Ist der EU-Haushalt beschlossen? Nur das EU-Parlament könnte jetzt noch einen Strich durch die Rechnung machen: EBD De-Briefing zu den Ergebnissen des Europäischen Rats
“Es hat schon fast Tradition, die Entscheidungen auf den zweiten Gipfel zu verlegen.“ Der erste von vier während der irischen Ratspräsidentschaft geplanten EU-Gipfeln drehte sich vor allem um Fragen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU. Ein Resümee über das Zusammentreffen gaben Michael Clauß vom Auswärtigen Amt und Claudia Dörr-Voß vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vor ca. 110 Interessenvertretern.
Das Budget beläuft sich auf 960 Milliarden Euro – drei Prozent weniger als in den sieben Jahren zuvor, legte Clauß aus Sicht des Auswärtigen Amtes dar. Mit dieser Einigung wird es Einsparungen quer durch alle Töpfe der EU geben. Dies kommt den Wünschen der Staaten entgegen, die mehr Geld nach Brüssel zahlen, als sie von dort zurückerhalten. Die sogenannten Nettozahler, darunter Großbritannien und Deutschland, hatten im Vorfeld auf weitere Milliardenkürzungen gepocht. Die größten Ausgabenblöcke des Budgets über diese sieben Jahre sind traditionell für die Landwirtschaft (373 Milliarden Euro) und die Förderung von Wachstum und armen Regionen (450,4 Milliarden) reserviert. Für eine neue Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit werden außerdem 6 Milliarden Euro bereitgestellt. Der Beschluss der Staatenlenker sieht daher die Möglichkeit vor, die Mittel flexibler als bisher zwischen einzelnen Jahresetats zu verschieben.
Claudia Dörr-Voß, Leiterin der Abteilung Europa im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), bemerkte, dass die ebenfalls auf der Agenda stehenden Handelsfragen angesichts des Haushaltsthemas eine geringe Rolle spielte. Während im Europäischen Rat die EU-Mitgliedsländer über die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada diskutieren, hielt sich der EU-Handelskommissar Karel De Gucht selbst in Kanada auf, um das Thema zu behandeln. Dabei wurde auch deutlich, dass die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA eine große Bedeutung für die EU haben.
Die Kommission hätte sich ein anderes Budget gewünscht, aber die Ergebnisse seien zu erwarten gewesen, hob Marie-Therese Duffy-Häusler in ihrem Erstkommentar hervor. Der EU-Haushalt sei nicht perfekt, aber er enthalte doch mindestens fünf aus der Sicht der Europäischen Kommission wichtige Förderungspunkte: So beispielsweise das Projekt Connecting Europe; die Entwicklung, Forschung und Fortführung des Erasmus Programms; die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit; die EU-Kohäsionsfonds im Bereich der Agrarpolitik und die Solidarität bezüglich der Co- und Refinanzierung. Die Kommission ist der Meinung, dass diese Entscheidung eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament bilde.
In der anschließenden Diskussionsrunde ging es hauptsächlich um den Haushalt für Forschung, Bildung und Kultur sowie für Außenpolitik. Ein weiterhin diskutiertes Thema war der Fakt, dass jetzt alle Mitgliedsstaaten außer Italien mehr zahlen würden. Unklar bleib vor allem wie stark die Personal- und Übersetzungskosten in den nächsten Jahren reduziert würden.
Allgemein wird damit gerechnet, dass die bevorstehenden Verhandlungen zwischen Rat und Europäischen Parlament mindestens sechs Monate dauern werden. Es gäbe genug Spielräume, um dem EP entgegen zu kommen. Die irische Ratspräsidentschaft und der Ausschuss der Ständigen Vertreter werden auf Regierungsseite die Hauptrolle spielen. Die aus dem Parlament angesprochene Vertragswidrigkeit der Differenz der Ausgaben und Einnahmen wurde als unproblematisch bezeichnet. Der juristische Dienst der Kommission habe das ausreichend geprüft.
Nach der Begrüßung und einleitenden Worten durch Frau Dr. Christine Pütz, Referentin Europäische Union der EBD-Mitgliedsorganisation, Heinrich-Böll-Stiftung e.V., führte Bernd Hüttemann, Generalsekretär des Netzwerk EBD durch die Veranstaltung.