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Europäische Wertegemeinschaft, Europakommunikation, Partizipation & Zivilgesellschaft

EBD-Generalsekretär Hüttemann kommentiert EuGH-Richtungsentscheide | Deutsche Welle TV

Auf Defizite hinweisen, aber Alarmismus vermeiden. Dies gilt vor allem für das größte Netzwerk für Europapolitik in Deutschland. Das jüngste EuGH-Urteil zur Dublin III-Verordnung ist europarechtlich zu begrüßen, politisch fordert aber die EBD schon seit langem, dass mehr Solidarität in Flüchtlings- und Asylfragen herrschen muss. Dublin III müsse abgeschafft werden, fordern die EBD-Mitgliedsorganisationen schon seit 2015.

Ähnlich wichtig wie die grenzüberschreitende Solidarität ist für die EBD der Schutz der Demokratie und der Werte, gerade in den EU-Mitgliedstaaten. Wenn Europa nicht liefert, legt die EBD nicht wie üblich den Finger bloß in die Brüsseler Wunde: Bernd Hüttemann weist auf nationale Defizite aller Orten hin. Im Gespräch mit Deutsche Welle TV: „Seit dem Brexit wissen wir eigentlich ziemlich genau, dass nationale Regierungen ziemlich viel lügen können.“

Am Mittwoch, 26. Juli 2017 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei Fällen richtungsweisend im Bereich der europäischen Migrationspolitik. Der EuGH bekräftigte die Wirksamkeit des Europäischen Asylrechts (Dublin III), auch in Fällen großer Zuwanderungsbewegungen in die EU.

Eine weitere Entscheidung fiel im EuGH zur EU-Flüchtlingsquote. Hierzu empfahl der Generalanwalt die Klage der Slowakei und Ungarns gegen die Umverteilung abzuweisen. Künftig könnte die damit die Entlastung der Mitteleeranrainer Italien und Griechenland schneller vorankommen.

„Neue, solidarische Versicherungen abschließen!“

Der Europäische Gerichtshof bekräftigte die Wirksamkeit der Dublin III-Verordnung, auch in Zeiten hoher Zuwanderungsbewegungen. Damit bleiben die Ersteinreiseländer verantwortlich für das Asylverfahren und die Unterbringung der Asylbewerber. Damit wurde allerdings auch die besondere Verantwortung der EU-Mitgliedstaaten betont, die eine EU-Außengrenze haben. Deutschland ist dadurch nur bei Asylbeantragungen auf Flughäfen und Häfen zuständig.

EBD-Generalsekretär Hüttemanndazu: „Dublin III ist das Problem. Dublin war eine Insel der Seligen für Deutschland. Wir haben (in der europäischen Asylpolitik) eine Versicherung abgeschlossen, die nicht gedeckt war. Wir müssen neue, solidarischere Versicherungen abschließen“.

Streit um EU-Flüchtlingsquote

Seit 2015 versucht die EU-Kommission, gemeinsam mit der Mehrheit der EU-Staats- und Regierungschefs eine Lastenverteilung innerhalb der EU zu erreichen. Gegen diese Flüchtlingsquote klagten Ungarn und die Slowakei. Gestern empfahl der Generalanwalt am EuGH in einer Stellungnahme dem Gericht die Klage abzuweisen. In vielen Fällen folgt das Gericht der Einschätzung des Generalanwaltes. Der Urteilsspruch wird für September erwartet. Hüttemann: „Die vorliegenden Vorschläge zur Entspannung der Flüchtlingssituation sind eindeutig. Quoten sollte es schon immer geben, das hat die EU Kommission immer betont. Die Bundesregierung hat es lange nicht gesagt, jetzt endlich sagt es die Bundesregierung. Wir sehen also, Lernkurven gibt es in jedem Land“. 

Justizreform in Polen – politisches Momentum für europäischen Wertediskurs

Das Vorgehen der polnischen Regierung sorgt in der EU für Unbehagen. Mit der Verfassungsänderung wären auch grundlegende europäische Werte in Polen in Gefahr. Die Kommission droht nun mit dem Stimmrechtsentzug für Polen. Dazu der EBD-Generalsekretär: „Insgesamt achtet die EU mittlerweile viel stärker auf ihre Werte. Sie muss auch darauf achten. Bis zum Zünden der sogenannten „Atombombe“ (dem Entzug der Stimmrechte) gibt es viele Diskussionsrunden in denen sich Mitgliedstaaten, gemeinsam mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission mit der polnischen Regierung auseinandersetzen müssen. Dann haben wir ein politisches Momentum, das den anderen Mitgliedstaaten zeigt, so geht es nicht weiter“. 

Sanktionen gegen Russland

Der Entscheid des US Repräsentantenhauses gegen Russland Sanktionen zu erheben versetzt nicht nur Präsident Trump in ein Zwickmühle. Dieser sprach sich, trotz den Anschuldigungen der russischen Einflussnahme in den US-Wahlkampf, für eine engere Zusammenarbeit mit Russland aus. Wie sollte sich die EU gegenüber dieser verschärften Russlandpolitik verhaltenHüttemann: „Europa trägt die Sanktionen gegen Russland mit, allerdings nicht soweit, wie es die USA heute beschlossen haben. Grundsätzlich gibt es zwischen den USA und der EU in dieser Frage noch Spielraum. Wir haben die Situation, dass es der europäischen Bevölkerung möglich macht, eine klarere Linie gegen die USA zu ziehen. Europa ist nicht zahnlos, was die Wirtschaftspolitik anbelangt. Europa wird selbstbewusster und wird sich Partner suchen, die das Ziel des Freihandels teilen.“