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  • 27.09.2011 - 15:11 GMT

IDW: Irrweg ohne Beispiel

Das IDW nimmt die über die Medien bekannt gewordenen internen Vorschläge des EU-Kommissars Barnier zur Fortentwicklung der Abschlussprüfung mit großem Unverständnis zur Kenntnis.

„Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Vorschläge die vor wenigen Tagen gefassten Beschlüsse des Europäischen Parlaments und die Konsultationsergebnisse, insbesondere die Meinungsäußerungen bedeutender europäischer Regierungen und der Wirtschaft, schlichtweg ignorieren“, erklärt Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des IDW. „Es geht dem Kommissar augenscheinlich nicht mehr darum, die Abschlussprüfung auf der Grundlage der Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise qualitativ weiterzuentwickeln, sondern den Prüfungsmarkt nach seinen Vorstellungen und auf Kosten der prüfungspflichtigen Unternehmen umzugestalten. Es ist meines Wissens ohne Beispiel, dass ein EU-Kommissar solche Maßnahmen vorschlägt, ohne dass zuvor festgestellt worden ist, dass der Prüfermarkt nicht funktioniert.“
Das beabsichtigte Regulierungspaket lässt durch die Kombination von externer und interner Rotation sowie ein weitreichendes Verbot der Beratungstätigkeit, die sogar in einer Aufspaltung von Prüfungsgesellschaften münden kann, jegliche Verhältnismäßigkeit vermissen. Auch der verpflichtende Joint Audit wird vorgeschrieben, ohne die im Grünbuch vorgeschlagenen Möglichkeiten der Bildung von Prüferkonsortien weiter zu prüfen.
Die Vorschläge greifen ohne ausreichende Rechtfertigung nachhaltig in die Autonomie der Gesellschafter der geprüften Unternehmen ein und verstoßen gegen gesellschaftsrechtliche Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Gleiches gilt für die beabsichtigte Zerschlagung großer Prüfungsgesellschaften. Die Vorschläge bieten dagegen nur wenige Lösungen für das Ziel an, die Prüfungsqualität weiter zu verbessern.
Letztlich treffen die vorgesehenen Regelungen in ihren Wirkungen nicht nur den gesamten Berufsstand, sondern vor allem die beteiligten Unternehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht nur den Kreis der börsennotierten Großunternehmen erfassen, sondern bis weit in den Mittelstand hineinwirken. “Insgesamt entsteht der Eindruck einer sachlich nicht gerechtfertigten, extrem bürokratischen Überregulierung", resümiert Naumann.
Das IDW fordert den EU-Kommissar Barnier daher dringend auf, die Vorschläge auf ihre Wirkung auf die Prüfungsqualität zu überprüfen. Gute Ansätze aus dem Grünbuch sowie Hinweise aus dem Europäischen Parlament und dem Konsultationsprozess können dafür als Anregung dienen. Dies gilt z.B. für die Verstärkung der Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat, für eine vom Berufsstand völlig unabhängige sachverständige Berufsaufsicht oder auch die einheitliche Anwendung weltweiter Prüfungsstandards.