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Umweltpolitik

DNR | Die EU kann nur ohne fossiles Gas und Atom eine Union der Nachhaltigkeit werden

„Berlin/Paris/Brüssel, 10.12.2021 – Bei seinem heutigen Antrittsbesuch beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron und bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Bundeskanzler Olaf Scholz die große Chance, zu zeigen, dass er das Zeug zu einem großen Europäer hat, indem er eine echte europäische Energiewende zur Leitlinie macht, so der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR).

„Europa steht vor der Herausforderung, in kürzester Zeit eine Union der Nachhaltigkeit werden zu müssen. Der Green Deal mit dem „Fit for 55“-Paket und der EU-Taxonomie sind die Säulen, auf der die Brücke in die Nachhaltigkeit gebaut wird. Wichtig ist, dass hier die Weichen nicht in die Vergangenheit gestellt werden und Investitionen in Atomkraft und fossiles Gas – entgegen jeder ökologischer, ökonomischer und wissenschaftlicher Basis – als nachhaltige Energieträger klassifiziert werden“, erklärte DNR-Präsident Kai Niebert.

„Die Regierungsparteien SPD und Bündnis90/Die Grünen haben aus gutem Grund nicht nur den Atomausstieg in Deutschland auf den Weg gebracht, sondern auch den schnellstmöglichen Weg in die Klimaneutralität zum Regierungsprogramm gemacht“, so Niebert weiter. „Die Atomenergie ist die gefährlichste, teuerste und über Jahrmillionen dreckigste Energieform, die es gibt und damit alles andere als nachhaltig. Wer als Partei des Atomausstiegs glaubwürdig sein will, muss das auch in Europa umsetzen.“

Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wurden jüngst ambitionierte Ziele für den Erneuerbaren-Ausbau vereinbart und damit der Weg hin zu einer atomfreien Energieerzeugung weiter zementiert. „Mit diesem klimapolitischen Schwung im Rücken sollte Olaf Scholz nach Paris fahren. Richtig ausgestaltet kann die deutsch-französische Zusammenarbeit Motor für eine sozial-gerechte und naturverträgliche Transformation der EU auf der Grundlage von 100 Prozent erneuerbaren Energien sein. Der nationale Energiemix ist Sache eines jeden Mitgliedstaats, aber der grüne Umbau und die Sicherheit Europas betrifft uns alle und ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Dieser Weg darf nicht durch das Greenwashing gefährlicher Technologien gefährdet werden“, so Niebert.

Fossiles Gas verursacht entlang seiner Gewinnungs- und Transportkette große Mengen klimaschädlichen Methans. „Klar ist, wir werden Erdgas für eine kurze Übergangszeit zwischen Kohleausstieg und Klimaneutralität brauchen. Fossiles Gas ist unter Umständen etwas weniger schmutzig als die Kohle, aber auch das Erdgas heizt das Klima an und ist damit alles, aber nicht nachhaltig. Sollte Olaf Scholz bei seinen Bemühungen erfolglos bleiben, wäre das eine schwere Hypothek für die Ampelregierung, die mehr Fortschritt in Richtung Nachhaltigkeit wagen will. Alle Weichen müssen nun auf die Finanzierung einer klimaneutralen Zukunft gestellt werden. Olaf Scholz muss dafür in Paris und in Brüssel klar einstehen“, fordert Niebert.

Hintergrund:

Der Konflikt um die Aufnahme von Atomenergie und Gas in die EU-Taxonomie schwelt seit 2019. Während eine Allianz von Mitgliedstaaten um Frankreich Atomenergie als nachhaltige Investition deklariert sehen möchte, hat sich Deutschland ebenso wie Österreich, Luxemburg, Dänemark, Spanien und Portugal dagegen ausgesprochen. In Bezug auf Gas positionierte sich die letzte Bundesregierung für eine Aufnahme in die Taxonomie. Umweltverbände befürchten einen schmutzigen Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich, der sowohl Atom als auch Gas als nachhaltig deklarieren könnte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte beim Europäischen Rat am 22. Oktober entsprechende Andeutungen gemacht. Im November richteten sich 129 NGOs aus ganz Europa deshalb in einem Brief an Olaf Scholz und forderten ihn auf, sich bei der EU-Kommission dafür einzusetzen, dass weder Atomenergie noch fossiles Gas als nachhaltig eingestuft werden. Der erste Entwurf des Delegierten Rechtsakts zur Taxonomie wurde von der Europäischen Kommission im April 2021 veröffentlicht, klammerte Gas und Atomenergie aufgrund der Kontroversen jedoch aus. Der zweite Teil zu Gas und Atom wird nun voraussichtlich für Ende Dezember erwartet.“