Friedrich-Naumann-Stiftung: Konferenz zu transatlantischen Zukunftsfragen
Im Juni fand zum vierten Mal die Konferenz zum Thema ‚The Current State of Transatlantic Relations‘, diesmal in Savannah, GA, statt. Auf der Agenda standen vorrangig transatlantische Zukunftsfragen. Die amerikanischen und kanadischen Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um in den direkten Dialog mit deutschen Vertretern aus Politik zu treten, neue Kontakte aufzubauen und alte zu pflegen.
Robert Moran, Partner der Brunswick Group, richtete den Blick in seinem Vortrag zum Thema ‚Global Trends 2030‘ in die Zukunft. Wie werden verschobene Machtverhältnisse, eine alternde Bevölkerung, die zunehmende Urbanisierung und Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sich in den nächsten 17 Jahren auf die Menschheit auswirken? Mit diesen Megatrends hat sich der National Intelligence Council (NIC) auseinandergesetzt und vier Szenarien für das Jahr 2030 entwickelt, die Robert Moran vorstellte, vor allem aber kritisch analysierte.
Für die transatlantischen Beziehungen von besonderer Bedeutung ist das geplante ‚Transatlantische Investitions- und Handelsabkommen‘. Hans H. Stein, Leiter des Regionalbüros Europäische Institutionen und Nordamerika der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, verdeutlichte, dass das „Transatlantic Trade Investment Partnership (TTIP)“ neben der Eliminierung von Zollschranken vor allem die Reduzierung von nicht tarifären Handelsbarrieren angehen müsse. Ein erfolgreiches Abkommen würde auf beiden Seiten des Atlantiks die Wirtschaft stärken, den Arbeitsmarkt beleben, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und vor allem auch dem Verbraucher, in Form von niedrigeren Preisen und einer breiten Produktauswahl, Vorteile verschaffen.
Neben all den positiven Effekten dürfe man aber die Herausforderungen und Schwierigkeiten nicht vergessen. Gerade die Verhandlungen im Agrarbereich, die sich insbesondere um Qualitätsstandards und Lebensmittelsicherheit drehen, würden sich schwierig gestalten. Die lebhafte und kontroverse Debatte zwischen Amerikanern und Europäern im Anschluss an den Vortrag verdeutlichte den hohen Informationsbedarf, den es in diesem Bereich noch zu decken gilt sowie das ausgiebige Diskussionspotenzial, das dieses Thema birgt. So illustrierte z.B. der erfolgreiche Politikberater Joe Hansen an praktischen Beispielen aus seinem Arbeitsbereich, wie er eine Zustimmung zu einem solchen Abkommen vor der nächsten Wahl ‚ausschlachten‘ würde. Stolpersteine für die Durchsetzung des TTIP in Washington, DC sehe er vor allem in der Macht von großen Lobbygruppen, die sehr schnell starken Druck auf den Kongress ausüben können.
Ein weiteres Thema, das sowohl in den USA als auch in Europa immer mehr an Aufmerksamkeit gewinnt, ist der Abbau von Schiefergas durch die umstrittene Abbaumethode ‚fracking‘. Laut Corey Johnson, Dozent im Fachbereich Geografie der University of North Carolina, drehe sich die internationale Debatte vor allem um Umweltfaktoren. Während in den USA eine regelrechte Rohstoff-Revolution stattfände und das Gas ungehindert von Umweltschutzauflagen abgebaut werden könne, stehe man dem Gewinn von Schiefergas in Europa eher verhalten gegenüber. Zwar gebe es große Vorkommen in Europa, wie z.B. in Polen, jedoch überwiege die Angst vor hohen Umweltrisiken. In den USA würde man außerdem intensiv darüber diskutieren, inwiefern sich eine mögliche Energieunabhängigkeit der USA, auf die Außenpolitik des Landes auswirken könne.
In Europa werde diese Debatte zum jetzigen Zeitpunkt nicht ernst genommen. Vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahlen im September 2013 war das Interesse der Teilnehmer am Beitrag von Reinhard Schlinkert, Geschäftsführer von dimap- das Institut für Markt- und Politikforschung, besonders groß. Wo liegen die aktuellen Umfragewerte und welche Themen stehen ganz oben auf der politischen Agenda in Deutschland? Über diese Themen referierte Schlinkert aus erster Hand. Spitzenreiter bei den wichtigsten politischen Aufgaben sei ein stabiler Euro, eine gesicherte und bezahlbare Energieversorgung, angemessene Renten, ein gerechtes Steuersystem und geringere öffentliche Schulden. Im direkten Vergleich der Kanzlerkandidaten von CDU und SPD schlage Merkel ihren Rivalen Steinbrück laut Umfragewerten in puncto Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und wirtschaftlichem Sachverstand.
So konnte Merkel ihren Vorsprung in den letzten Monaten stetig vergrößern. Doch nicht nur die Innen-, auch die Außenpolitik Deutschlands stand auf dem Programm. Deshalb freute sich das TAD besonders darüber Michael Link MdB, Staatsminister im Auswärtigen Amt, auf der Konferenz begrüßen zu dürfen. Unter dem Titel ‚Deutschlands Rolle in der Welt‘ betonte StM Link zunächst die Wichtigkeit der europäischen Integration und richtet seinen Blick danach auf die transatlantischen Beziehungen: Die Verhandlungen zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen begrüße er, wies aber darauf hin, dass die Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks noch nicht ausreichend über die Bedeutung eines solchen Abkommens aufgeklärt seien.
Greg Fergus, ehemaliger Wahlkampfmanager der Liberalen Partei Kanadas (LPC), und Meaghan Conroy, Mitglied der LPC und ehemalige Mitarbeiterin des Premierministers Paul Martin, berichteten über die politischen Entwicklungen in Kanada. Gerade weil Kanada –im Gegensatz zu den USA- in den Medien weniger präsent ist, schätzten die Teilnehmer diesen Teil der Konferenz. Ganz oben auf der Agenda stand die Wahl von Justin Trudeau, Sohn des ehemaligen kanadischen Premierministers Pierre Trudeau, zum neuen Parteivorsitzenden der LPC und somit zum Spitzenkandidaten der LPC für die kommenden Parlamentswahlen.
Sein großes Charisma, sein sicheres Auftreten und nicht zuletzt sein berühmter Name haben ihm sehr dabei geholfen das Amt des Parteivorsitzenden zu ergattern. Da in Kanada vor allem die Persönlichkeit eines Spitzenkandidaten einer Partei ausschlaggebend für dessen Wahlerfolg bzw. -niederlage sei, stünden die Chancen der LPC im Hinblick auf die anstehenden Parlamentswahlen im Jahr 2015 gut. Einen Überblick über die politische Situation und die geschichtliche Entwicklung des Gastgeber-Staates Georgia lieferten der republikanische State Senator Eric Johnson, ehemaliger Landtagsabgeordneter von Georgia und der Demokrat Steve Anthony, Dozent für Politikwissenschaften an der Georgia State University und ehemaliger Geschäftsführer der demokratischen Partei in Georgia.
Das Bundesland war 128 Jahre fest in demokratischer Hand und wird seit ca. 10 Jahren von einer republikanischen Mehrheit regiert. Grund für den politischen Wandel war die nach links driftende demokratische Partei auf nationaler Ebene. Strukturell wählen die Bürger Georgias konservativ. Jedoch betonten die Referenten, dass sich das Mehrheitsverhältnis aufgrund des demografischen Wandels in Georgia, der besonders durch die Zuwanderung von Latinowählern geprägt sei, in den nächsten 10 Jahren wieder wandeln könne.
Die Konferenz ist ein Programm des Transatlantischen Dialogprogramms (TAD) der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und richtet sich an ehemalige Teilnehmer der vom TAD organisierten Studienreisen für politische Nachwuchsführungskräfte, amerikanische Landtagsabgeordnete und U.S. Lieutenant Governors nach Deutschland.