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  • 27.11.2012 - 15:43 GMT

IEP-Mittagsgespräch mit Michael Georg Link MdB, Staatsminister im Auswärtigen Amt am 24.10.12 in der Vertretung des Saarlandes beim Bund: „Die Zukunft der Europäischen Union“

Amelie Ackermann: In seinem Vortrag zur „Zukunft der Europäischen Union“ skizzierte Staatsminister Link mittel- und langfristig anstehende Reformen für die Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses.

Eine inhaltliche Debatte über die Zukunft der EU müsse die Ziele und Interessen aller 27 Mitgliedstaaten umfassen, um zufriedenstellende Lösungen finden zu können. Dies bedeute, nach Möglichkeit Großbritannien mit einzubeziehen – notfalls müssten Opt-outs akzeptiert werden (nicht Stepping-outs). Die Vorschläge der aus elf europäischen Außenministern bestehenden „Zukunftsgruppe“, die ihren Abschlussbericht im September 2012 veröffentlicht hatten, seien ein wesentlicher Anstoß für die Reformdiskussion.

Die Debatte dürfe jedoch nicht nur auf EU-Gipfeltreffen geführt werden, sondern müsse auch in der Öffentlichkeit stattfinden. Ein Konvent sei hierfür eine geeignete und denkbare Plattform, die im EU-Primärrecht vorgesehen sei.
Das europäische System müsse vereinfacht und effizienter sowie demokratischer gestaltet werden. Es gehe um eine Stärkung des Europäischen Parlaments, vor allem die Schaffung eines Initiativrechts für das EP, die Direktwahl des Kommissionspräsidenten und die zukünftige Rolle des Ministerrats als zweiter Kammer des europäischen Parlamentssystems. Durch diese Reformen würde auch das Prinzip der checks and balances an Bedeutung gewinnen. Die Erweiterung der EU solle entsprechend den individuellen Fortschritten der Beitrittsländer fortgesetzt werden, jedoch auch in Abhängigkeit von den Reformen in der EU. Die Beitrittsverhandlungen müssten sich aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit auf die schwierigsten Themen zuerst konzentrieren. Versprechen für einen Beitritt oder gar die Nennung eines Termins dafür könne es nicht mehr geben.

Hinsichtlich der globalen Rolle der EU als gemeinschaftlicher Akteur führte Staatsminister Link das Beispiel der WTO auf, in der sich die EU, vertreten durch die Europäische Kommission, als ein eigenständiges Mitglied erfolgreich für die gemeinsamen Interessen aller Mitgliedstaaten einsetze. Eine ähnlich starke Position sei im Bereich der Vereinten Nationen wünschenswert, jedoch bleibe die EU in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hinter ihren Möglichkeiten zurück. Hierfür habe die Zukunftsgruppe der Außenminister eine ganze Reihe von Reformvorschlägen gemacht, die z.B. auf eine Stärkung der Hohen Repräsentantin und die Anwendung von Mehrheitsentscheidungen in der GASP zielten.

Abschließend plädierte Staatsminister Link dafür, zunächst die Reformmöglichkeiten innerhalb des Lissabon-Vertrags auszuschöpfen. Dies bedeute jedoch nicht, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, sondern auch die längerfristig notwendigen Reformen, die eine Vertragsänderung implizierten, anzugehen.