag konzentrieren, vor allem in den schwächsten Regionen selbsttragendes Wachstum zu erzeugen.
Regionen wissen selbst am besten, was gut für sie ist
Es existieren aber auch Gedankenspiele, die EU-Strukturpolitik grundsätzlich zu reformieren: Weg von dem Ansatz, die Regionen selbst vorschlagen zu lassen, für welche Projekte EU-Gelder eingesetzt werden sollen (territorialer Ansatz), hin zu einer Sektorpolitik (z. B. für Energie- oder Verkehrsnetze). Doch dann ginge viel verloren: EU-Strukturpolitik ist die wichtigste Brücke von den Regionen nach Brüssel und umgekehrt. Brüssel ist gut beraten, auch weiterhin ein offenes Ohr für alle Regionen zu haben und sollte deshalb in der Strukturpolitik auch nach 2014 am territorialen Politikansatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit allen Regionen festhalten.