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  • 08.12.2009 - 09:10 GMT
  • DIHK
Wirtschaft & Finanzen

DIHK: Gemeinschaftspatent – Etappensieg, aber noch immer kein Durchbruch

Die Minister billigten auf dem Wettbewerbsfähigkeitsrat am 4. Dezember die Verordnung über das Gemeinschaftspatent, die noch im Europäischen Parlament weiter verhandelt wird.

Bereits seit 1962 gibt es die Idee, ein EU-Gemeinschaftspatent zu schaffen. Sie konnte jedoch bis heute nicht in die Tat umgesetzt werden. Zurzeit wird der Patentschutz in Europa zum einen auf nationaler Ebene und zum anderen durch das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) gewährt. Dabei entstehen jedoch gerade für Übersetzungen erhebliche Kosten.
Nach dem EPÜ kann ein Unternehmen wählen, ob es in einem Land, in mehreren Ländern oder für die ganze EU ein Patent beantragt. Dabei gilt: Je mehr Länder es wählt, desto höhere Kosten fallen an. So kostet eine EPÜ-Patentanmeldung in nur sechs Staaten derzeit rund 30.000 Euro. In den USA sind es 15.000 Euro. Die deutsche Wirtschaft ist davon besonders betroffen: Deutsche Unternehmen melden nämlich rund ein Fünftel der weltweit registrierten Patente an.
Die Verordnung über das Gemeinschaftspatent soll EU-weiten Rechtsschutz ermöglichen. Der jetzige Beschluss der Minister enthält dazu Kriterien über die Verteilung der Patentgebühren auf die Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit der Patentämter. Die bis zuletzt strittige Sprachenfrage ist jedoch ausgespart und soll in einer gesonderten Verordnung geregelt werden.
Die Einführung eines EU-Gemeinschaftspatents scheiterte bislang an der ursprünglich von Frankreich geforderten Übersetzung der Patentschriften in die inzwischen 23 Amtssprachen der Europäischen Union. Nachdem Frankreich im Frühjahr 2008 das Londoner Sprachenprotokoll (Zusatzprotokoll zum EPÜ, das Erleichterungen für die Übersetzungen von Patentschriften vorsieht) ratifiziert hat, scheint auch eine Lösung für die Sprachenfrage im Rahmen der Schaffung eines EU-Gemeinschaftspatents wahrscheinlicher. Allerdings besteht die spanische Regierung noch auf eine Übersetzung von Patentschriften ins Spanische.
Außerdem sprachen sich die Minister dafür aus, ein einheitliches europäisches Patentgericht zu schaffen. Damit sollen die Durchsetzung von Patenten erleichtert und widersprüchliche Entscheidungen nationaler Gerichte künftig vermieden werden.
Das europäische Patentgericht soll auf den bewährten nationalen Gerichtsstrukturen aufbauen – in jedem Mitgliedstaat sollen bis zu drei Regionalkammern zulässig sein. Ein Berufungsgericht – voraussichtlich der EuGH – soll die Einheitlichkeit der Patentrechtsprechung sicherstellen.
Über die Einzelheiten der Ausgestaltung der neuen Gerichtsstruktur wird im kommenden Jahr weiterverhandelt. Derzeit prüft der Europäische Gerichtshof, ob der den Ministern vorliegende Entwurf eines völkerrechtlichen Vertrages europarechtlichen Anforderungen angepasst werden muss. Es wird nicht erwartet, dass die Verhandlungen unter der spanischen Regierung im ersten Halbjahr 2010 fortgesetzt werden. Die belgische Ratspräsidentschaft will das Vorhaben im zweiten Halbjahr 2010 jedoch weiter vorantreiben.
DIHK-Position:
Die Entscheidung ist ein wichtiger Etappensieg, auch wenn der endgültige Durchbruch für ein europäisches Patentsystem noch nicht geschafft ist. Ziel einer Erfolg versprechenden Patentstrategie muss es sein, die Innovationsfreudigkeit europäischer Unternehmen zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Voraussetzung dafür ist ein effektives und finanzierbares Patentsystem, das auch die Kompetenz der bestehenden Patentgerichtsbarkeit in den EUMitgliedstaaten
erhält.
Vor allem die mit einer europäischen Patentanmeldung verbundenen Übersetzungskosten halten mittelständische Unternehmen von der Schutzrechtsanmeldung ab und stellen einen Nachteil gegenüber Wettbewerbern in anderen Wirtschaftsräumen dar. Ein Gemeinschaftspatent ist daher nur mit einem Sprachenregime sinnvoll, das die Übersetzungskosten auf ein gerade für kleine und mittelgroße Unternehmen tragbares Maß reduziert. Eine EU-Patentgerichtsbarkeit setzt ein funktionierendes Gemeinschaftspatent voraus.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag