EBD-Häppchen | Flagge zeigen für Europa: Die schweigende Mehrheit kommt in Bewegung
Ein Meer aus Blau und Gold: Auf einmal sind die Europafreunde auf der Straße, auf den Plätzen, in den sozialen Medien. Brexit, Trump und Neonationalismus – im Schock der jüngsten Entwicklungen fangen auf einmal Privatleute an, bundesweit Demonstrationen für die EU zu organisieren. „Unser Europa kriegt Ihr nicht!“, schleudert die Jugend Rückwärtsgewandten entgegen. Auch in Polen und Rumänien, aber auch in Großbritannien wird die Europafahne immer häufiger als Zeichen der Demokratie und der offenen Gesellschaft gehisst. Die EBD, selbst seit 1949 für die europäische Integration aktiv, beleuchtet in den EBD Häppchen die aktuellen Initiativen und die proeuropäische Grundstimmung im Land.
1 | Die Mehrheit traut Europa etwas zu: „88 Prozent der Deutschen meinen, dass die EU-Länder wegen Trumps Politik stärker zusammenhalten sollen, nur 9 Prozent halten das nicht für notwendig.“ (Politbarometer) In der europaweit breiter angelegten Umfrage eupinions beim EBD-Mitglied Bertelsmann-Stiftung sind die Werte ähnlich klar: Europaweit liegt die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft bei 62 Prozent, in Deutschland sind es 69 Prozent. Für den Austritt aus der EU ist in Deutschland nur jeder Fünfte.
2 | Die schweigende Mehrheit kommt allmählich in Bewegung: Blaue Fahnen mit goldenen Sternen allerorten. Frankfurt, Heidelberg, Warschau, Bukarest und („suprise!“) London und natürlich Edinburgh zeigen Flagge für Europa. „Neue Grassroots-Bewegungen wie ‚Stand up for Europe‘ oder ‚Pulse of Europe‘ schaffen eine überzeugende Alternative zum dumpfen Protest der Wutbürger und ihrer illiberalen Verführer“, schreiben der Generalsekretär der Europa-Union Deutschland, Christian Moos und der Bundesvorsitzende der Jungen Europäischen Föderalisten Manuel Gath in ihrem heutigen Aufruf, sich am „Aufschrei für Europa“ zu beteiligen.
3 | Einen statt spalten: Die beiden größten und ältesten Bürgerinitiativen für Europa (die überparteiliche Europa-Union wurde 1946 gegründet, ihre Jugendorganisation JEF 1949) sehen die spontanen Herzenseuropäer nicht als Konkurrenz: „Die überzeugten Europäerinnen und Europäer müssen jetzt zusammenhalten. Unsere Aufgabe als etablierte Verbände der proeuropäischen Zivilgesellschaft muss es sein, diese neuen Bewegungen zu unterstützen und einen Beitrag dafür zu leisten, sie zu einem Erfolg zu machen. Wir wollen diese Energie für ein zukunftsfähiges Europa nutzen, bündeln und verstärken.“ Die Unterstützung kommt pünktlich zur kommenden Sonntagsdemo: Der „Pulse of Europe“ schlägt auch diesen Sonntag, um 14 Uhr in vielen deutschen und europäischen Städten – auch in Berlin auf dem Gendarmenmarkt oder in Amsterdam.
4 | Alles auf Anfang? „Die Resonanz für die Idee der Einigung Europas war so weit hallend und fand so viel einflussreiche Sympathisanten, dass die Aktivisten zeitweilig den Eindruck gewannen, die Bewegung werde zu einer europäischen Volksbewegung anwachsen und der Optimismus war so groß, bald zu einem vereinten Europa zu gelangen.“ Das klingt nicht ganz nach Europa 2017, ist es auch nicht: Mit diesen Worten beschrieb der Historiker Gerhard Brunn 2002 die Europabewegungen heute vor genau 70 Jahren. Also, Vorsicht ist angesagt – ob auf der Straße oder modern im Netz. Zumal in Deutschland scheint man hin und hergerissen zu sein zwischen Europa-Pathos, revolutionärem Geist und biedermeierlicher Realpolitik. Die EBD und ihre Mitglieder setzen auf verlässliche Nachhaltigkeit, breiten Diskurs und vielfältige Lösungsvorschläge: Eindimensionale Biedermänner können wir uns angesichts der vielen trumpschen Brandstifter nicht mehr leisten.
5 | Welche Werte zählen? Mehr und mehr wandelt sich – gerade auch im Kontrast zu autokratisch-zentralistischen Vorstellungen – das europäische System von Rechtsstaat, Meinungsfreiheit und Interessenausgleich vom geschmähten Bürokratiemonster zum demokratischen Leuchtturm. Tausende, die derzeit an vielen Orten in Europa demonstrieren – gegen die Korruption von Regierungen (Rumänien), aber auch gegen Aushöhlung des Rechtstaates durch Regierungen (Polen) oder gegen die dreisten Lügen der Brexit-Befürworter – marschieren unter der blauen Fahne mit den goldenen Sternen. Sie sehen nicht die Krise Europas , sondern die Krise der nationalen Demokratien als Gefahrenquelle für ein friedliches Zusammenleben. Für die EBD und ihre 246 Mitgliedsorganisationen, darunter Europa-Union und JEF, sind Gemeinwohl und Einzelinteresse kein Widerspruch: Der Schlüssel dazu ist eine pluralistische Demokratie. Hier werden Bürger zu Verantwortungsträgern und umgekehrt, und das in möglichst wechselnden Konstellationen. Das war schon 1948 so: Während im Haager Rittersaal Vertreter aus Politik, Gewerkschaften, Wirtschaft und Kunst um die demokratische Zukunft des kriegszerstörten Europas rangen, zeigten draußen 40.000 Menschen ihre Unterstützung. Denn sie alle hatten genug vom nationalen Egoismus und wollten europäische Lösungen. Neun Jahre später haben die Römischen Verträge in Recht gegossen, was heute die Wurzel der jungen und noch nicht vollendeten europäischen Demokratie bildet.
6 | Römische Verträge feiern: Zum 60. Jubiläum der Römischen Verträge wird am März am Brandenburger Tor ein „Marsch für Europa“ organisiert, ebenso wie in Dutzenden anderer europäischer Städte: … die ersten Meter auf dem Weg zu noch größeren 60-Jahr-Feierlichkeiten und Demonstrationen in Rom. Dahinter steckt die „Union Europäischer Föderalisten“ (deutsche Tochter ist die Europa Union Deutschland), die ihrerseits schon seit dem zweiten Weltkrieg in proeuropäischen Demonstrationen geübt sind. Auch Helmut Kohl ist, wie er seinem Biographen Hans-Peter Schwarz berichtete, schon in den 50er-Jahren den deutsch-französischen Grenzschlagbäumen zuleibe gerückt! Für die EBD ist also klar: Spontane Bürgerinitiativen für den großen demokratischen Zusammenhalt sind ein positives Signal. Sie müssen ebenso unterstützt werden wie der demokratische Wettstreit um Einzelinteressen, wie der Kampf um Bürgerrechte, wie der Schutz von Minderheiten. Die EBD plant mit vielen Partnern Events zu „60 Jahre: Europa“.
7 | Europa am Scheideweg: Friedensprojekt oder alle Macht den populistischen Machos? Europäische soziale Marktwirtschaft oder neoliberales Paradies für kapitalistische Heuschrecken? Brücken bauen oder Mauern? Saubere Badeseen oder Nitrat im Grundwasser? Minderheitenschutz oder Recht des Stärkeren? Europa oder nationaler Alleingang? Ein geeintes Europa ist seit 60 Jahren die Antwort auf Krieg und Ungerechtigkeit. Damit die EU noch besser wird, wollen wir die gesellschaftlichen Kräfte sprechen lassen und bündeln, um den Wert der europäischen Einigung für möglichst Viele sichtbar zu machen. Die überzeugten Europäerinnen und Europäer müssen jetzt zusammenhalten – egal, wo sie sich engagieren.
Unser Überblick zu aktuellen proeuropäischen Initiativen*
Europa braucht Dich jetzt!
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EUrope-together
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Laute Europäer
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March for Europe | Rom
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March for Europe | Berlin und andernorts in Deutschland
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Pulse of Europe
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Stand up for Europe
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The European Moment
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We are Europe | Düsseldorf
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Who if not us
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* ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Eine Initiative fehlt? Schreiben Sie uns – wir ergänzen die Liste gerne.
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