Internationaler Bund | Joachim Gauck erhält Carlo Schmid Preis
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck ist am Wochenende in Mannheim mit dem Carlo-Schmid-Preis ausgezeichnet worden.
Carlo Schmid ist für den Internationalen Bund und auch für die EBD von großer Bedeutung, weil er maßgeblich an der Gründung dieser Organisationen beteiligt war. So konnte der IB am 11. Januar 1949 in Tübingen auf seine Initiative hin seine Gründungsversammlung durchführen. Vier Monate danach am 13. Juni 1949 hielt er bei der konstituierenden Versammlung des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung seine visionäre Europarede. Als einer der Väter des Grundgesetzes sprach er sich unmissverständlich für die Idee der Schaffung einer europäischen Organisation aus. Dies war damals eine Vision, fast eine Utopie. Heute sind 28 Staaten in der Europäischen Union vereinigt. Diese Union wiederum ist ohne historisches Vorbild, was die Entwicklung in Freiheit für Frieden und Wohlstand angeht.
Gauck wurde im Mannheimer Schloss unter anderem deshalb mit dem Preis der Carlo-Schmid-Stiftung geehrt, weil er in der Tradition dieser Europarede steht. Er ist ein Brückenbauer zwischen Ost und West in Deutschland und Europa, begründete die Stiftung die Preisverleihung. Überreicht wurde der Preis vom Vorsitzenden der Stiftung, Siegmar Mosdorf. Die Laudatio hielt der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin.
In seiner Dankesrede bezeichnete es Gauck als eine „bedrückende Entwicklung“, dass populistische und nationalistische Parteien in europäische Parlamente gewählt worden seien. „Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaat sind in ihrem Bestand nie ein für alle Mal gesichert und bauen sich mitnichten automatisch weiter aus“, warnte der frühere Bundespräsident.
Als Ursachen hierfür machte er einerseits den Einflussverlust von vermittelnden Organisationen wie Parteien, Gewerkschaften, Berufsverbänden und Vereinen sowie den Einflussgewinn der sozialen Medien aus. Er hob jedoch andererseits mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten hervor, dass die Themen der urbanen, demokratischen Eliten – etwa Ökologie, Klimawandel, der Schutz sexueller Minderheiten – für viele Wähler offenbar bedrohlich gewesen seien. Zwei Drittel der weißen Arbeiter und vier Fünftel der weißen Evangelikalen, erinnerte Gauck, hätten für Präsident Trump gestimmt.
Auf solche Entwicklungen müsse man mit mehr und zugleich weniger Toleranz reagieren: Gleichzeitig müsste klar sein, dass die Grundwerte des demokratischen und liberalen Rechtsstaats nicht zur Debatte stünden. „Und zwar für niemanden“, so Gauck.
Gauck sei ein Glücksfall für die Bundesrepublik gewesen, so Nida-Rümelin in seiner Laudatio, weil er als Bundespräsident wieder einen „existenziellen Ton in die politischen Debatten“ gebracht und diesen mit einem Schuss Pragmatismus verbunden habe.
Der Carlo-Schmid-Preis wird von der gleichnamigen Stiftung in unregelmäßigen Abständen vergeben: 2014 war der frühere französische Premierminister Jean-Marc Ayrault ausgezeichnet worden, 2008 der langjährige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher.