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EU-Erweiterung, Außen- & Sicherheitspolitik, Europäische Wertegemeinschaft, Wirtschaft & Finanzen

EBD De-Briefing | Letzter Europäischer Rat unter maltesischer Ratspräsidentschaft

Vom 22. bis 23. Juni 2017 trafen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs sowie die Präsidenten des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission und die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik zum Europäischen Rat in Brüssel.

Am ersten Tagungstag gedachten die Staats-und Regierungschefs zu Beginn Helmut Kohl mit einer Schweigeminute. Danach beschäftigte sich der Europäische Rat ausführlich mit der Außen-und Sicherheitspolitik. Hierbei sprachen sich die Staats-und Regierungschefs vor allem für mehr europaweite Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung sowie der Eindämmung des gewaltbereiten Extremismus aus. Der Verhinderung von Radikalisierung im Internet und der Unterbindung von Terrorismusfinanzierung galt diesbezüglich besondere Aufmerksamkeit. Eines der Ziele sei es, eine Liste an Kriterien und bindenden Verpflichtungen aufzustellen, um die EU-Verteidigung zu verbessern. Obwohl die Formierung einer Europäischen Armee bisher weniger realistisch sei, konnte sie trotzdem als Ziel der Staats-und Regierungschefs betrachtet werden. Außerdem gelte der EU-Verteidigungsfond als wichtiges Instrument für den Informationsaustausch und die Implementierung von gemeinsamen Verteidigungsprojekten der EU. Die finanziellen Anreize für Forschung und Entwicklung der Europäischen Verteidigungsagentur seien daher von großer Bedeutung.

Anschließend betonten die Staats-und Regierungschefs, dass die EU eine Vorbildfunktion bei dem Pariser Klimaschutzabkommen spielen solle und in Anbetracht des Ausstiegs der USA eine größere Verantwortung trage. In diesem Zusammenhang wurde sich für die fortlaufende Finanzzusage für Staaten ausgesprochen, die von Klimafinanzierung abhängig seien.

Obwohl das Thema Brexit kein Schwerpunkt des ersten Tagungstages des Europäischen Rates war, wurde über den Verbleib der in Großbritannien lebenden EU-Bürgerinnen und EU-Bürger diskutiert. Außerdem billigten die Staats-und Regierungschefs die Verfahrensregeln für die Verlagerung der in Großbritannien noch ansässigen EU-Agenturen, die gewährleisten sollen, dass die Funktionsfähigkeit der Europäischen Arzneimittel Agentur und der europäischen Bankenaufsichtsbehörde nicht beeinträchtigt wird. Konsens gab es auch bei der Verlängerung der Sanktionen gegenüber Russland für weitere sechs Monate.

Am 23. Juni standen unter anderem die Themen Binnenmarkt oder die europäische Asylpolitik auf der Agenda, wobei letztere als Priorität der Agenda im Europäischen Rat galt. Vor allem die zentrale Mittelmeerroute sei weiterhin ein unverändertes Problem, das schwer zu lösen sei. Die Solidaritätsbemühungen gegenüber Italien bezüglich der Umverteilung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern wurde von den Staats-und Regierungschefs besonders unterstrichen. Der European Union Emergency Trust Fund for Africa (EUTF) war darüber hinaus besonderer Kritik ausgesetzt, da bisher kaum ein Mitgliedsstaat eingezahlt habe. Ursprünglich war ein Fond von 1,9 Milliarden Euro geplant, der beispielsweise für Investitionen in Fluchtursachenbekämpfung genutzt werden sollte, um die illegale Migration einzudämmen. Doch bisher wurden nur 980 Millionen Euro von den Mitgliedstaaten eingezahlt, wobei die Schweiz und Schweden die Hauptzahler seien.

Bezüglich des Binnenmarktes stellte Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, den europaweiten Zuwachs an Arbeitsplätzen und Investitionen heraus. Dass 232 Millionen Europäerinnen und Europäer in Beschäftigung seien, wurde als besonderer Fortschritt betrachtet. Dieser Optimismus hinsichtlich des Wirtschaftswachstums in der EU übertrug sich auch auf die wichtige Botschaft und das klare Bekenntnis der Staats-und Regierungschefs zur Offenheit der Märkte und Abkehr von Protektionismus. Das EU Freihandelsabkommen mit Japan (JEFTA) solle noch vor dem G20 Gipfel in Hamburg Anfang Juli 2017 realisiert werden, damit es als ein gutes Beispiel für einen zukunftsfähigen Freihandel vorangehen kann.

Weitere Diskussionsthemen waren unter anderem das sogenannte Single Market Information Tool (SMIT), die Investitionsprüfungen in Drittstaaten, der Dienstleistungspass und der digitale Binnenmarkt.

Letzterer sei im Hinblick auf die bevorstehende estnischen Ratspräsidentschaft besonders wichtig, da Estland als Vorbild im Thema Digitales gelte. Diesbezüglich sei ein europäisches digitales Handlungskonzept wünschenswert, das die Themen E-Commerce, Portabilität von Online-Inhaltediensten, Datenschutz im Internet oder Cybersicherheit beinhalte.

Im Rahmen des EBD-De Briefings am 26. Juni 2017 berichteten Martin Kotthaus, Leiter der Europaabteilung, Auswärtiges Amts, und Claudia Dörr-Voß, Leiterin der Europaabteilung, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, vom letzten Europäischen Rat unter maltesischer Ratspräsidentschaft. Zu dem EBD De-Briefing begrüßte S. E. Pietro Benassi, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Italienischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland, die Gäste in der italienischen Botschaft in Berlin. Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland e.V., moderierte die Veranstaltung und die Erstkommentierung übernahm Elisabeth Kotthaus, Stellvertretende Leiterin der politischen Abteilung, Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.