Europäische Wertegemeinschaft

EBD-Newsletter KW 21/2020 | Schwerpunkt: WerteEU

Nicht nur der Binnenmarkt und unsere Geschichte, sondern besonders ein gemeinsames Wertegerüst verbindet uns Europäerinnen und Europäer. Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören laut den EU-Verträgen zu einer Gesellschaft, die sich durch Pluralismus, Toleranz und Solidarität auszeichnet. Soweit der Anspruch. Denn in der Praxis wirkt das europäische Wertegerüst derzeit eher brüchig: Zu Beginn der Coronakrise schien europäische Solidarität wenig wert zu sein, als Grenzen geschlossen wurden und länderübergreifende Hilfe nur zögerlich in Gang kam. Dann nutzte die Regierung in Polen die Krise aus, eine zweifelhafte Wahlrechtsreform durchzuführen, während sich in Ungarn das Parlament selbst entmachtete. Richtig daher, dass das Europaparlament die Missstände in Ungarn letzte Woche im Plenum debattiert hat.
 Aber wir sollten nicht immer auf die üblichen Verdächtigen zeigen, denn der Pressefreiheitsindex sieht für viele Mitgliedstaaten wenig erfreulich aus. Und das Urteil zum EZB-Anleihenkauf, durch das das Bundesverfassungsgericht eine EuGH-Entscheidung als „objektiv willkürlich“ herabstufte, hat nicht nur bei Nichtjuristinnen und -juristen Stirnrunzeln hervorgerufen. Die Entscheidung ist – wenn sicher auch wider Willen des BVerfG – eine Steilvorlage für EU-kritische Stimmen, weiter am Vorrang des Unionsrechts und der Rechtsstaatlichkeit zu sägen. Die deutsche Europapolitik sollte sich diesem Eindruck entgegenstellen und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht nur als Priorität ihrer Ratspräsidentschaft verfolgen, sondern mit klaren Verhandlungsergebnissen im Rat europaweit stärken.

Ihre

Linn Selle

Präsidentin

EBDFokus: WerteEU

Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind feste Ankerpunkte der europäischen Werte, die – auch und gerade – in Krisenzeiten gelten müssen. Als „unvereinbar mit EU-Werten“ bezeichnet daher ein Statement von Mitgliedern des Europäischen Parlamentes das von Ungarn in der Coronakrise verabschiedete Notstandsgesetz und ruft die EU dazu auf, Sanktionen zu verhängen und Zahlungen zu unterbrechen. | Mehr +++ EBD-Präsidentin Selle hat das Gesetz Ende März bereits scharf kritisiert und eine konsequente Sanktionierung von Seiten der EU gefordert. | Mehr +++ Als „Orbans power grab“ verurteilte auch die Europäische Bewegung International (EMI) das Vorgehen des ungarischen Ministerpräsidenten und forderte von der Europäischen Kommission eine unmittelbare Reaktion zur Verteidigung der europäischen Werte. | Mehr +++ Die Pressefreiheit ist auch Grundvoraussetzung für die Meinungsfreiheit, die in Europa gewährleistet sein muss. Den Zustand der Presse hat EBD-Vorstandsmitglied Frank Burgdörfer anlässlich des Welttags der Pressefreiheit beurteilt. | Mehr +++ Eine Erweiterung der europäischen Staatengemeinschaft ist nur unter Anerkennung und Einhaltung demokratischer und rechtsstaatlicher Werte denkbar und muss daher eine essentielle Rolle bei den Beitrittsgesprächen südosteuropäischer Länder spielen, wie EBD-Vizepräsident Manuel Sarrazin MdB zum EU-Westbalkan-Gipfel kürzlich kommentierte. | Mehr  +++ „Die Europäischen Werte und Grundrechte achten“ ist Titel der EBD-Politik zum Thema, die bereits seit vielen Jahren die Politischen Forderungen des Vereins einleitet. | Mehr  +++ Für den EBD-Vorstand gehören Werte und Rechtsstaatlichkeit zu den Prioritäten für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Auch den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates, den Deutschland ab September 2020 innehat, soll die Bundesregierung nutzen, um neben europäischen Werten und Rechtsstaatlichkeit auch Bildung, Kultur und Jugend zu priorisieren. | Mehr

EBD-Nachrichten

„Wegweisende Grundlage“ für Kampf gegen Corona | EBD-Vize Christian Petry zu EP-Entschließung zum MFR-Notfallplan: Am vergangenen Mittwoch haben die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes mit großer Mehrheit eine legislative Entschließung angenommen, in der sie die Europäische Kommission auffordern, bis zum 15. Juni 2020 einen Vorschlag für einen Notfallplan für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU vorzulegen. EBD-Vizepräsident Christian Petry MdB begrüßt diese Entscheidung und betont, dass der neue EU-Haushalt an gesamteuropäischen Prioritäten bürgernah ausgerichtet werden muss. | Mehr

EBD De-Briefing AGRIFISH | Aufrechterhaltung des EU-Binnenmarkts gewährleistet Versorgungssicherheit in Europa: Die Bewertung und Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie standen beim zweiten digitalen Treffen des Rats für Landwirtschaft und Fischerei im Mittelpunkt. Beim EBD De-Briefing informierte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Ergebnisse und Inhalte der Ratssitzung. | Mehr

Kandidatinnen für die Women of Europe Awards 2020 gesucht! Die Women of Europe Awards gehen in die nächste Runde. Das internationale Pendant der Auszeichnung Preis Frauen Europas wird gemeinsam von der EMI und der European Women’s Lobby an Frauen vergeben, die sich haupt- oder ehrenamtlich für das europäische Projekt engagieren. Bis zum 1. September können die Mitgliedsorganisationen aus dem EBD-Netzwerk Kandidatinnen in vier Kategorien nominieren. | Mehr

Kleine Presseschau: „Cousins germains“ im Interview: Linn Selle und Yves Bertoncini im Newsletter des Deutsch-Französischen Jugendwerkes  +++Europäische Bürgerbeteiligung in Zeiten der Corona-Pandemie | EBD-Präsidentin im Podcast zur Hamburger Europawoche +++ „Kantine des Kontinents“ – DB mobil zu Gast am College of Europe in Brügge +++ Alle Berichte über die EBD auf der Website +++

Aus dem (internationalen) Netzwerk

Es ist „Europa-Mai“! Über den 9. Mai, den Europatag hinaus, widmen politische und gesellschaftliche Kräfte Veranstaltungen und Kampagnen der Auseinandersetzung mit europapolitischen Themen. Unter dem Titel des „Europa-Mai“ organisiert die Stadt München gemeinsam mit der Europa-Union Bayern Veranstaltungen, Ausstellungen und Mitmachaktionen rund um Europa. +++ Die EMI hat eine groß angelegte Kampagne gestartet, in deren Rahmen Videos zu den wichtigsten Werten, auf denen die EU beruht, veröffentlicht wurden. Die neue Veranstaltungsreihe der EuropeanChats bringt zudem regelmäßig Mitglieder aus dem EMI-Netzwerk zum Austausch über aktuelle Europathemen zusammen; los gehts heute mit einem Gespräch der Präsidentinnen der Europäischen Bewegungen Dänemarks und Kroatiens. +++ Die Vorbereitungen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft kommen in die heiße Phase: Gut einen Monat vor Beginn des Ratsvorsitzes nimmt die Heinrich-Böll-Stiftung die Themen und Rahmenbedingungen in Zeiten der Corona-Pandemie mit einer Online-Konferenz unter die Lupe. +++

Deutsche Europapolitik

Bemerkenswerte Antworten zur deutschen Europapolitik ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel letzte Woche in der Regierungsbefragung im Bundestag verlauten. Die Kanzlerin griff auch das BVerfG-Urteil zu den EZB-Anleihenkäufen auf und bekräftigte die Position der EZB, wie die FAZ berichtete. Eine Zusammenfassung der europapolitischen Themen der Regierungsbefragung bietet ein Twitter-Thread von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bedeutet eine „sehr große internationale Aufgabe“, so Außenminister Heiko Maas in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Mit der Zeitung sprach er über Chancen und Risiken des Vorsitzes im EU-Rat. | Mehr

Europa-Nachrichten der Mitgliedsorganisationen

Die Wiederöffnung der innereuropäischen Grenzen war in der vergangenen Woche Gegenstand hitziger Debatten. Innenminister Horst Seehofer gab Mitte der Woche bekannt, dass die deutschen Grenzen ab sofort schrittweise und im Laufe des Juni vollständig geöffnet würden, wie etwa der Tagesspiegel berichtete. Laut des ZDF-Politbarometers befürwortet eine klare Mehrheit der Deutschen die vollständige Grenzöffnung in der EU. Auch mehrere EBD-Mitgliedsorganisationen äußerten sich zu den Grenzöffnungen. Der BGA begrüßte die Wiederöffnung der Grenzen, denn „die deutsche Wirtschaft funktioniert nur im Zusammenspiel mit den europäischen Partnern“. Im Interview mit der FAZ bezeichnete BDA-Präsident Kramer die Grenzöffnungen „eine Art Schicksalsfrage“. Der BDI betonte, dass die Umsetzung der Maßnahmen europäische koordiniert erfolgen müssen, um Chaos bei der Wiederöffnung zu vermeiden. Zusammen mit seinen französischen und italienischen Schwestern, Confindustria und Medef, forderte der BDI zudem einen „umfassenden gesamteuropäischen Plan, der den Grundstein für erfolgreiches Wirtschaften in der Zukunft legt.“   

Je länger die Coronakrise andauert, desto stärker rücken andere drängende Themen wieder in den Vordergrund. Dies wurde an mehreren Stellungnahmen deutlich, die EBD-Mitgliedsorganisationen in der vergangenen Woche zum Thema Klimaschutz veröffentlicht haben. Der DNR kritisierte das jüngste Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion zum Green Deal, weil es versuche, „heutige Krisen mit den Rezepten von gestern zu beantworten“. Eine Analyse zum Europäischen Klimagesetz, das das Ziel der „Klimaneutralität“ der EU bis 2050 rechtlich verankern soll, liefert eine neu veröffentlichte Analyse des cep.

#EuropaPostkarte aus dem Home-Office

Ich bin Janin Hartmann, seit 2012 für die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) tätig – anfangs als Projektmanagerin für unseren Schülerwettbewerb „Europäischer Wettbewerb“, seit 2016 leite ich das Projekt und ein kleines Team von insgesamt drei Mitarbeiterinnen.

Was wird 2020 für Europa wichtig? Aus bildungspolitischer Sicht ist es wichtig, dass schnellstmöglich Strategien entwickelt werden, wie trotz der Pandemie auch weiterhin europäische Austausch- und Begegnungsprogramme stattfinden können.

Zur #EuropaPostkarte

Kommende EBD-Termine

Um die Ausbreitung des COVID-19-Virus einzudämmen, richtet die EBD ihre Veranstaltungen, falls realisierbar, digital als Videokonferenzen aus. +++ 18.05.2020: EBD De-Briefing Wettbewerbsfähigkeit  +++ 25.05.2020: EBD De-Briefing ECOFIN und Euro-Gruppe  +++ 25.05.2020: Virtuelles Netzwerktreffen der „Frauen Europas“  +++ 29.05.2020: Sitzung des EBD-Vorstands +++ 29.06.2020: EBD Briefing deutsche EU-Ratspräsidentschaft  +++ Die Mitgliederversammlung wird auf den Herbst verschoben. +++ Die Arbeit am EBD-Kalender zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat begonnen – seien Sie gespannt auf ein neues Format. Ihre geplanten Termine im 2. Halbjahr nehmen wir kontinuierlich entgegen. +++


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