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EU-Erweiterung, Außen- & Sicherheitspolitik, Wirtschaft & Finanzen

EBD Exklusiv. Norwegen und die EU: Berlin-Besuch von Europaminister Vidar Helgesen

Die Beziehung zwischen Norwegen und der EU standen im Mittelpunkt eines „EBD Exklusiv“ mit dem norwegischen Europaminister Vidar Helgesen. Gemeinsam mit Christoph Retzlaff, Referatsleiter EWR und EFTA im Auswärtigen Amt, EBD-Vorstand Daniel Sahl, Persönlicher Referent des BDI-Hauptgeschäftsführers und rund 30 Gästen blickte Helgesen auf den Stand der Zusammenarbeit und diskutierte Wege und Themen für die Zukunft.

Obwohl Norwegen kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, ist Vidar Helgesen seit Oktober der erste „Minister für europäische Angelegenheiten“ in der Kanzlei der norwegischen Premierministerin Erna Solberg. Purer Symbolwert, oder Ausdruck eines Neubeginns in den Beziehungen zwischen der EU und Norwegen? Die Beziehung des Landes zur EU sind jedenfalls ambivalent: Norwegen gehört seit 1994 zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Für Helgesen ist Norwegen gleichzeitig „outsider“ und „insider“ der EU. Die Beziehung mit der EU sei intensiv, und insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene: 81% der Exporte Norwegens gehen in die EU (vor allem Gas). Viele EU-Bürger wohnen und arbeiten in Norwegen. Das Land hat mehr als 7.000 EU-Gesetze in nationales Recht eingeführt.
Damit stecke man in einem „demokratischen Dilemma“: Norwegen muss europäischen Richtlinien folgen, besitzt aber – als Nicht-Mitglied der EU – kein Gewicht im europäischen Gesetzgebungsprozess. Insbesondere mit dem EWR und der Europäischen Freihandelassoziation (EFTA) gebe es mehrere Herausforderungen, und viele technische Aspekten haben gleichzeitig auch politische Auswirkungen.

Helgesen betonte auch die wichtige Partnerschaft Norwegens mit Deutschland. Deutschland sei nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein guter Parter. Die erste Auslandsreise der neugewählten Premierministerin führte sie nach Berlin. Er bemerkte, dass die guten Beziehungen mit der EU und die regelmäßigen Besuche in europäichen Hauptstädten die Frage des EU-Beitritts Norwegens aufwerfen könnten. Aber der Beitritt steht nicht auf der Agenda des Landes. Die Norweger haben gezeigt, dass sie es nicht wollen – und das gelte heute umso mehr, da die EU in der Krise stecke und es der norwegischen Wirtschaft gut gehe. Norwegen sei schon integriert und teile die Werte der EU. Als wichtiger Exporteur von Energie müsse sich Norwegen zum Beispiel auch der Frage der Klimaerwärmung stellen.

In seinem Erstkommentar für die Bundesregierung betonte Retzlaff (Auswärtiges Amt) ebenfalls die wichtigen und erfolgreichen Beziehungen zwischen Norwegen und der EU. Das aktuelle Modell der Zusammenarbeit funktioniere heute gut, aber wie wird es in der Zukunft sein? Das hänge auch von den Entwicklungen z.B. der Adriaregion ab, die nicht nur für die EU, sondern auch für Norwegen von Bedeutung sei. EBD-Vorstand Sahl (BDI) konzentrierte sich in seinem Erstkommentar vor allem auf die Industrie: Die zukünftigen Beziehungen zwischen Deutschland und Norwegen entschieden sich auch am Austausch und vor allem der Speicherung von Energie.

Die von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann moderierte Diskussion erörterte im Anschluss u.a. die Vorbildfunktion Norwegens für z.B. Schottland und die Beziehung des Landes zu den skandinavischen EU-Nachbarn.

EBD Exklusiv bringt in unregelmäßiger Folge Vertreter von Mitgliedsorganisationen und Partnern zu aktuellen europapolitischen Themen zusammen. Das Netzwerk EBD bietet ihnen ein Forum, das ihren Meinungsaustausch zwischen den turnusmäßigen Gremien-Sitzungen verstetigen und inhaltlich vertiefen soll.