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EBD-Häppchen | EU-Gipfel ohne Ambitionen

Der Europäische Rat am 22./23. Februar 2018 war nur ein informelles Treffen der Staats- und Regierungschefs, mit 27 Mitgliedstaaten ohne das Vereinigte Königreich. Es ist mittlerweile Übung, dass der ER-Präsident Donald Tusk seine Zusammenfassung der Ergebnisse veröffentlicht und keine langatmigen bisweilen überdetailierten Schlussfolgerungen.

Die EBD Häppchen zum EBD De-Briefing Europäischer Rat am 26. Februar 2018:

1. Schon in den EBD-Häppchen im Oktober mussten wir darauf hinweisen, dass die Bundesrepublik in einer Findungsphase ist. Aber immerhin hat sich de facto die geschäftsführende Bundesregierung mittlerweile auf einen sehr proeuropäisch anmutenden Regierungplan für eine „ordentliche Bundesregierung“ geeinigt. Die lange Regierungsfindung hat augenscheinlich in Brüssel die Choreographie für die europäische Öffentlichkeit durcheinander gebracht. Eigentlich hätte der Gipfel eine klare Antwort auf Junckers Rede zur Lage der EU und Macrons Europavisonen bieten sollen. Aber wenn man ehrlich ist, dürfte substanziell auch mit einer bereits gebildeten Bundesregierung nicht mehr herausgekommen sein.

2. Immerhin sagt der informelle EU-Gipfel was auch EBD-Politik ist: Der zu verhandelnde Mehrjährige Finanzrahmen (vulgo EU-Haushalt) muss die großen Aufgaben in Europa finanzieren können. Nun ist jeder Haushalt schwierig zu gestalten, vor allem wenn ein Mitbewohner einfach auszieht, da steigen Miete und Nebenkosten für die Restbewohner. Und nur wenige (auch nicht die Berliner Koalitionäre) möchten Abstriche bei Besitzständen machen und so muss der Haushalt zwangsläufig größer werden. Es ist gut, dass SPD und Union der falschen Nettozahlerdiskussion zumindest rhetorisch ein Ende machen wollen. Erfreulich aus Sicht der EBD ist die Erwähnung des erfolgreichen Bildungsprogrammes: . Immerhin.

3. Eher enttäuschend, aber nicht wirklich überraschend, verlief das Gerangel um die Aufwertung der Europawahlen durch (EBD-Politik) und die mittlerweile auch vom Europäischen Parlament abgelehnten Transnationale Liste für die Europawahl 2019 (EMI-Politik). Landauf landab mögen Exekutiven Einflussnahmen von Parlamentariern in ihr Regierungshandeln nicht so sehr. Bei der Spitzenkandidatendiskussion in Brüssel geht es aber um mehr. Es geht um einen Machtkampf zwischen nationalen Exekutiven und parlamentarischer Demokratie. Dass sich der ER-Präsident Donald Tusk dazu verstieg, die Diskussion um die Demokratisierung der EU zu einem Thema der „Brüsseler Blase“ zu machen, ist schlicht frech. Wo lebt er eigentlich?

4. Bezeichnend ist, was vor dem Gipfel stattfand und durchaus Platz für weitere spannende politische Auseinandersetzungen bietet. Es fand nichts anderes als ein Revirement der Positionen zur Demokratisierung der Europawahl statt. War Staatspräsident Macron zunächst für Spitzenkandidaten, so steht er mittlerweile nicht mehr dahinter. Umgekehrt outete sich Angela Merkel als neue Freundin des Prinzips. Der Hintergrund ist einfach:  die größte europäische Parteienfamilie kann am meisten mit Spitzenkandidaten gewinnen. Dies erklärt auch den massiven Widerstand der EVP gegen die transnationale Liste. Befürchtet wird ein „Durch-EnMarche“ für eine europaweite Politbewegung von Emmanuel Macron. Und das bleibt sein Traum. Nicht auszuschließen, dass es zu einem europaweit beachteten Wettbewerb zwischen traditionellen Parteienfamilien und der neuen Politbewegung von oben kommen wird. Wenn ein öffenlicher Streit um die besseren Konzepte für Europa nationalistische Populisten eingrenzen könnte, wäre es gut für Europas Demokratie.


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