Aktuelles > EBD-Newsletter KW 51/2022 | Transparenz in der EU

Artikel Details:

Europäische Wertegemeinschaft, Europakommunikation, Institutionen & Zukunftsdebatte, Partizipation & Zivilgesellschaft

EBD-Newsletter KW 51/2022 | Transparenz in der EU

Vertrauen in politische Entscheidungen und demokratische Verfahren ist gerade heute – in Zeiten von Krieg und Desinformation – ungemein wichtig. Korruption erschüttert dieses Vertrauen.  

Der Skandal um die abgesetzte Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili ist ein erschreckender Jahresabschluss für die europäische Politik, die in den letzten Jahren in Anti-Korruptionsmaßnahmen und transparenter Politikgestaltung weit fortschrittlicher war als zahlreiche Mitgliedstaaten. Gerade das Europaparlament nimmt hier seit Jahren eine Vorreiterrolle ein. So war und ist es auch Vorbild für den Deutschen Bundestag. Zugleich müssen wir den belgischen Behörden dankbar sein. Denn in Deutschland wäre die Staatsanwaltschaft in ähnlichen Fällen wohl nicht tätig geworden.

Wie unsere #EBDGrafik zeigt, bestehen im Europaparlament aber auch weiterhin Transparenzlücken, die geschlossen werden müssen. Ein wichtiger Schlüsselfaktor ist die Einrichtung eines unabhängigen europäischen Ethikgremiums, das Korruption und Interessenskonflikte für alle EU-Institutionen aufspürt und ahnden kann. Eine konkrete Vorstellung, wie dieses Gremium arbeiten soll, hat das Europaparlament bereits im Juli 2021 vorgelegt. Auch die Europäische Kommission bewegt sich. Doch sind es vor allem die Mitgliedstaaten im Ministerrat, die sich derzeit nicht für mehr Antikorruptionsregeln durchringen. Dies liegt auch daran, dass das Thema innerhalb der Bundesregierung keine Priorität hatte. 

Aus Sicht der EBD müssen Mitgliedstaaten und EU-Institutionen gemeinsam ein System der Integrität und Verantwortung aufbauen und aufeinander abstimmen. Daher werden wir in 2023 das Thema Transparenz in der EU noch stärker begleiten. Die Synergien aus der gegenseitigen Mitgliedschaft mit Transparency International Deutschland wie auch unsere Kooperation mit der Europäischen Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly werden uns unterstützend zur Seite stehen.  

Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und ein frohes Neues Jahr 2023. 

Ihre

Dr. Linn Selle

Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland e.V.


#EBDGrafik der Woche


Der Korruptionsskandal im Europäischen Parlament erschüttert aktuell die europäische Politik. Dabei galt das EU-Parlament in Sachen Transparenz und Korruptionsbekämpfung lange Zeit als Vorbild. Über welche Transparenz- und Anti-Korruptionsinstrumente das Parlament verfügt, aber auch welche Lücken noch bestehen, zeigt unsere aktuelle #EBDGrafik. | Zum Download

Kurz gesagt mit Emily O’Reilly

Emily O’Reilly ist seit 2013 die Europäische Bürgerbeauftragte. Sie geht in ihrem Amt Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Europäischen Union nach. Jede EU-Bürgerin und jeder EU-Bürger kann sich mit einer Beschwerde über ein Missstand über dieses Formular an sie wenden. 

Wie in ihren Arbeitsschwerpunkten festgelegt, arbeitet die EBD eng mit der Europäischen Bürgerbeauftragten zusammen. 

Ihr Statement zum aktuellen Korruptionsskandal im Europaparlament:

Credit: European Union

 „Der Korruptionsskandal im Europäischen Parlament sollte ein Weckruf für die gesamte EU-Verwaltung sein. Während die Mitglieder des Europäischen Parlaments derzeit im Fokus stehen, sind sowohl Mitarbeiter*innen der EU als auch nationale Minister*innen und Botschafter*innen Zielscheiben für Lobbyarbeit, auch durch EU-Drittstaaten. Das Ethik- und Korruptionsbekämpfungssystem der EU muss gestärkt werden, um diesem Druck standzuhalten. Vorschriften zu „Seitenwechseln“ und Treffen mit Lobbyist*innen müssen umgesetzt und Interessenkonflikte reguliert werden.“

Einen längeren Kommentar zum Thema von Emily O’Reilly finden Sie ebenfalls im EU Observer.


EBD Nachrichten

Hilfen für die Ukraine und ein Kompromiss in der Energiepolitik – EBD De-Briefing Europäischer Rat | Bei der Sitzung des Europäischen Rates am 15.12.2022 (EUCO) standen der russische Angriffskrieg, die Energiekrise sowie die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf der Agenda. Beim De-Briefing am 20. Dezember berichteten Anke Meyer, Beauftragte für EU-Koordinierung und EU-Sachpolitiken im Auswärtigen Amt (AA), und Dr. Kirsten Scholl, Leiterin der Abteilung für Europapolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), den etwa 100 Teilnehmenden von den zentralen Ergebnissen. Besonders hervor hoben die beiden De-Brieferinnen die Verleihung des Beitrittskandidatenstatus an Bosnien-Herzegowina. Auch Dr. Jörg Wojahn, Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, verwies in seinem Statement auf die geopolitische Wichtigkeit dieser Entscheidung. In ihrem Erstkommentar betonte EBD-Präsidentin Dr. Linn Selle die Bedeutung der Transparenz für die EU-Institutionen. | Mehr

Transparenz in der EU stärken – EBD-Generalsekretär und TI-Vorstand Bernd Hüttemann im Interview | Nach den Korruptionsvorwürfen im Europaparlament sprach sich EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann im Rahmen mehrerer Interviews für klare Regulierung des Lobbyismus und der organisierten Interessenvertretung auf europäischer Ebene aus. Als Vorstand von Transparency International plädierte er in seinen Beiträge im Zeit Online Podcast „Was jetzt?“, dem Format „Cosmo Italiano“ des WDR und bei Deutschlandfunk Nova für die Einrichtung einer unabhängigen Ethikkommission. Im Gespräch mit Bild-Live betonte er zudem, dass das EU-Parlament trotz der aktuellen Geschehnisse zu den transparentesten Parlamenten Europas zähle. Die Forderung der EBD-Politik nach mehr Transparenz in der EU bekräftigten sowohl EBD-Vorstand Funda Tekin als auch Bernd Hüttemann bei ihren Auftritten bei Phoenix.

Welt-Anti-Korruptionstag | Zum Welt-Antikorruptionstag am 9. Dezember gab EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann zudem dem Magazin Scheinwerfer der EBD-Mitgliedsorganisation Transparency International Deutschland ein Interview. Dabei beleuchtete er die Hintergründe zu den geplanten Maßnahmen des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus gegenüber Ungarn. Die Europäischen Kommission leitete 2022 das Verfahrens gegen Ungarn ein aufgrund der Einschränkungen der Pressefreiheit und der Rechte der LGBTQ+ Community sowie die fehlende Unabhängigkeit der Justiz. | Mehr

Verleihung der Women of Europe Awards 2022 | In Brüssel fand am 8. Dezember die siebte Verleihung der Women of Europe Awards statt, ausgerichtet von European Movement International (EMI). Seitens der EBD reiste die Delegation mit den Preisträgerinnnen des deutschen Preis Frauen Europas Dr. Gudrun Schmidt-Kärner, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Lisi Maier sowie EBD-Vorstandsmitglied Sabine Overkämping nach Brüssel. | Mehr

Kein Durchbruch beim Gesetz zu Plattformarbeit – EBD De-Briefing EPSCO | Bei der Sitzung des Rats für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) am 08.12.2022 stand der Entwurf eines EU-Gesetzes zur Plattformarbeit im Fokus. Im Rahmen unseres De-Briefings am 12. Dezember informierten Florian Schierle, Europabeauftragter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), und Johanna Wöran, stellvertretende Referatsleiterin EU im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), über die verfehlte Einheit der Mitgliedsstaaten beim Gesetzesentwurf. Moderiert wurde die digitale Veranstaltung von Markus Vennewald, Referent für Europapolitik der EBD. | Mehr

Stellenausschreibung – EBD sucht Verstärkung | Für unser Team in Berlin suchen wir zum 1. Februar 2023 eine/n Sachbearbeiter/in Projekte und Organisation (m/w/d) in Vollzeit. Die Vergütung erfolgt nach TVöD EG 7. Der Bewerbungsschluss ist der 2. Januar 2023. | Mehr


Europanachrichten der Mitgliedsorganisationen

Im Dezember 2022 verschärfte die EU mit der Ausweitung des EU-Emissionshandels sowie der Einführung eines Klimasozialfonds die europäischen Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des Fit for 55 Pakets. Mit Blick auf den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) erzielten die Verhandlungsführerinnen und -führer am 13. Dezember eine Einigung,die den Weg zum weltweit ersten Zoll auf CO2-intensive Waren ebnet. Diese Schritte der EU sind auch für einige unserer Mitgliedsorganisationen von großer Bedeutung. „Mit CBAM geht die Europäische Union zwar das für die Wirtschaft wichtige Carbon-Leakage Problem an. Jedoch entstehen damit gleichzeitig neue Unternehmensbelastungen und Rechtsunsicherheit gerade durch die hochkomplexen Berechnungs- und Nachweismethoden“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Dr. Achim Dercks des Deutschen Industrie und Handelskammertag e.V. (DIHK).

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) übte Kritik am CBAM: „Die EU muss bei der Einführung genau schauen, ob und wie das System funktioniert. Bevor CBAM auf weitere Produkte ausgeweitet werden, muss es einen schonungslosen Realitätscheck geben. Die Gefahr ist groß, dass europäische Chemieproduktion gegenüber den USA, aber auch den Golfstaaten oder China, weiter an Wettbewerbsfähigkeit verliert.“ Ähnlich wie der DIHK, verweist auch der VCI auf die Auswirkungen des CBAM für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.

Im Gegensatz dazu bewertet Florian Schöne vom Deutschen Naturschutzring (DNR) die im Rahmen des Fit for 55 Pakets erzielte Einigung als Stärkung der europäischen Klimapolitik: „Lobenswert ist, dass das EU-Parlament viele wichtige Elemente für einen stärkeren Klimaschutz in diesem Jahrzehnt gesichert hat.“ Während die Einigung am 18. Dezember laut DNR eine Verbesserung in vielen Bereichen der europäischen Klimapolitik bedeutet, übt der DNR auch Kritik an den Trilog-Verhandlungen. 

Weitere Nachrichten:

  • EUD | Europa-Union Generalsekretär Christian Moos zum Korruptionsskandal um EU-Politiker
  • ver.di | Applaus ist nicht genug: Gesundheitsbeschäftigte demonstrieren in Brüssel
  • BVMed | EPSCO-Meeting: BVMed begrüßt MDR-Initiative: „Schnelle Umsetzung der Lösungsmaßnahmen nötig“

Aus dem (internationalen) Netzwerk

Um zu zeigen, wie eng Kunst und Politik miteinander verknüpft sind, veranstaltet die Europäische Akademie Berlin (EAB) am 22. Dezember 2022 den zweiten Teil ihres „Made for Europe-Gallery Walks„.  Im Rahmen eines Galeriebesuchs haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit mit der EAB und S.E. Botschafter Dr. Paul Seger, Botschafter der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Thema „Beziehungsstatus EU-Schweiz“ zu diskutieren. | Mehr

Das Institut für Europäische Politik (IEP) sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt oder 1. März 2023 eine/n Wissenschaftliche/n Referent/in der Geschäftsführung, der oder die den strategischen Ausbau des Forschungsbereichs des IEP vorantreibt sowie wissenschaftliche und internationale Veranstaltungsformate konzipiert und umsetzt. Eine Bewerbung ist noch bis zum 04. Januar 2023 möglich. | Mehr


#Nachgefragt bei… Daniel Freund

Mit dem Format „Nachgefragt bei“ kommen regelmäßig europapolitische Stimmen in Form eines Kurzinterviews zu Wort. Heute heißt es anlässlich der aktuellen Korruptionsvorwürfe gegen Mitglieder des EU-Parlaments: Nachgefragt bei … Daniel Freund, Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe Anti-Korruption im Europaparlament sowie Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

Credit: Daniel Freund

Wie muss die EU reagieren, um einen Ansehensverlust des Europaparlaments in der öffentlichen Wahrnehmung vorzubeugen? Welche konkreten Regeln sollten das Europaparlament – aber auch der Rat der EU und die Europäische Kommission – implementieren, um der Gefahr durch Korruption zu begegnen? 

„Das Europaparlament ist zu anfällig für intransparente Einflussnahme. So wie bisher darf es nicht weitergehen. Wir brauchen jetzt eine Reform der Lobbyregeln, damit der Einfluss von Dritten auf die europäische Demokratie transparent wird. Lobbying von Drittstaaten gehört ins Lobbyregister. Vermögensverhältnisse von Abgeordneten sollen offengelegt werden. Abgeordnete sollen abkühlen bevor sie in Lobby-Anschlussjobs wechseln. Regeln sollen von einer unabhängigen Ethikbehörde kontrolliert werden. Die EU-Kommission muss mehr als ein Jahr nach der Parlamentsposition für eine Ethikbehörde endlich den Vorschlag vorlegen. Der Rat sollte sich dem anschließen.“

Zum vollständigen Kurzinterview


Kommende Termine

Um die Ausbreitung des COVID-19-Virus einzudämmen, richtet die EBD ihre Veranstaltungen, falls realisierbar, als Videokonferenzen aus.

17. Januar 2023 | EBD De-Briefing zur schwedischen Ratspräsidentschaft mit S.E. Per Thöresson, schwedischer Botschafter in Berlin, Sibylle Katharina Sorg, Auswärtiges Amt (AA), und Dr. Kirsten Scholl, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Den Erstkommentar halten Dr. Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, sowie Dr. Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD).

Alle Termine stellt der EBD-Kalender zur tschechischen EU-Ratspräsidentschaft zusammen.


Medienkooperation mit Table.Media

Europe.Table ist das tägliche Decision Brief für europäische Regulierung. Als Mitgliedsorganisation der Europäischen Bewegung Deutschland beziehen Sie das Briefing zu stark vergünstigten Konditionen. Erhalten Sie werktäglich fundierte Analysen zu den Gesetzgebungsprozessen, mit Nachrichten und Hintergründen aus Brüssel und anderen europäischen Zentren. Bei Fragen und Interesse am Kooperationsangebot wenden Sie sich gerne an Florian Ebert.

Die EBD weist zudem in Kooperation mit Table.Media auf folgende EU-Termine hin:


Alle bisher erschienenen EBD-Newsletter finden Sie hier.

Zur Newsletter-Anmeldung gelangen Sie hier.

English version of this newsletter