EBD Newsletter KW 41|2020: Eine europäische Antwort auf Flucht und Migration?
„Die Grundrechte sind das erste, was mir in dieser Ratspräsidentschaft am Herzen liegt“, betonte Angela Merkel im Juli bei ihrer Rede vor dem Europaparlament. Wie glaubwürdig dieser Satz ist, wird sich in diesem Monat zeigen, wenn die Rechtsstaatlichkeit und das Migrationspaket im Rat zur Debatte stehen.
Dass die Bundesregierung letzte Woche eine Ratsposition zur Verknüpfung des EU-Haushalts mit Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit ausgehandelt hat, ist nur ein schwacher Erfolg. Verstöße kann die Kommission nur ahnden, wenn diese „in ausreichend direkter Weise“ die Verwendung der Mittel gefährden und der Rat zustimmt. Hier muss im Trilog nachverhandelt werden! Schließlich haben die neuen Rechtsstaatsberichte der Kommission gezeigt, dass eklatante Defizite bestehen, die es im Rat zu besprechen gilt.
Ein weiterer Lackmustest für Europas Verständnis als Wertegemeinschaft steht bereits diese Woche an. Der Rat wird sich erstmals über den Vorschlag zum Migrations- und Asylpaket beugen. Wie in der Rechtsstaats-Debatte steht auch hier eine Ost-West-Zerreißprobe zu nicht verhandelbaren Grundrechten an. Wie unsere Grafik der Woche zeigt, kommt die Kommission den Gegnern einer EU-Lösung sehr entgegen, indem sie Solidarität in der Asylpolitik neu erfindet und mit „Rückkehrpatenschaften“ ein neues Unwort des Jahres schafft.
Ich wünsche Ihnen eine gute Woche – und bleiben Sie gesund!
Ihre
Dr. Linn Selle
Präsidentin, Europäische Bewegung Deutschland e.V.
#EBDFokus: Eine europäische Antwort auf Flucht und Migration?
Als „Neuanfang in der Migrationspolitik“ versteht sich das am 23. September von der EU-Kommission vorgelegte Asyl- und Migrationspaket. Darin legt die EU-Kommission einen Vorsorge- und Krisenplan für Migration vor und schlägt Rechtsvorschriften zur Bewältigung von Krisensituationen und Fällen höherer Gewalt und zur Aufhebung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes vor. +++ Zentrale Aspekte des Kommissionsvorschlags und eine Bewertung aus Sicht der EBD-Politik stellt die #EBDGrafik der Woche zusammen – auf Deutsch und Englisch. +++ Alle Positionen der Mitgliedsorganisationen bilden die Nachrichtenschlagworte Asyl und Migration auf der EBD-Website ab. +++ Erste Reaktionen und Hintergrundinformationen aus dem Europäischen Parlament gibt es im Web-Bereich des EP. +++ Der Rat der EU wird sich auf seiner Sitzung am 8. Oktober mit dem Migrations- und Asylpaket befassen. +++Beim EBD De-Briefing Justiz und Inneres informieren Vertreterinnen und Vertreter des BMI und des BMJV am 13. Oktober zu den Ergebnissen des Ministerrates. +++ Welche Ziele die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bei der Erneuerung der Europäischen Migrations- und Asylpolitik verfolgt, stellt die EU2020DE-Website zusammen.
#EBDGrafik der Woche

Was soll künftig an den EU-Außengrenzen passieren? Wie funktioniert der neue Solidaritätsmechanismus? Und wie könnte die Zusammenarbeit in Herkunfts- und Transitländern aussehen? Die wichtigsten Vorschläge der EU-Kommission und eine Bewertung aus Sicht der EBD-Politik stellt die #EBDGrafik der Kalenderwoche 41 zusammen. | Zum Download
EBD-Nachrichten
Klare Signale für zukunftsorientierte & glaubwürdige EU setzen! | EBD-Präsidentin vor EU-Gipfel: Vom Treffen der EU-Spitzen erwartet Dr. Linn Selle „klare Signale für eine zukunftsorientierte, handlungsfähige und glaubwürdige Europapolitik“. Besonders die Digitalpolitik zählt sie in einem auf Twitter veröffentlichten Kommentar zur Priorität des Sondergipfels. | Mehr +++ Gemeinsam mit der Bundesregierung de-brieft die EBD am 6. Oktober zu den Ergebnissen des Europäischen Rates. Der reguläre EUCO zwei Wochen später wird aller Voraussicht nach mit einem mehrsprachigen EBD De-Briefing auf Englisch und Italienisch begleitet.
Berlin statt Zagreb | EBD beim digitalen EMI-Mitgliederrat 2020: Eigentlich hätte der Mitgliederrat der Europäischen Bewegung International (EMI) dieses Jahr in Zagreb tagen sollen. Durch die Covid-19-Pandemie fand er drei Monate später als geplant und rein digital statt. Einer produktiven und konstruktiven Diskussion tat dies jedoch keinen Abbruch. Als Delegierte der EBD nahmen die Vorstandsmitglieder Tobias Köck (Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendrings) und Sina Frank (Leiterin des Vorsitzendenbüros des Deutschen Gewerkschaftsbunds) am Mitgliederrat teil. | Mehr
In der Präsidentschaft ist vor der Präsidentschaft | Diskussionen zum deutschen Vorsitz in EU-Rat und Europarat: Eine Halbzeitbilanz zu EU2020DE zog EBD-Präsidentin Dr. Linn Selle bei der Europäischen Akademie Berlin. Sie mahnte eine stärkere Verankerung der Rechtsstaatlichkeit an und ein Ende des Einstimmigkeitsprinzips bei EU-Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, die rechtsstaatliche Prinzipien einschränken. | Mehr +++ Einen Ausblick auf den im November beginnenden deutschen Vorsitz im Europarat gab die SWP mit einer Fachtagung. EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann moderierte das Panel „Europa der Menschenrechte, der Demokratie und des Rechtsstaats: Politische Herausforderungen für die 2020er“ mit wissenschaftlichen Einblicken u.a. auf Osteuropa oder die Türkei. | Mehr
„Horizont Europa“ – die Zukunft der europäischen Forschung | EBD De-Briefing Wettbewerbsfähigkeit: Das neue EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation ist bereit für den Trilog. Im WBF-Rat einigten sich die EU-Forschungsministerinnen und -minister auf eine allgemeine Ausrichtung der Verordnungen zu „Horizont Europa“. Über die bis zuletzt strittigen Punkte berichtete Alexander Meincke, Referent im Referat „Forschung und Innovation in der EU“ im BMBF, beim digitalen EBD De-Briefing Wettbewerbsfähigkeit (Teil Forschung und Innovation). | Mehr
EBD-Mitgliederversammlung begrüßt Scholz und Kramp-Karrenbauer: Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die Verteidigungsministerin und Bundesvorsitzende der CDU Annegret Kramp-Karrenbauer suchen den Austausch mit den – digital zugeschalteten – Delegierten und Gästen der 259 Mitgliedsorganisationen. Ihre Reden auf der Mitgliederversammlung der EBD am 30. Oktober werden live gestreamt und ins Englische gedolmetscht. | Mehr +++ Zur Delegiertenanmeldung bzw. zur Teilnahme als Gast +++ Kandidaturen für den EBD-Vorstand nimmt das Generalsekretariat noch bis zum 15. Oktober entgegen.
Aus dem (internationalen) Netzwerk
Keine 100 Tage sind es mehr bis zum Ende der Übergangsfrist nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs. Mit einer großangelegten Kampagne unter dem Slogan #No2NoDeal versucht das European Movement UK, den Brexit ohne Abkommen mit der EU noch zu verhindern. Für den 8. Oktober ruft der britische Schwesterverband der EBD zu einem virtuellen Aktionstag gegen den No-Deal-Brexit auf.
Diskussionen zur Zukunft Europas haben Konjunktur: Unter dem Titel „Mein Europa“ sprach Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des DBJR Marius Schlageter. Livestream des Dialogs zum Nachschauen +++ „Die Zukunft der EU und Europaskeptizismus: deutsche Perspektiven in Zeiten der COVID-19-Pandemie“ lautet der Titel des virtuellen Mittagsgespräches mit Dr. Katrin Böttger und Daniel Freund MdEP, zu dem das IEP am 8. Oktober lädt. Infos und Anmeldung
Einmal quer durch den Antragsdschungel: Die neue ARD-Serie „Parlament“ schildert den Alltag eines Polit-Praktikanten im Europäischen Parlament. Die erste Staffel ist jetzt in der ARD-Mediathek zu sehen – auf Deutsch oder im französischen Original.
Deutsche Europapolitik
„Je besser wir uns in Europa in der Corona-Pandemie koordinieren, umso besser ist es für die Menschen in Europa, um durch diese schwierige Phase zu kommen“, sagte Bundeskanzlerin Merkel nach dem zweitägigen Sondergipfel des Europäischen Rates in Brüssel. Neben wirtschaftspolitischen Themen standen unter anderem die Situation in Belarus und die Beziehung zur Türkei im Fokus der Gespräche. Pressestatement der Kanzlerin nach dem EUCO +++ Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates sind auf Englisch verfügbar. +++ Hintergrundinformationen stellt die Website zur deutschen Ratspräsidentschaft zusammen.
Den am 30. September veröffentlichten Bericht über die Rechtsstaatlichkeit der Europäischen Kommission kommentiert Europa-Staatsminister Michael Roth auf Twitter. Er kündigt einen objektiven und alle Mitgliedstaaten umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Check im Rat an. +++ Eine internationale Presseschau zum Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission hat die EMI zusammengestellt.
Halbzeit bei EU2020DE: Zahlen zu den ersten drei Monaten deutscher Vorsitz im Rat der EU stellt die EU20202DE-Website zusammen. Dort gibt es auch eine Auswahl der stärksten Bilder.
Europa-Nachrichten der Mitgliedsorganisationen
Das Asyl- und Migrationspaket der Europäischen Kommission erntet unter den Mitgliedsorganisationen der EBD vor allem Kritik: „Ich finde den Vorschlag, dass Länder in der EU sich von der Aufnahme von Flüchtlingen gewissermaßen freikaufen können, zynisch“, kommentiert der IB. „Statt Solidarität und geteilte Verantwortung liegt der Fokus ganz klar auf Abwehr und Abschottung“, kritisiert die Caritas. Die Diakonie Deutschland fordert die Kommission dringend auf, „keine Abstriche auf Kosten der Geflüchteten und ihrer Rechte zu machen, nur um in dieser zerstrittenen Situation einen schlechten Kompromiss zu erzielen.“ Der djb warnt vor einer Reform des Asylsystems zulasten von Frauen und Kindern: „Die Verstetigung der menschenrechtswidrigen Unterbringung von Frauen und Kindern an den EU-Außengrenzen widerspricht dem bestehenden besonderen Schutzbedarf eklatant.“
Weitere Nachrichten der Mitgliedsorganisationen im Überblick:
- DIHK | EU-Sondergipfel: Weg aus der Krise kann nur gemeinsam gelingen
- BAGSO | Seniorenorganisationen fordern baldige Umsetzung der Ratsschlussfolgerungen zur Stärkung der Rechte älterer Menschen
- cep | Rahmen für staatliche Beihilfen wegen Corona
- EUD zum Rechtsstaatsmechanismus | Pragmatismus bis zur Selbstaufgabe
#EuropaPostkarte von den Mitgliedsorganisationen
Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) ist….
… die Arbeitsgemeinschaft und Dachverband der bundesweit tätigen Jugendverbände und der Landesjugendringe. Er hat mehr als 50 Mitglieder: 29 Jugendverbände, 16 Landesjugendringe sowie 6 Anschlussverbände. Der DBJR ist damit ein starkes Netzwerk der deutschen Jugendverbände, die von ihnen selbst und demokratisch organisierte Interessenvertretung junger Menschen – mit klaren Forderungen und als wichtiger Gesprächspartner für Parlament, Regierung, Wirtschaft und Medien. In Deutschland, aber auch auf internationalem Parkett.
Die Corona-Pandemie bedeutet für Europas Jugend…
…die Verschärfung der schwierigen Situation, die sich seit Ausbruch der Finanzkrise kaum gebessert hat. Immer noch ist die Jugendarbeitslosigkeit extrem hoch, haben junge Menschen Schwierigkeiten, sich ein unabhängiges Leben aufzubauen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie treffen junge Menschen besonders hart. Wir brauchen physischen Austausch und direkten Kontakt mit anderen, wir brauchen Freizügigkeit mindestens genauso wie funktionierenden Unterricht in Schule, Uni oder Ausbildung.
Kommende Termine
Um die Ausbreitung des Covid-19-Virus einzudämmen, richtet die EBD ihre Veranstaltungen, falls realisierbar, als Videokonferenzen aus. +++ 06.10.2020: EBD De-Briefing Europäischer Rat +++ 07.10.2020: EBD De-Briefing ECOFIN und Euro-Gruppe +++ 12.10.2020: EBD Exklusiv: TransparenzEU +++ 12.10.2020 EBD Briefing: Kommission direkt mit Margrethe Vestager +++ 13.10.2020: EBD De-Briefing Justiz und Inneres +++ 30.10.2020: EBD-Mitgliederversammlung +++ Alle Termine stellt der EBD-Kalender zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft zusammen – als gewohntes Halbjahresformat sowie in einer monatlichen Übersicht zum Selbstausdrucken.
Alle bisher erschienenen EBD-Newsletter finden Sie hier.
Zur Newsletter-Anmeldung gelangen Sie hier.