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  • 03.02.2011 - 15:15 GMT
  • DIHK
Umweltpolitik, Wirtschaft & Finanzen

DIHK: Luftqualität in Europa – Europäische Kommission am Zug

Luftqualitätsstandards – die EU-Mitgliedstaaten müssen unterstützt werden.

Am 11. Juni dieses Jahres läuft die Frist für die Einhaltung der europäischen Feinstaubgrenzwerte in den Innenstädten ab. Die Grenzwerte, ein Tages- und ein Jahresmittelwert, sollten ursprünglich bereits ab dem 1. Januar 2005 verbindlich gelten. Damals hat die Europäische Kommission jedoch anerkannt, dass zahlreiche Kommunen in ganz Europa trotz großem Engagement bei der Feinstaubbekämpfung Schwierigkeiten haben, die Immissionsgrenzwerte einzuhalten. Eine Änderung der Luftqualitätsrichtlinie verlängerte schließlich den Fristablauf für Kommunen bis Mitte 2011 – allerdings nur, wenn diese nach Auffassung der Kommission geeignete Maßnahmen zur Schadstoffminderung getroffen hatten. Noch immer ringen zahlreiche Städte mit hohen Feinstaubwerten. Die Europäische Union hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. 20 weitere EU-Mitgliedstaaten teilen dieses Schicksal, 6 davon müssen sich bereits vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verantworten.
-Europaweite Erfahrungen zeigen: Patentrezepte gibt es nicht!
Derweil suchen die Städte dringend nach Lösungen. Patentrezepte für die Schadstoffsenkung gibt es jedoch bislang nicht. Zu unterschiedlich sind z. B. städtebauliche Voraussetzungen sowie Windverhältnisse und geografische Lage der Kommunen. Darüber hinaus wurden die meisten Maßnahmen nicht lange genug erprobt. 43 deutsche Städte haben sich für die Einrichtung von Umweltzonen als Ansatzpunkt entschieden, 3 weitere planen die Einführung – obwohl nicht erwiesen ist, dass Umweltzonen wesentlich zur Absenkung der Feinstaubwerte beitragen. Die Wirtschaft sieht die Entwicklung kritisch: Wenn etwa die Kunden den innerstädtischen Geschäften fern bleiben, ist dies für den Handel ein großes Problem. Auch Unternehmen aus dem Transportgewerbe und kleine Dienstleistungsbetriebe spüren die Kosten des notwendigen Fuhrparkumbaus. Neben Deutschland haben Dänemark, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Schweden und Tschechien ebenfalls auf Umweltzonen gesetzt. Allerdings können auch diese Staaten die Feinstaubgrenzwerte bislang nicht einhalten und befinden sich deshalb in Verhandlungen mit der Europäischen Kommission.
-EU-Mitgliedstaaten brauchen Unterstützung statt EuGH-Verfahren!
Die Europäische Kommission ist jetzt am Zug: Es ist offensichtlich, dass das Stichdatum, zu dem die Grenzwerte erreicht werden sollen, trotz der Anstrengungen der Mitgliedstaaten nicht einzuhalten sind. EU-Umweltkommissar Janez Potoènik hat am 18. Januar 2011 angekündigt, die EU-Mitgliedstaaten bei der Einhaltung der Luftqualitätsstandards zu unterstützen. Wichtig ist nun, dass diese Unterstützung auch in die richtige Richtung geht: Die Kommission sollte die laufenden Vertragsverletzungsverfahren auf Eis legen und gleichzeitig den Best-Practice-Austausch zwischen den betroffenen Kommunen fördern. Wo wurden etwa wirksamere Maßnahmen als Umweltzonen erprobt? Ferner muss eine aktuelle wissenschaftliche Basis zur Entwicklung der Luftqualität in Ballungsräumen geschaffen werden, die die zu erwartenden Effekte weiterer gesetzgeberischer Maßnahmen, wie z. B. der kürzlich novellierten Richtlinie über Emissionen aus Industrieanlagen und der Einführung der Euro-6-Norm zur Verringerung der Schadstoffemissionen von Kfz, integriert. Denn die Messungen zeigen, dass die Feinstaubbelastung auch ohne Umweltzonen seit Jahren sinkt. Auf dieser Grundlage sollte die Frist zur Einhaltung der Grenzwerte noch einmal verlängert werden – nicht zuletzt, um auch dem technischen Fortschritt im Umweltschutz Zeit und Chance zu geben.
Eine pdf-Version dieser Mittelung finden Sie weiter unten: