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EBD-Häppchen | oder: der EU-Gipfel geht zurück ins Glied

Der Europäische Rat am 19./20. Oktober 2017 war durchaus etwas Besonderes. Der ER-Präsident Donald Tusk gab eine neue demokratische Kultur vor, während die deutsche Bundesregierung noch in der Findungsphase ist, eingerahmt von Junckers Rede zur Lage der EU und Macrons Europavisonen.

Die EBD Häppchen zum EBD De-Briefing Europäischer Rat am 23. Oktober 2017:

1. Die „Unionsmethode“ vulgo „Sherpakratie“ der nationalen Staatskanzleien im Endspiel? Über Jahre hat der EU-Gipfel mit seinen einstimmigen Schlussfolgerungen die nationale öffentliche Meinung beherrscht. Kaum bekannt: Fachminister halten sich anschließend im Rat nicht an die Gipfelei, wie Politico Morgen Europa zurecht schreibt. Aber noch wird von nationaler Öffentlichkeit ausgeblendet: Rat und Parlament sind Gesetzgeber, von Kommission kommt Initiative, vom Europäischen Rat „nur“ Impulse. Für die EBD gehört EU-Demokratie und das Aufbrechen von nationalen Echoräumen zusammen.

2. Hinter der Gipfelei steckt eine oft gewollte mangelhafte Europafähigkeit nationaler Politik. Nationale Regierungen mögen Jekyll und Hyde: zum einen demokratische Mitwirkung an der EU-Gesetzgebung, zum anderen anti-Brüssel-Rhetorik für nationale Gipfelmikrophone. Immerhin, was bei Junckers proeuropäischer Realpolitik und Macrons proeuropäischen Visionen fehlt, wird von der nächsten deutschen Regierung sinnvoll ergänzt werden müssen. Für die EBD ist dabei klar, dass nationale Europapolitik genauso modernisiert werden muss wie die EU selbst – zumal in Deutschland.

3. Wo der Gipfel sehr wichtig ist, ist bei der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) der Bereich Verteidigung. Hier haben die demokratischen Gemeinschaftsorgane keine Gesetzgebungskompetenz. Forschritte sind nur über die Staatskanzleien möglich: ein wichtiger Eckpunkt der Macronschen Visionen und auch von jeder möglichen Berliner Regierung gewünscht. Anders ist es mit der Digitalisierung des Binnenmarktes. Hier wird auf dem Platz gespielt. Kommission, Parlament und Rat werden mit sehr vielen Interessenträgern zu tun haben, um hier endlich voranzukommen. Auch das Gemeinsame Europäische Asylsystem kann nur über diese demokratische Methode vorangebracht werden. Der Gipfel konnte hier nur Impulse geben. Für die EBD ist die Verteidigungsunion genauso wichtig wie ein besserer Binnenmarkt und eine solidarische humane Migrationspolitik.

4. Das doppelte Spiel von demokratischer Mitwirkung in Brüssel und nationalem Spin hat Westminster auf die Spitze getrieben. Das Ergebnis: Brexit. In den laufenden (oder nicht laufenden) Verhandlungen zwischen der EU27 und der unglücklichen Premierministerin wird klar: Theresa May wird die nationalistischen Geister leider so schnell nicht mehr los, die eine gütliche Einigung verhindern. Für die EBD ist klar, dass die Reihen der EU27 und ihrer demokratischen Institutionen eng geschlossen bleiben müssen, um Schaden für die Menschen klein zu halten.

5. Macrons pro-Europasymbolik ist mehr als nur Marketing: Der Lissabon-Vertrag hat die EU-Fahne zwar noch zur (materiellen) Rettung des Verfassungsvertrages aus dem Text gestrichen, doch Hymne, Flagge und Euro als Währung der EU wurden in Frankreich nun offiziell anerkannt. Für die EBD steht die EU-Flagge für demokratische und rechtstaatliche Werte. Gut, wenn dies auch nationale Staatschefs einsehen. In 10 EU-Mitgliedsländern setzt man weiter ganz auf rein nationale Symbolik, das Vereinigte Königreich selbstverständlich außen vor.


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