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Wirtschaft & Finanzen

Große Vorhaben in schwierigen Zeiten | EBD De-Briefing ECOFIN und Euro-Gruppe

Das wirtschaftliche Fundament der Eurozone ist robust, doch die Herausforderungen der kommenden Monate immens angesichts des Kriegs in der Ukraine, so lautet die allgemeine Einschätzung der Expertinnen und Experten auf EU-Ebene. Trotz dieser schwierigen Lage stehen derzeit große Vorhaben auf der Agenda des Rats für Wirtschaft und Finanzen. Bevor das EBD De-Briefing ECOFIN und Euro-Gruppe am 16. März auf diese Themen im Detail einging, freute sich die EBD sehr, Dr. Judith Hermes als De-Brieferin begrüßen zu dürfen. Frau Dr. Hermes war bereits zwei Jahre lang im Grundsatzreferat der Europaabteilung mit finanziellen Aspekten der Europapolitik betraut und ist seit Anfang des Jahres kommissarische Leiterin der Europaabteilung im Bundesministerium der Finanzen (BMF). Am Mittwoch nun berichtete sie zum ersten Mal den rund 50 Teilnehmenden des De-Briefings von der Sitzung des Rats für Wirtschaft und Finanzen vom 15. März. Moderiert wurde die Veranstaltung von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann.

Der Krieg in der Ukraine beeinflusst derzeit die Arbeit sämtlicher Ratsformationen. Deshalb blickte auch der ECOFIN-Rat in seiner Sitzung zunächst auf die aktuelle wirtschaftliche Lage und die Auswirkungen der Sanktionen auf Russland sowie auf die Europäische Union. Die beschlossenen Sanktionen wirken sich bereits stark auf die russische Wirtschaft aus, so ist beispielsweise der Rubel gegenüber dem Dollar stark abgewertet worden. Doch auch Schäden für die europäische Wirtschaft müssen im Blick behalten werden. Bisher seien aber trotz spürbarer Preisanstiege bei Energie – und voraussichtlich absehbar auch bei Lebensmitteln – die negativen Effekte auf die Finanzmärkte und auf die europäische Wirtschaft insgesamt überschaubar. Wie bereits in dem EBD De-Briefing am 11. März zur Sitzung des EZB-Rats zu vernehmen war, schätzen die Experten das wirtschaftliche Fundament der Eurozone als robust ein. Doch die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten, insbesondere da einige Mitgliedsstaaten zudem auf weitere Sanktionen bis hin zu einem Embargo für Energielieferungen aus Russland drängen. Zur Abfederung möglicher Selbstschäden verursacht durch die Sanktionen diskutierten die Ministerinnen und Minister auch die Möglichkeit temporärer staatlicher Beihilfen für Unternehmen.

Abseits der angespannten wirtschaftlichen Lage durch den Krieg in der Ukraine standen mehrere große Vorhaben auf der Tagesordnung des Rats. Ein Punkt betraf den Vorschlag der Europäischen Kommission zum CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM). Der CO2-Ausstoß bei der Produktion von Gütern wird schon seit längerer Zeit über das europäische Emissionshandelssystem (ETS) mit Hilfe von Emissionszertifikaten bepreist. Im Zuge der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft sollen die Zertifikate im Handelssystem über die kommenden Jahre schrittweise verteuert werden. Dadurch droht aber eine Verlagerung der CO2-intensiven Produktion in Drittstaaten, wo es keine solchen Regelungen zur CO2-Bepreisung gibt. Ziel des Grenzausgleichsystems ist es, importierte Güter nun ebenfalls mit einem CO2-Preis zu belegen und so der europäischen Produktion anzugleichen. Zu dem Vorhaben, das auch einen Teil der „Fit-for-55“-Strategie der Europäischen Kommission darstellt, konnte der Rat in seiner Sitzung am Dienstag bereits eine allgemeine Ausrichtung beschließen. Einige Fragen bleiben jedoch noch offen: Zum Beispiel wie die CO2-Bepreisung für europäische Exportgüter gestaltet werden soll, damit diese auf dem Weltmarkt keinen Wettbewerbsnachteil erleiden. Diese Problematik, die auch für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen darstellt, soll aber im ETS-Dossier geregelt werden. Bis alle diese Fragen geklärt sind, soll auch die Ausgestaltung des CBAM-Systems nicht abgeschlossen werden.

Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung stellte die globale Mindestbesteuerung von Unternehmen dar. Im vergangenen Jahr schloss die OECD eine Vereinbarung ab, wonach große Unternehmen global mit mindestens 15% besteuert werden sollen. Um diesen Vorschlag nun in der Europäischen Union umzusetzen, legte die Kommission ihren Richtlinienentwurf vor, der sich eng an der OECD-Vereinbarung orientiert. Eine Einigung im Rat scheiterte an den Vorbehalten einiger weniger Mitgliedsstaaten. Im April soll das Thema deshalb erneut auf die Agenda gesetzt werden.

Auch bei der Weiterentwicklung der Bankenunion, ein wichtiges Anliegen des derzeitigen Eurogruppen-Präsidenten Paschal Donohoe, konnte noch keine Einigung erzielt werden. Es sei zwar ein großer Wille bei den Mitgliedsstaaten vorhanden die Bankenunion voranzutreiben, doch bekannte Konfliktlinien bestünden weiterhin. Zunächst soll nun ein neuer zweistufiger Arbeitsplan, vorgelegt durch den französischen Ratsvorsitz, eine neue Dynamik in die Gespräche bringen.

Der Rat für Wirtschaft und Finanzen hat sich also für die kommenden Sitzungen viel vorgenommen, doch die Vorhaben bleiben überschattet von dem Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen wirtschaftlichen Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten.

Das nächste EBD De-Briefing ECOFIN und Euro-Gruppe findet am 25.05.2022 statt.