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Friedrich-Naumann-Stiftung | Mit „Europa-Hut“ zur Queen’s Speech

Man wollte seinen Augen kaum trauen, doch da saß sie: die Queen – mutmaßliche „Brexiter“ – mit einem „Europa-Hut“, ein Kopfschmuck in blau mit gelben Applikationen. Ein Hut, der mit seiner Farbgebung sehr an die europäische Flagge erinnert. Wollte die Queen in ihrer gestrigen „Queen’s Speech“ ein Zeichen für Europa setzen? Spekulation. Bestätigt ist nach der Vorstellung des neuen Regierungsprogramms stattdessen der harte Brexit.

Denn die Queen las in ihrer traditionellen „Queen’s Speech“ die von Theresa May vorgelegte Rede vor, die die großen Eckpunkte ihrer zukünftigen Regierung beschreiben. Dabei ist es Jahrzehnte her, dass das Programm einer Regierung verlesen wurde, die (noch) keine gesicherte Mehrheit im Unterhaus hat.

Ein Deal zwischen Mays Konservativen und der nordirischen DUP steht noch aus. Beobachter gehen davon aus, dass der Deal nur eine Frage der Zeit ist und vielleicht schon heute unter Dach und Fach gebracht wird. Spätestens Ende nächster Woche muss May einen Unterstützer für ihre Minderheitsregierung haben, dann nämlich wird über das gestern verlesene Regierungsprogramm abgestimmt.

Darin hatte May einige der kontroversen Vorschläge aus dem konservativen Wahlprogramm fallen gelassen, darunter die sogenannte „Demenz-Steuer“, die der Partei im Wahlkampf um die Ohren geflogen war. Die Ausweitung der umstrittenen „Grammar Schools“, die die Untergliederung der britischen Schulformen zementieren würde, ist ebenfalls vom Tisch. Auch die im Wahlkampf versprochene Abstimmung über die Re-Legalisierung der Fuchsjagd – die vor allem bei jüngeren Wählern auf Protest gestoßen war – wurde mit keinem Wort mehr erwähnt.

Prominent bei der Vorstellung des Regierungsprogramms war hingegen der Brexit – kein Wunder, denn er wird das überragende außenpolitische Thema der nächsten zwei Jahre sein. Brexit und der damit verbundene straffe Zeitplan ist außerdem der einzige Grund, warum Theresa May nach dem schlechten Wahlergebnis nicht ihren Hut nehmen musste.

Acht Gesetze will die Regierung mit Blick auf den Brexit verabschieden. Dazu gehört einerseits die sogenannte „Repeal-Bill“, die einen Übertrag der europäischen Gesetzgebung in die britischen Gesetzbücher garantieren soll. Die Idee dahinter: Britisches Leben soll nicht ins rechtliche Limbo fallen, wenn Großbritannien aus der EU austritt. Stattdessen sollen nach und nach unbeliebte Gesetze verändert werden.

Dazu warnten die britischen Liberalen: „Niemand hat seine Stimme abgegeben, um seine Rechte beschnitten zu sehen, ärmer zu werden oder in einem unsicheren Land zu leben. Die Liberalen Demokraten werden sich einer Aufweichung der bestehenden Standards entgegenstellen und für Transparenz eintreten“, so Brexit-Sprecher Tom Brake.

Ganz klar gab May im Regierungsprogramm auch an, dass ihre Regierung nach Ausscheiden aus der Union ein Gesetz zur Regelung der Einwanderung erlassen, Zölle erheben und Handelsabkommen mit anderen Staaten abschließen wolle. Diese drei Vorschläge zementieren den harten Brexit, da sie einen Verbleib im Binnenmarkt mit seiner Personenfreizügigkeit unmöglich machen und auch die Grundpfeiler der Zollunion und der gemeinsamen Handelspolitik angehen.

Für „Remainer“, „Soft-Brexiters“, und Europäer, die Großbritannien gerne weiterhin im Binnenmarkt sehen wollen, waren es also keine guten Nachrichten, die die Queen gestern verlas. Zum EU-Gipfel diese Woche wird Theresa May allerdings gute Nachrichten mitbringen. Hier will sie den Staats- und Regierungschefs ein „großes und großzügiges“ Angebot für EU-Bürger in Großbritannien machen.

Man wünscht sich fast, May würde in Brüssel von lauter blau-gelben Hüten begrüßt. Herrlich! „Flagge zeigen“ geht auch subtil wie wir seit gestern wissen