Europäischer Rat malt Chancen und Hürden auf | EBD De-Briefing EUCO
Europa steht vor zahlreichen Krisen und Hindernissen, die es gemeinsam zu überwinden gilt. Neben dem andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine befindet sich die EU inmitten einer sich wandelnden globalen Dynamik. So ist es wenig verwunderlich, dass auch auf der Tagesordnung des Europäischen Rates vom 29. und 30. Juli 2023 der Fokus auf den jüngsten Entwicklungen des Angriffskriegs, auf Fragen der Migrations-, sowie Außen- und Sicherheitspolitik und der Wirtschaft Europas lag.
Im EBD De-Briefing Europäischer Rat (03.07.2023) gaben Sybille Katharina Sorg, Leiterin der Europaabteilung im Auswärtigen Amt und Dr. Kirsten Scholl, Leiterin der Europaabteilung im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Einblicke in die Themen und Ergebnisse der Sitzung. Das EBD De-Briefing wurde im Anschluss an unsere diesjährige Mitgliederversammlung im dbb Forum abgehalten.
Der Europäische Rat sendete, auch mit Blick auf den anstehenden Nato-Gipfel, ein starkes Signal: Hauptziel müsse weiterhin sein, die Unterstützung für die Ukraine zu gewährleisten. Hier wurde hervorgehoben, dass Wirtschaft und Politik nicht autonom voneinander bestehen, sondern eng miteinander verflochten sind. So können politische und wirtschaftliche Folgen als auch Maßnahmen nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Im Rahmen dessen wurde erneut betont, dass Russland für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Eine Option bilden „Frozen Assets“. Das Einfrieren russischer Konten birgt jedoch knifflige rechtliche Grundlagen. Unabhängig von den spezifischen Lösungsstrategien ist eine Einigung der EU-Staaten zu diesen Fragen unabdingbar. Man möchte möglichst bald eine geschlossene Haltung dazu formulieren.
Mit Blick auf die EU-Außenbeziehungen müssten gleich mehrere Schwerpunkte gesetzt werden. Das Deutsch-Französische Engagement im Hinblick auf den Westbalkan soll fortgesetzt werden. Aus Sicht der Bundesregierung liegt der Fokus hier vor Allem auf der Türkei. So soll bis zum nächsten Treffen des Europäischen Rates eine ausführliche Bestandsaufnahme zum Land erfolgen. Auf eine feste Agenda zu den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei konnte sich nicht geeinigt werden. Die Mitgliedsstaaten setzen in Bezug auf die Türkei sehr unterschiedliche Schwerpunkte und Akzente. Mit der spanischen Ratspräsidentschaft orientiert sich die EU in Zukunft verstärkt in Richtung Lateinamerika.
China stellte, anders als die Türkei, ein weniger konfliktträchtiges Thema dar. Der Europäische Rat ist sich einig, die Volksrepublik muss als Partner, Konkurrent und systemischer Rivale betrachtet werden. Dennoch fanden intensive Diskussion zu De-coupling und De-risking Einlass in der Tagesordnung.
Zur Debatte steht ein EU-China-Gipfel Ende des Jahres, bei dem die Präsidentin der Europäischen Kommission und der Präsident des Europäischen Rates teilnehmen sollen.
Während sich die Legislaturperiode dem Ende zuneigt, stehen noch zahlreiche Gesetzesvorhaben aus, die vor der Parlamentswahl im nächsten Jahr dringend abgeschlossen werden müssten. Einen wichtigen Aspekt stellten Gespräche über kritische Rohstoffe, künstliche Intelligenz und das Pharmapaket dar. Die Vollendung des einheitlichen Patentrechts erlaubt nun dem Patentgericht tätig zu werden. Zudem veranlasste das 30 Jährige Jubiläum des Binnenmarktes den Rat zum Erstellen eines Berichts über die Zukunft des Binnenmarktes, in dem die Weichen für kommende Entwicklungen gestellt werden.
Auch das Thema Migration wurde aufgegriffen. Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, betonte, dass er eine Erklärung im eigenen Namen zur Thematik abgeben möchte. Mit Blick auf die Trilogverhandlungen zum Asylpaket wurde das gegenwärtige System als dysfunktional betitelt. Die Bundesregierung ist entschlossen, keine Rückschritte in Bezug auf nationale Beschlüsse im Bereich Justiz und Innenpolitik hinzunehmen. Der Mehrheitsbeschluss sei gerechtfertigt, auch aufgrund einer langen Kette von vorherigen Kompromissen.
Deutschland steht mit seiner liberalen Position zur Migration weitgehend allein im europäischen Raum, obwohl es gelegentlich Unterstützung von Luxemburg und manchmal Portugal erhält. Die Bundesregierung setzt darauf, die Asylreform GEAS noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.
Im Anschluss an das EBD De-Briefing nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, weitere Themen aus den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu diskutieren.
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