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Justiz & Inneres

Flucht in die EU und Deutschlands Politik

Deutschland beschäftigen und bewegen zunehmend die Flüchtlingsströme in die Europäische Union. Auch beim EBD De-Briefing ging es um die Bewertung der Bundesregierung zu den EU-Politikfeldern im Bereich Innen- und Justiz. Grundlage der Diskussion waren die Ergebnisse der Sitzungen vom 9./10. Oktober 2014 in Luxemburg: Zusammenfassung der Ratstagung mit Schlussfolgerungen (Englisch) & Council conclusions on ‚Taking action to better manage migratory flows‘ (Englisch). In den Schlussfolgerungen wird unter anderem ein einheitliches europäisches Asylverfahren angestrebt. Fingerabdrücke sollen die sofortige Identifikation an Land gewährleisten. Außerdem solle mehr Unterstützung für die akut betroffenen Ländern geleistet werden. Rede und Antwort standen Thomas Binder, Leiter der Unterabteilung G II: EU- und Internationale Angelegenheiten im Bundesministerium des Innern und Dr. Sigrid Jacoby, Leiterin des Stabes EU des Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV). Die Erstkommentierung durch die Europäischen Kommission erfolgte durch Elisabeth Kotthaus.

Das BMJV informierte vor allem über den Gesetzesvorschlag zur Einsetzung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Die Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft werde bereits seit über zehn Jahren kontrovers diskutiert. Die genaue Institutionalisierung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, sowie diverse Rahmenbedingungen sind dabei noch zu klären.

Die Apostillen-Verordnung soll die Vereinfachung der Anerkennung öffentlicher Dokunmente in der EU anstreben. Die stetig zunehmende Internationalisierung des Rechtsverkehrs führt dazu, dass immer häufiger inländische Urkunden auch im Ausland und ausländische Urkunden im Inland Wirkung entfalten sollen. Es wurde in der Diskussion mehr Flexibilität des Rates angemahnt, da durch die Verordnung ein hoher Bürokratieaufwand vermieden werden könne.

Ein weiteres Thema des heutigen Treffens waren mögliche Maßnahmen gegen die Reisebewegungen der „Foreign Fighters„, die aus europäischen Staaten ausreisen, um sich an den Gewalttaten des „Islamischen Staates“ zu beteiligen. Besorgnis erregend ist dabei nicht nur die hohe Zahl von jungen Menschen, die nach Syrien reisen, um sich dort am Bürgerkrieg zu beteiligen, sondern auch die Angst der Rückkehr dieser Kämpfer und möglichen Anschlägen. Um das zu verhindern, sei der Austausch innerhalb der EU, insbesondere über Reisewege, wesentlich. Ebenso wichtig seien präventive Maßnahmen, die als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden müssten. Die zunehmende Visabefreiung für Drittstaatsangehörige führt zu einem Verlust an Sicherheit, der man begegnen müsse. Daher werde zurzeit über ein europäisches Ein- und Ausreisesystem verhandelt. Man stehe aber bei diesem technisch anspruchsvollen System noch am Anfang. Konkret sollen die Daten von sämtlichen Flugreisenden übermittelt werden. Hier müsse jedoch noch eine objektive Grundlage geschaffen werden, welche Daten man genau sammeln dürfe. Außerdem sollen zur Verhinderung der Ein-und Ausreise politischer Djihadisten entsprechende Kontrollen durchgeführt werden. Dies müsse jedoch alles auf einer Basis ohne Rechtsänderung geschehen, da das Problem jetzt akut ist und eine mögliche Rechtsänderung Jahre in Anspruch nehmen würde. Wie genau die Kontrollen der Foreign Fighter im Rahmen des Schenger Grenzkodex durchgeführt werden können, ist dabei noch nicht klar. Fest steht, dass schnelle Änderungen im Schengener Informationssystem  umgesetzt werden und intensivere Grenzkontrollen an der EU-Außengrenzen ermöglicht werden müssen.

Wie sollen die Flüchtlingsströme bewältigt werden? Wie sieht die Bundesregierung die  italienische Initiative?  Wie können Asylverfahren beschleunigt werden? Die EU-Innenminister einigen sich auf eine gemeinsame Strategie im Umgang mit wachsenden Flüchtlingszahlen. Zu der gemeinsamen Strategie gehören eine abgestimmte Politik gegenüber Herkunfts- und Transitländern, eine entschlossene Bekämpfung von Schlepperbanden, die Verpflichtung aller europäischen Staaten, Flüchtlinge zu registrieren sowie die Bereitschaft, EU-Länder mit vielen Flüchtlingen durch eine Umverteilung in Europa zu entlasten. Unter europäischer Koordinierung sollen zudem schneller als bisher Asylsuchende, die kein Asyl erhalten, in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. In der abschließenden Diskussionsrunde kam die Frage auf, ob das BMI dessen bewusst ist, dass der Wechsel von #Frontex zu #Triton mehr Seetote mit sich bringen wird. Hier muss berücksichtigt werden, dass Triton nicht über die gleichen Mandate wie Frontex verfügt und somit auch nicht die gleichen Ansprüche an Triton gestellt werden können. Deutschland und Schweden nehmen zusammen etwa fünfzig Prozent aller Flüchtlinge in Europa auf. Man müsse sich vergegenwärtigen, dass Asylsuchende sich nicht aussuchen können, in welchem Land sie Asyl beantragen wollen. Das Resettlement und die Relocation von Flüchtlingen ist ebenso ein schwieriges Unterfangen, da man Flüchtlinge auch nicht zwingen könne in gewisse Länder zu ziehen.

Der Europäische Gerichtshof hat mit seiner Entscheidung zum sogenannten „Recht auf vergessen werden“ ein weitreichendes Urteil für den #Datenschutz  in Europa gefällt. Die EU dürfe beim Datenschutz keine Kompromisse machen und muss sich für eine modernere, europaweit gültige Datenschutzordnung einsetzen. Die EU-Kommission hat eine umfassende Reform der EU-Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten vorgeschlagen.
Von den EBD-Mitgliedsorganisationen haben sich im Vorfeld des Rates, vor allem die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbänden geäußert: Caritas: „Seerettung und gemeinsame Asylpolitik ist Aufgabe der gesamten EU“ und Diakonie: „Bundesregierung verpasst Chance zum Bekenntnis für ein solidarisches Europa“.Mehr Hintergrundwissen zur #Asylpolitik bietet die Mitteilung der Kommission über Einwanderung und Asyl.