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Wirtschaft & Finanzen

EBD Exklusiv mit maltesischem Finanzminister | Von großen und kleinen Elefanten

Während meistens auf die großen EU-Länder Frankreich, Deutschland und in den letzten Monaten vor allem auf Großbritannien geschaut wird, ging es bei EBD Exklusiv mit dem maltesischen Finanzminister Prof. Dr. Edward Scicluna um das kleinste Land in der EU. Dass Malta trotzdem mit den bevölkerungsreicheren EU-Ländern mithalten kann, stellte Scicluna in seiner Diskussion mit 35 Gästen aus Mitgliedsorganisationen und Partnern der EBD bildhaft dar, indem er Deutschland und Malta als großen und kleinen Elefanten beschrieb, die sich in vielerlei Hinsicht ähnlicher seien, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

So gebe Malta gemessen am Bruttoinlandsprodukt beispielsweise 3,2 % für die finanziellen Hilfen für Griechenland aus, während es in Deutschland 2,9 % seien. Daher hätten die beiden Länder ähnliche Vorstellungen  und Interessen in Bezug auf das griechische Hilfspaket. Auch bei weiteren Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten stehe Malta inzwischen sehr gut dar.  So kann das Land den zweitniedrigsten Wert in Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit aufweisen – direkt hinter Deutschland. Mit durchschnittlich 5 % habe der Inselstaat in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum verzeichnen können. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts lag in den ersten beiden Quartalen 2016 bei ca. 4 % und war damit das zweithöchste der EU nach Rumänien. Zum Vergleich: Deutschland lag in der gleichen Zeit bei knapp über 2 %.

Zusammenhängend mit dem Wachstum entstünden momentan auch viele Jobs, vor allem in den Bereichen Finanzservices, Tourismus und Produktion. Daher wird Malta auch immer attraktiver für Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten. Vor allem aus Italien und Slowenien kommen viele Menschen auf der Suche nach Arbeit. Dieser Trend wiederum kräftigt seinerseits das Wachstum Maltas, da nur so die benötigten Arbeitskräfte vorhanden sind. Beliebt sei Malta unter anderem auch deswegen, da es hinsichtlich der Arbeitsmoral eher mit nordischen Ländern verglichen werden könne.

Die gut wirtschaftliche Lage Maltas erklärte der Finanzminister mit den Reformen, welche das Land in den letzten Jahren angestrengt hat. Darunter fallen kostenlose Kinderbetreuung oder Steuerentlastungen. Malta erhebt inzwischen EU-weit die niedrigsten Unternehmenssteuern. Die Steuerentlastungen seien mitverantwortlich dafür, dass so viele neue Arbeitsplätze entstehen konnten. Mit dem hohen Wachstum könne nun auch sukzessive die Verschuldung abgebaut werden. Allerdings müsse man darauf achten, dass auch der Schuldenabbau immer im Verhältnis zum Wachstum stehe.

Zur Kritik an Malta, dass es als Steuerparadies diene, sagte Scicluna, dass man den Begriff „Steuerparadies“ differenziert betrachten müsse. Zum einem könne damit ein Mangel an Transparenz oder auch Geldwäsche gemeint sein. Auf Malta träfe jedoch eine dritte Bedeutung zu, nämlich eine sehr niedrige Besteuerung von Unternehmen. Dies sei an sich keine verwerfliche Praxis. Man müsse jedoch Regelungen schaffen, dass große Firmen die verschiedenen Steuersätze nicht dazu nutzen, im eigenen Land keine Steuern zu zahlen.

Die Besteuerung hänge zudem auch davon ab, welche Kosten auf den Staatshaushalt zukommen. Wenn die Ausgaben der öffentlichen Hand hoch sind, fallen auch entsprechend hohe Steuern an.  Werden viele Ausgaben jedoch von privaten Unternehmen gestemmt, können auch Steuern gesenkt werden. So ergibt sich laut Scicluna der steuerliche Unterschied zwischen den einzelnen EU-Ländern.

Der Finanzminister kam auch auf das Thema Flüchtlinge zu sprechen. Hier sehe sich Malta durchaus als Beispiel für andere Länder. Es kam zwar eine verhältnismäßig kleine Anzahl an Migranten an, jedoch war durch den Einsatz der Küstenwache die Aufnahme der Flüchtlinge gewährleistet. Diese hätten sich inzwischen schon gut integriert. Das Flüchtlinge aus humanitären Gründen aufgenommen werden, stehe außer Frage, ein anderes Bild ergebe sich jedoch in Bezug auf Wirtschaftsflüchtlinge. Hier forderte der Finanzminister, dass afrikanische und insbesondere nordafrikanische Länder ökonomisch stabilisiert werden sollten. In diesem Zusammenhang sollten die europäischen Länder auch ihre Handelspraxis gegenüber Afrika überdenken. Damit könne schon ein Teil der wirtschaftlichen Missstände behoben werden. Auch die EU-Hilfsfonds für Afrika kritisierte Scicluna, da hier die Gelder oft bei den Machthabern hängen blieben und somit nicht für konkrete Projekte verwendet werden könnten.

Zum allgegenwärtigen Thema Brexit sagte der maltesische Finanzminister, dass die EU mittelfristig keinen Schaden durch den Brexit davontragen werde. Allerdings würde die britische Wirtschaft darunter leiden. London sei aber weiterhin sehr wichtig für Europa. In jedem Fall solle man versuchen die Trennung für beide Seiten so positiv wie möglich zu gestalten  und weiterhin faire Beziehungen aufrecht zu erhalten.

Die Veranstaltung EBD Exklusiv mit dem maltesischen Finanzminister Prof. Dr. Edward Scicluna fand am 02. Dezember 2016 in Berlin statt. Moderiert wurde sie von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann.